Montag: Seele baumeln lassen am goldfarbenen Strand. Dienstag ein Spaziergang durch den Dschungel. Am Mittwoch eine Bootstour zu geheimnisvollen Höhlen … Eine Reise zu den schönsten und interessantesten Inseln in der Andamanensee. Hallo, Aussteigerfeeling!
Der Reiseplan: In Phuket startet der Trip durch die Andamanensee, führt dann aufs verträumte Ko Yao Noi. Weiter geht’s nach Phang Nga mit seinen geheimnisvollen Höhlen-Labyrinthen. Nach einem Abstecher zu den Surin-Inseln warten Traumstrände und die Geheimnisse der Thai-Küche auf Ko Lanta. Das alles auf 660 Kilometern
Fähre des Tages am Pier von Ko Yao Noi (kleine lange Insel) an. An Land wuselt es vor Menschen – so, als wäre die halbe Insel zur Begrüßung aufgekreuzt. Muskelbepackte Männer laden stapelweise Kisten vom Schiff in die wartenden Trucks. Heimkehrer werden von ihren Familien empfangen und klettern in die knatternden Tuk-Tuks. Die stehen aufgereiht wie Hühner am Kai. Touristen? Gibt es hier kaum. Und außer ein paar Hütten auch keine großen Gebäude. Auf der nur zwölf Kilometer langen und sechs Kilometer breiten Insel leben rund 4000 – überwiegend muslimische – Bewohner. Anders als andere thailändische Inseln ist Ko Yao Noi von Urlaubern noch relativ unentdeckt geblieben, ganz im Sinne der Einheimischen. „Wir sehen ja, wie die anderen Inseln sich verändert haben“, erzählt Su Potpradit, die auf Ko Yao Noi für nachhaltigen Tourismus verantwortlich ist. „Wir wollen an dem festhalten, was unsere Heimat besonders macht: die Kultur, die Geschichte und unsere einfache Art zu leben. So wie Ko Yao Noi noch heute ist, waren alle Inseln Thailands früher.“ Su Potpradit lacht fröhlich. „Wir sind hier eine große Familie“, sagt sie, „jeder kennt jeden und alle passen aufeinander auf.“ Dass die Gemeinschaft so gut funktioniert, verdankt sie ihrer demokratischen Struktur: Auf Ko Yao Noi regiert eine Gruppe von Dorfbürgermeistern, den Phu Yai Ban. Die treffen alle wichtigen Entscheidungen gleichberechtigt und gemeinsam. Zwar hat sich auch Ko Yao Noi dem Tourismus geöffnet, doch die meisten Resorts liegen im Südosten – man kann dem Trubel also entgehen. Viele Unterkünfte sind Homestays: Hier bekommt man Familienanschluss gratis. Die wenigen Urlauber, die hierher finden, vergnügen sich tagsüber an den von Klippen und Palmen gesäumten einsamen Stränden der Ostküste. Ein Großteil der Insel wird von saftig grünem Wald überwuchert. Wasserbüffel und wilde Hühner streifen zwischen Palmen und Banyanbäumen umher. Su Potpradit verabschiedet sich. Sie will einkaufen und entschwindet in einer winzigen Marktbude, in der Frauen Sarongs in tropischen Farben färben. Auf der Straße vor der Hütte knattern Mopeds vorbei, Kinder winken von Pick-up-Lastern herab und auf den Feldern jenseits des Dorfes fallen abendliche Schatten auf Reispflanzen und Kautschukbäume. Ja, das Leben auf Ko Yao Noi ist ein langer, schöner Fluss.
Die Sonne erhebt sich rosarot über der Bucht von Phang Nga. Als das Longtail-Boot über die Wellen hüpft, schießen Seevögel herab und gleiten durch die Gischt, die der Bootsmotor aufgewühlt hat. Vor uns ragt eine Kette spitzer, von Dschungel überzogener Inseln aus dem türkisblauen Ozean. Wir sind im Ao-Phang-Nga-Meeres-Nationalpark, genauer gesagt auf dem Boot von Bao Thinkohyao (zu ihm gleich mehr). Der Park ist mit 400 Quadratkilometern einer der größten in Thailand. Er erstreckt sich zwischen Phuket und Krabi. Vor Tausenden von Jahren war dies offenes Auenland. Nach dem Ende der letzten Eiszeit wurde es überflutet und in ein Gewirr aus bizarren Inseln verwandelt. Die Felsen aus porösem Kalkstein ragen bis zu 350 Meter aus der Andamanensee heraus. Sie sind durchlöchert von Grotten, Tunneln und Höhlen, die weit unter der Meeresoberfläche liegen. Viele Inseln haben von hohen Felswänden eingeschlossene Lagunen, sogenannte Hongs, die meist nur bei Ebbe für wenige Stunden zugänglich sind. Weltberühmt wurde diese atemberaubende Landschaft durch den James-Bond-Hit „Der Mann mit dem goldenen Colt“. Sie erinnern? Bonds Gegenspieler Scaramanga versteckte im Film auf dem steinigen Gipfel von Khao Tapu seinen Super-Laser. Von Phuket aus kann man per Boot Tagesausflüge in die Phan-Nga-Bucht unternehmen. Echte Geheimplätze lassen sich allerdings nur mit einem gemieteten Kajak entdecken – am besten in der Morgen- oder Abenddämmerung, wenn die großen Touristenboote noch nicht oder nicht mehr da sind. Zurück zu Bao Thinkohyao. Eine Bootstour mit ihm ist eine großartige Sache: Der Guide wurde auf Ko Yao Yai geboren und kennt die Bucht wie kaum ein anderer. Wie an einer Schnur gezogen
Es ist früher Morgen. Ein Geruch von Meersalz und Rauch hängt schwer in der Luft. Unter dem dichten Blätterdach des Dschungels entfachen einige Männer ein Holzkohlefeuer für das Dorf. Frauen flechten Körbe, Matten und Armbänder aus Rattan, während die Kinder über den Strand jagen und Purzelbäume in der Brandung schlagen. Der Alltag der Moken. „Willkommen bei uns!“, ruft Salaman, silbergelockt und in Bermudashorts. Sein lebhaftes Auftreten täuscht über sein wahres Alter hinweg. „Es ist eine Ehre, Sie in unserem Dorf zu begrüßen.“ Salaman lächelt breit und führt seine Besucher an Pfahlhütten entlang zum Strand, wo Mini-Holzboote auf den Wellen dümpeln. Das winzige Dorf ist die Heimat einer der letzten Moken-Gemeinschaften Thailands. Man sagt, dass dieses uralte Nomadenvolk, auch Seezigeuner genannt, schon seit mehreren Tausend Jahren an den Küsten Südostasiens unterwegs ist. Die Moken sind traditionelle Jäger und Sammler. Die meiste Zeit des Jahres verbringen sie auf ihren überdachten Booten, den Kabangs, beim Fischen. Ans Land kommen sie nur, um Frischwasser zu holen, dem Monsunregen zu entgehen – oder, wie in Salamans Fall, eine Besuchergruppe zu begrüßen. Wie viele indigene Völker verbindet die Moken ein enges Verhältnis zur Natur. Sie sind hervorragende Schwimmer und in der Lage, mehrere Minuten lang die Luft anzuhalten. Mokenkinder können sogar unter Wasser hervorragend sehen. Die Kleinen gehen schon mit den Alten Fische fangen. Flink und zielsicher gleiten sie zwischen Korallen hindurch und haben einen Riesenspaß dabei. Moken kennen viele Fabeln und Legenden. Die helfen ihnen, sich in der Natur zurechtzufinden. Unterwegs im Dschungel von Ko Surin Tai erklärt Salaman, dass fast jede Pflanze von den Moken genutzt wird: als Nahrung, Medikament, Werkzeug oder Baumaterial. Mit seiner Machete schneidet er ein Blatt vom Pandan-Baum ab: Daraus lassen sich Kordeln flechten, Seile drehen und Dächer für die Hütten bauen. Im Dickicht hinter ihm hört man den Ruf des Nashornvogels. Aufgeschreckt flattern Flughunde in der Dämmerung zwischen den großen Banyan- und Teakholzbäumen umher. Ihre Sagen warnen die Moken auch vor Gefahren. Dank einer Geschichte von einer riesigen Welle, die sich zurückzieht, bevor sie „die Menschen frisst“, erkannten sie im Jahr 2004 rechtzeitig den Tsunami und retteten sich in höhere Gebiete. Viele uralte Traditionen der Seenomaden stehen jedoch im Widerspruch zur modernen Welt. Die meisten Moken haben keine feste Staatsangehörigkeit. Das erschwert ihnen den Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Und mit ihrer Fischerei geraten sie häufig in Konflikt mit dem Umweltschutz. Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Die Moken profitieren vom steigenden Interesse an den Surin-Inseln: Besuchern verkaufen sie ihr Kunsthandwerk, sie erklären ihnen ihre Kultur und begleiten sie zu Schnorchelausflügen. Salaman jedenfalls blickt optimistisch in die Zu- kunft: „Wir sind ein sehr altes Volk und haben uns schon vielen Herausforderungen gestellt“, sagt er. „Wir müssen lernen, ein Teil der modernen Welt zu werden, ohne zu vergessen, wer wir sind.“
Die schönsten Strände der thailändischen Inseln, sagt man, hat Ko Phi Phi. Im Westen der Hauptinsel Ko Phi Phi Don ragen zerklüftete Gipfel und dunkle Klippen in den Horizont. Deutlich sanfter gibt sich die Ostküste: Hier reiht sich eine weiße Bucht an die nächste. Hinter Palmen und Schraubenbäumen verstecken sich hübsche Resorts mit Blick auf Strand und Andamanensee. „Phi Phi ist eine Insel der Überraschungen“, erzählt Sangsit „Top“ Sriwarin. Er wurde im Norden Thailands geboren und arbeitet als Tauchlehrer auf der Insel. „Die Landschaft ist unwahrscheinlich abwechslungsreich. Wir haben Berge, Strände, Höhlen, Klippen und Korallenriffe. Es ist ein wunderschöner Ort“, sagt er lachend. Phi Phis zerklüftetes Aussehen hat tatsächlich etwas Unwirkliches. Besonders das kleinere, unbewohnte Eiland Ko Phi Phi Leh im Süden. Es wirkt unfassbar dramatisch. Umringt von pechschwarzen Klippen und aufgetürmten Felsen liegt hier Thailands wohl berühmtester Strand: Ao Maya. Bis Danny Boyles Verfilmung von Alex Garlands Roman „The Beach“ in die Kinos kam und alle Welt sah, wie Leonardo DiCaprio hier in die Fluten stieg, war dieser Platz ein lässiger Geheimtipp. Heute ist die – als Nationalpark geschützte – Bucht schon bei Sonnenaufgang voll von schnorchelnden Ausflüglern. Auch die beiden sichelförmigen Strände Loh Dalum und Ton Sai in der Mitte von Ko Phi Phi Don sind wieder feste Anlaufstellen der Urlaubermeute. 2004 wurde der schmale Landstreifen zwischen beiden Stränden durch den Tsunami verwüstetet. Heute beleben den Ort neue Hotels und Läden – und die Urlauber kehren wieder zurück. Doch wer Ruhe sucht, wird fündig. Sie liegt nur eine Fahrt übers Wasser entfernt. Mit Longtail-Booten kann man noch stille Ecken erkunden, in die sich die Massen nur selten wagen: die herrliche Pilah- Lagune auf Phi Phi Leh etwa. Oder die weiter nördlich gelegenen Inselchen Ko Mai Phai und Ko Yung, wo es im smaragdgrünen Wasser nur so von Rotfeuerfischen, Leopardenhaien und Meeresschildkröten wimmelt. „Man kann hier förmlich spüren, wie die Sorgen dahinschmelzen“, sagt Top. „Ich war schon auf vielen Inseln, aber zu Hause fühle ich mich nur auf Ko Phi Phi.“ Versonnen blickt er über den geschwungenen Strand von Hat Laem Thong. Einige Fackeln im Sand sorgen für Stimmung, während sich die Abendsonne in die karamellfarbene See ergießt. Bitte schnell kneifen, sonst glaubt man’s nicht.
Wer Thailand verstehen will, muss unsere Küche kennen“, erklärt Bim Kanmanee zu Beginn des Unterrichts. Wir sind in der „Time for Lime Cooking School“ auf Ko Lanta Yai. Es ist früher Abend und eine leichte Brise weht vom Strand Hat Khlong Dao herüber. Nebenan in der schuleigenen Strandbar lassen die Gäste kaltes Bier und Zitronengras- Margaritas durch ihre Kehlen gluckern. Papierlaternen schwingen sanft im Wind. Bim ist voll konzentriert auf ihre Arbeitsfläche. Auf der türmen sich Bird-Eye-Chilis, Galgantknollen, Thai-Basilikum und Kaffir-Limetten. Sie greift nach einem Messer. Mit diesem riesigen Teil hackt die unglaublich zierliche Frau die Zutaten so rasant, dass man ihre Hände kaum noch sieht. Dann vermischt sie alles zu einer groben Paste. Und bald ist die Luft erfüllt von einer herrlichen Melange würziger Aromen. Als alle Schüler probieren, ziehen sich ihre Mundwinkel zu einem glückseligen Lächeln nach oben. Bim kennt diese Reaktion und freut sich. „Das ist der echte Geschmack Thailands“, verkündet sie stolz, „den wird man niemals im Glas kaufen können.“ Recht hat sie, es ist der kulinarische Himmel auf Erden. Vor zehn Jahren gründete Junie Kovacs „Time for Lime“ – die erste Kochschule auf Ko Lanta. Seitdem pilgern Schüler von weither hierhin, um die Geheimnisse der traditionellen Küche des Landes zu entdecken. Reichlich Anschauungsmaterial finden sie vor ihren Nasen: An den Stränden reihen sich Seafood-Bars mit köstlichem Essen wie Perlen aneinander. Und in den Straßen des Hauptdorfs Ban Sala Dan bieten unzählige Läden bergeweise Pad Thai (gebratene Nudeln), Tom-Yum-Suppe (scharf-saure Suppe) und Gaeng Pah (rotes Curry) an. Ko Lanta ist noch ein Tipp für Leute, die Ruhe suchen. Obwohl seit einigen Jahren an der Westküste neue Hotels entstehen, geht es immer noch geruhsam zu. Zwei Höhlenkomplexe im Inselinneren, die Mangroven-Wälder im Südosten und die langen Strände, das sind sie, die Sehenswürdigkeiten der Insel. Hier pflegt man nichts außer intensivem Müßiggang. „Oft ist das, was unsere Schüler für Thaiküche halten, ja gar nicht authentisch“, sagt Bim, die seit fünf Jahren in der Kochschule arbeitet. Essen ist in Thailand quasi Religion und untrennbar mit der Identität des Landes verbunden. Alles wird aus frischen Zutaten hergestellt: Limettensaft für die Säure, Palmzucker für die Süße, Fischsauce für die salzige Note und Chilis für die Schärfe. Essen zieht sich sogar durch die Sprache. „Gin khao reu yung?“, fragt man hier zur Begrüßung. „Hast du schon Reis gegessen?“ „Essen ist ein Teil von Thailands Seele“, fährt Bim fort, während sie in einem verführerisch duftenden, blubbernden grünen Curry rührt. „Es bringt Menschen zusammen und das ist das Wichtigste im Leben.“ Stimmt!
Text: Oliver Berry
Ko Yao Noi
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