Endlos weites Buschland erkunden, wilde Tiere beobachten, die Kultur der Xhosa und Zulu erleben: Zwischen Kapstadt und Pretoria präsentiert sich die Regenbogennation so bunt, wie es ihr Name vermuten lässt.
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Vor dem Bahnhof von Kapstadt herrscht Trubel. Die Straßen sind vollgestopft mit Taxis und Händlern, die ihre Waren laut stark anpreisen. Hektische Pendler und gestresste Reisende bahnen sich ihren Weg durch das Gemenge.
Ein paar Meter weiter spannt sich ein blaues Seil quer über einen Bahnsteig. Dahinter wird der Lärm immer leiser, bald ist er kaum noch zu hören. Auf dem Gleis sind 336 Meter azurblaues Metall zu Hause – der „Blue Train“. Seit seiner Einführung im Jahr 1923 gilt er als einer der luxuriösesten Züge der Welt. Mit einem gewöhnlichen Schlafwagen haben die geräumigen Abteile kaum etwas gemeinsam. Statt sich unter yogischen Verrenkungen ins Hochbett zu schwingen, verwandelt hier ein Butler das Wandbett in Sekundenschnelle in ein bequemes Schlafgemach. Die opulenten Brokatstoffe, die dunkle Holzverkleidung und die Chippendale-Sessel erinnern an die Zeit Agatha Christies. Das Highlight des Zuges ist ein riesiges, gold gerahmtes Aussichtsfenster, vor dem die Landschaft wie in einem endlosen Film über die Schönheit Südafrikas vorüberzieht.
Der Zug ruckelt los und der Tafelberg wird immer kleiner. Statt schmuddeliger Vororte erscheinen jetzt Seen mit Flamingos, Weinberge und Obstplantagen vor dem Fenster – für Frits van Helden nichts Neues. „Es sind gut 1600 Kilometer bis Pretoria. Ich kenne jeden einzelnen davon wie einen guten alten Freund“, sagt der 56-Jährige und blickt auf die schneebedeckten Felsen des Hex River Valley. Als Butler schwebt er seit gut 40 Jahren über die mit Teppich ausgelegten Korridore des Zuges. Im Speisewagen wird derweil das Mittagessen serviert, stilecht auf dem Leinentischtuch, mit Silberbesteck und Gläsern aus Kristall. Es gibt Lamm mit Petersilienkruste und jeder Menge Beilagen. Zwischen Dessertwein und Käseplatte wird der Zug immer wieder von Tunneln verschluckt. Als er aus dem letzten herausrollt, ist die Landschaft vor dem Fenster kupferrot: Die Karoo, ein trockenes Buschland, bedeckt etwa ein Drittel der Republik Südafrika.
Auch Takunda Mposhi hat sich bereits an die spektakulären Ausblicke gewöhnt. Seit drei Monaten ist er an Bord und mit seinen 24 Jahren der jüngste Mitarbeiter im Zug. „Unser Team ist bunt gemischt, hier arbeiten Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Hautfarben“, erzählt Takunda. „Wir verstehen uns super. Wenn wir zurück in Kapstadt sind, gehen wir alle gemeinsam an den Strand.“
Lazarus Mkhonto parkt seinen Jeep in einem ausgetrockneten Flussbett. Um ihn herum eine Kulisse wie aus dem Dschungelbuch: Eine Giraffe knabbert genüsslich am Baum, weiter entfernt trottet eine Elefantenfamilie durchs Bild und zwei Nashörner baden ihre massigen Körper im Schlamm. Die Szene würde jeden Safari-Fan in helle Aufregung versetzen.
Doch für die Schwergewichte hat Ranger Mkhonto gerade keine Augen. Sein Blick folgt einem Pulk von Impalas, die in der Nähe grasen. „Hier im Krüger- Nationalpark haben wir mehr als eine Million dieser Schwarzfersenantilopen“, sagt er. Platz genug haben die grazilen Tiere, denn das Buschland, in dem sie leben, ist etwa so groß wie Belgien. Den Park teilen sie sich mit etwa 800 verschiedenen Reptilien-, Vogel- und Säugetierarten. „Die meisten Besucher nehmen die Antilopen gar nicht wahr. Die Leute wollen Elefanten und Löwen sehen, keiner kommt wegen der Impalas. Vielleicht bin ich deshalb ein so großer Fan.“ Leidenschaft, betont Mkhonto, mache einen guten Ranger aus. „Hier werden Leute mit Universitätsabschlüssen eingestellt“, sagt er und zieht sich seinen Buschhut ein Stück tiefer ins Gesicht. „Aber wer sich nicht in die Landschaft und die Tiere verliebt, der bleibt nicht lange.“
Mkhonto wuchs in der Nähe des Parks auf. Seit seinem 15. Lebensjahr arbeitet er als Spurensucher und Fährtenleser. „Die Natur überrascht mich jeden Tag aufs Neue“, sagt er und deutet auf eine schlammige Wasserstelle, so groß wie ein aufblasbarer Swimmingpool: „Heute morgen habe ich dieses ungewöhnliche Paar entdeckt.“ Wie gerufen strecken ein Krokodil und ein Nilpferd die Köpfe aus der Kuhle.
Mit rund 20.000 Quadratkilometern Fläche ist der Krüger-Nationalpark das größte Wildschutzgebiet Südafrikas, seit 1926 zieht er Safari-Fans aus aller Welt in seinen Bann. In manchen Monaten sogar so viele, dass es voll werden kann. Das Bild von wilder Natur wird dann etwas getrübt von Tourbussen und knipsenden Kameras. Ruhiger geht es auf der „Jock Safari Lodge“ zu, wo Mkhonto arbeitet. Sie ist das älteste private Camp im Park und umgeben von etwa 6000 Hektar Land. „Die Leute kommen wegen der wilden Tiere, dabei ist das hier die wahre Wildnis“, sagt Mkhonto und zeigt auf das nebelverhangene Flussbett, die üppig grünen Bäume, in denen die Vögel gegen den Sonnenuntergang anschreien, und leuchtend orangefarbene Felsbrocken. „Und es ist mein Büro“, ergänzt er lächelnd.
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Text: Tim Moore, deutsche Bearbeitung: Alina Halbe, Titelbild: Michael Heffernan
Den vollständigen Artikel mit Infos zu spannenden Wanderrouten, der schroffen Küste und den Ureinwohnern Südafrikas finden Sie in der Dezember-Ausgabe des Lonely Planet Traveller.
Hinkommen
Ab Frankfurt a. M. und Zürich fliegt South African Airways (flysaa.com) nach Johannesburg und weiter nach Kapstadt. Von Wien geht es mit Emirates (emirates.com) via Dubai nach Kapstadt oder Johannesburg. Ab Frankfurt a. M. fliegt Lufthansa (lufthansa.com) nonstop nach Johannesburg und Condor (condor.com) nonstop nach Kapstadt.
Herumkommen
Innerhalb des Landes fliegen South African Airways (flysaa.com) sowie die Billig-Airlines Mango (flymango.com) und Kulula (kulula.com) in die Großstädte. Leihwagen ab ca. 30 € pro Tag (europcar.co.za).
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Südafrika, Lesotho & Swasiland (Lonely Planet, 24,99 €), suedafrika.net und southafrica.net.
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