EuropaSo nah und doch so unbekannt: Eine Winterreise entlang der Ostsee durchs Baltikum

Altstadt von Danzig an der zugefrorenen Motlawa - (Foto: ©Mustang_79/istock.com)
Altstadt von Danzig an der zugefrorenen Motlawa - (Foto: ©Mustang_79/istock.com)

Nichts für Frostbeulen und Zähneklapperer - der Winter an der Ostsee ist weiß, kalt und frostig. Aber auch von unglaublicher Schönheit. Wir zeigen, warum.

Wem Schnee und Eis nichts ausmachen, der wird verzaubert sein von den kleinen, weiß verzuckerten Städten entlang der Ostseeküste und im Baltikum. In der eisig klaren Winterluft entfalten sie einen besonderen Reiz. An nebeligen Tagen ebenso. Das Baltikum ist wild und romantisch - nicht nur im Sommer. Tief zugefrorene Seen laden zum Schlittschuhlaufen ein. Die mit schneebedeckten Eisschollen klirrende Ostsee beeindruckt mit Fernsicht, soweit das Auge reicht. Gefrorene Wasserfälle, spiegelblanke Flüsse, Schlösser und Kathedralen wie vom Zuckerbäcker fabriziert. Dazu paradiesische Rodelstrecken und Langlaufloipen. Und mit etwas Glück sind auch schweifende Nordlichter am winterlichen Nachthimmel zu sehen.

Wir zeigen dir sieben Orte, an denen der Winter an der Ostsee und im Baltikum seinen besonderen Zauber entfaltet.

Die Ostseeperle: Danzig in Polen

Startpunkt der Ostsee-Winterreise ist Danzig, die Stadt des Bernsteins. Da Danzig direkt an der Ostsee liegt, lockt auch im Winter der Strand. Während der Wind um Nase und Ohren pfeift, schmeckt die See salzig. Die Weite in allen Nuancen von Frostweiß ist kolossal, garniert mit bizarren Eisschollen und Schneeverwehungen. Die bunte Altstadt Danzigs verzaubert auch im Winter mit ihren 13 Stadttoren und einer Vielzahl historischer Gebäude. Die zugefrorene Motława spiegelt sie reizvoll wieder. Auch ein Besuch im nahegelegenen Marienburg lohnt. Der Ort mit der größten Festungsanlage Europas, der Burg Malbork, war vor langer Zeit die Hauptstadt der Kreuzritter.

Die Eingeklemmte: Russlands Exklave Kaliningrad

Seit der Unabhängigkeit der baltischen Staaten ist Oblast Kaliningrad mit der gleichnamigen Hauptstadt, dem ehemaligen Königsberg, eine russische Exklave. Sie liegt wie eingeklemmt zwischen Polen und Litauen. Königsberg wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört und eingeebnet. Der wieder aufgebaute Dom auf der Kneiphof-Insel ist das bedeutendste historische Bauwerk. Eindrucksvoll ist die Kurische Nehrung. Sie geht von Kaliningrad in Litauen über. Das zugefrorene Haff bietet einen scheinbar endlosen Ausblick in allen Schattierungen von Weiß. Touristen wird man kaum antreffen. Hier ist im Winter ein wahrer Lonely Planet. Ein bisschen Spaß darf trotzdem sein: Wie wäre es mit Eissegeln auf dem zugefrorenen Haff?

Die Fröhlichen: Vilnius und Trakai in Litauen

Herausgeputzt und trotzdem ursprünglich: Die kleine Hauptstadt Litauens ist ein echter Geheimtipp im Baltikum. 50 prachtvolle und größtenteils renovierte Kirchen verschiedenster Baustile prägen die Silhouette der Stadt. Nur etwa 30 Kilometer von Vilnius entfernt liegt das historische Städtchen Trakai. Inmitten einer Seelandschaft thront malerisch ein Wasserschloss aus dem Spätmittelalter. Ist Vilnius schon beschaulich - Trakai ist ein Winterwunderland purer Entschleunigung. Der verschneite See lädt zum Schlittschuhlaufen ein. Durch den Trakai Nationalpark gehts bequem und sportlich mit dem Tretschlitten. Wie dabei die Hände schön warm bleiben? Mit einem paar der fröhlich bunt gestrickten Handschuhe mit traditionellen Mustern.

Die Schneekönigin: Riga in Lettland

Riga, die größte der drei baltischen Hauptstädte, gilt als Schneekönigin. Nördlicher als Moskau gelegen und weit im Osten - hier gilt: kalt, kälter, am kältesten. Passend bekleidet, läßt es sich damit gut arrangieren. Nicht nur die extravagante Jugendstilarchitektur der Stadt fällt ins Auge. Genau wie die nördlichen Bewohner selbst, scheint Riga von außen kühl und im Inneren brodelt eine spannende Chemie aus angesagten Bars, moderner Kunstszene und experimenteller Küche. Nur 20 Minuten von Riga entfernt liegt das Seebad Jurmala an der zugefrorenen See. Warm verpackt, lassen sich stundenlang die verrücktesten Eisformationen der beinhart gefrorenen Brandungswellen bestaunen.

Die Wintersportlichen: Tallinn und Otepää in Estland

Kaum jemand weiß, dass Tallinn eine der besterhaltenen Altstädte Europas besitzt. Sie präsentiert sich in einer Mischung aus Mittelalter-Romantik, Moderne und Überresten aus 50 Jahren Sowjetunion. Die Alexander-Newski-Kathedrale auf dem Domberg erinnert an die unliebsame russische Periode. Eindrucksvoll ist sie dennoch. Die mittelalterliche Stadt hat viele reizvolle Ecken. Das Wintersportzentrum Otepää lockt mit zahlreichen Langlaufloipen. Für die ganz Unerschrockenen gehört Eisschwimmen zu den beliebten Wintersportarten. 30 Kilometer von Tallinn beeindruckt der acht Meter hohe Jägala Wasserfall. Trotz reißender Wassermassen friert er im Winter fast komplett zu. Außerdem ein Muss: Der Besuch einer traditionellen Rauchsauna.

Das Wintermärchen: St. Petersburg in Russland

Wenn schon eine Winterreise entlang der Ostseeküste, dann natürlich auch in das Venedig des Nordens. St. Petersburg ist ein russisches Wintermärchen. Die weißen Nächte erlebt man zwar im Sommer, im Winter dafür weiße Pracht und bedeutend weniger Touristen. Von ihrer einst glanzvollen zaristischen Geschichte erzählen in der nördlichsten Millionenmetropole der Welt noch immer imposante Bauwerke. Die unzähligen Museen, Paläste und Kirchen sind im Winter deutlich weniger besucht. Der eindrucksvolle Winterpalast des Zaren beherbergt die Eremitage, eine der bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Die zugefrorenen schneeweißen Kanäle und Flüsse laden überall zum Schlittschuhlaufen ein.

Die Sauna-Spezialistin: Helsinki in Finnland

Helsinki ist die wahrscheinlich einzige Hauptstadt der Welt, in deren Stadtzentrum Langläufer unterwegs sind. Neben gespurten Loipen gibt es sogar Zentren für Abfahrtsski in der Stadt. Im Icepark drehen fröhliche Helsinkier lang schweifende Schlittschuh-Runden und flinke Pirouetten auf dem Eis. Selbst die Ostsee lädt zum Langlaufen ein - und zum Eisangeln. Ein aktiver Winterwandertag entlang der Küste wird idealerweise mit einem Besuch in der finnischen Sauna beendet. Auch der Botanische Garten Kaisaniemi mit seinen beleuchteten Gewächshäusern ist ein magisches Ausflugsziel in der Winterzeit. Von Helsinki aus starten Touren Richtung Lappland. Im Winter ein absolutes Highlight: Polarlichter beobachten.

Mehr zu Estland, Lettland und Litauen

Was es alles im Osten der Ostsee zu sehen und erleben gibt, verrät der Lonely Planet Reiseführer.

Schau ihn dir doch hier einmal an.

Text: Ines Wagner

nach oben