Die meisten treffen über eine Dating-App nur jemanden für eine Nacht. Nicole aber lernte Marco kennen - und wird mit ihm jetzt auswandern
Klingt vielleicht kitschig, aber ich dachte sofort: Das mit uns passt. Es war im Januar, die Flirt-App Tender hatte Marco aus Stuttgart und mich, eine Berlinerin 'gemach', und wir waren das erste Mal gemeinsam aus. Standen vor einem Club, alberten herum und flunkerten den anderen in der Schlange vor, dass wir schon seit Jahren zusammen die Welt bereisen würden. Nie hätte ich aber gedacht, dass unser Quatsch bald Realität sein würde - wir kannten uns ja erst wenige Stunden! Doch jetzt, nur ein paar Monate später, habe ich meine Wohnung untervermietet, meine Katze in Pflege gegeben und mit Marco ein Flugticket gebucht: One Way nach Asien. Was ich nämlich nicht ahnte, als wir uns kennenlernten: Er war auf dem Sprung. Hatte seinen Job gekündigt, um zu reisen. Etwas, worauf er zehn Jahre gespart hatte. Rückkehr: ungewiss. Erst war ich geschockt, dann traurig. War's das schon mit uns?! Marco aber fragte: 'Warum kommst du nicht mit?' In dem Moment stimmte einfach alles. Und ich wusste: Ja, ich will das auch. Ich hatte mich bisher nur nicht getraut.
Zwei Monate später beschlossen wir, nach Portugal zu fliegen - zu dem Zeitpunkt hatten wir uns erst vier Mal besucht. Um ein paar Tage zu surfen, aber vor allem, um uns auszutesten. Meint er es wirklich ernst? Auch das wollte ich in der Ferne herausfinden. Vor Ort stornierten wir spontan alle Unterkünfte, mieteten lieber einen Van. Wir fuhren ins Blaue und hielten nur, wo es uns gefiel. Es war eine unbeschwerte Zeit, die mir zeigte, was ich beim ersten Date gefühlt hatte: Wir sind das perfekte Team. Und wir wollen mehr. Bereits am Tag der Abreise saßen wir in einem Park in Porto und suchten im Netz nach Flügen. Ziel: Asien. Auswandern! Als ich das meiner Familie verkündete, fragte meine Mutter zwar zunächst, ob ich vielleicht verrückt sei. Aber als sie mir kurz danach via WhatsApp eine Medikamenten-Liste für Weltreisen schickte, war klar: Sie spürt, dass es keine Schnapsidee von mir ist. Wenn wir in ein paar Tagen in den Bus Richtung Prag steigen, von wo aus es über Dubai und Sri Lanka nach Bali geht, fließen garantiert trotzdem Tränen. Womöglich nicht zu erleben wie meine Schwester heiratet und mein vierjähriger Bruder größer wird, bricht mir jetzt schon das Herz. Aber ich freue mich darauf, auf Bali zu surfen, als Fotografin zu arbeiten, vielleicht ein Kinderbuch für meinen Bruder zu schreiben. Oder Menschen wie uns zu treffen, digitale Nomaden, die ein freies, unabhängiges Leben führen. Die Welt zu entdecken und dabei auch an meine Grenzen zu kommen. Und all das mit Marco zu erleben, ohne den ich diesen Schritt nie gewagt hätte. Ob das mit uns beiden klappen wird? Da bin ich mir sicher - seit der ersten Sekunde.
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