Kaum eine Insel ist so vielfältig wie diese Perle der Großen Antillen: Kuba strotzt vor Kultur, Natur und Lebensfreude. Tauchen wir ab in ein einmaliges Tropenparadies!
Wenn Wände sprechen könnten, dann würde El Malecón wohl niemals schweigen. Zu viele Geschichten hat sie erlebt, die Ufermauer, die sich sieben Kilometer entlang der Promenade Havannas schlängelt und die Altstadt mit dem Regierungsund Vergnügungsviertel Vedado verbindet. 1901, als Kuba florierte und Havanna den Beinamen „Paris der Antillen“ trug, wurde der Malecón als elegante Flaniermeile errichtet – die Champs-Élysées der Karibik. Eine steinerne Zeitzeugin vom Aufschwung und Absturz der Zuckerinsel. Von den Krisen, die das US-Embargo und der spätere Zusammenbruch der Sowjetunion auslösten. Von der Revolution unter Che Guevara, Fidel und Raúl Castro, dem heute 83-jährigen Staatschef – sie alle haben auf ihren Mauern gesessen und über die Zukunft philosophiert: un socialismo próspero y sostenible, einen wohlhabenden und nachhaltigen Sozialismus, wie Raúl Castro es einmal formulierte.
Und tatsächlich: Ein Lüftchen der Hoffnung weht heute über den Malecón, wenn sich Jung und Alt abends traditionell auf den einen oder anderen Mojito dort treffen. Liebespaare, die mit Blick auf die im Golf von Mexiko versinkende Sonne vom Morgen träumen. Straßenkünstler, Musiker oder die erst kürzlich zugelassenen Kleinunternehmer, die an ihren Ständen Schmuck, Schuhe und allerlei Hausrat anbieten. Vor vier Jahren lockerte die Regierung ihre strengen Gesetze und ließ mehr selbstständige Arbeit zu. Wenn auch nur eingeschränkt. Eine Notlösung gegen die schlechte Wirtschaftslage. Das Ergebnis: Es geht aufwärts, allerdings sehr langsam. 1,4 Prozent Wirtschaftswachstum wird für dieses Jahr erwartet. „Zufrieden bin ich nicht“, sagt Castro, der ein Plus von 2,2 Prozent angestrebt hatte, „aber auch nicht entmutigt.“
Eine positive Haltung, die von den Kubanern getragen wird. Zwischen historischem Kolonialzeit- und knallbuntem Fifties-Flair herrscht Aufbruchstimmung. Baufällige Häuser werden saniert und zu Hotels, Bars sowie Restaurants umgestaltet. Entlang des Malecón reihen sich in Bestlage einige der schönsten Ruinen der Stadt wie Perlen aneinander, die peu à peu auf Hochglanz poliert werden.
Zu den spektakulärsten (Wieder-)Eröffnungen der letzten Monate gehört die Bar „Sloppy Joe’s“ im Herzen der Altstadt, die 1965 im Zuge von Castros Enteignungswelle geschlossen worden war (Agramonte, Ecke Animas, sloppyjoes.org). An der 18-Meter-Theke, an der schon Ernest Hemingway becherte, werden jetzt, fast 50 Jahre später, wieder kühle Drinks und köstliche Tapas serviert. Wer unter freiem Tropenhimmel chillen will, geht 250 Meter weiter ins Hotel „Iberostar Parque Central“ an der Prachtmeile Paseo del Prado. Die Dachterrasse ist auch für Nicht-Gäste geöffnet und bietet einen unschlagbaren Blick über die City und das gegenüberliegende Kapitol. Das wurde übrigens dem gleichnamigen Gebäude in Washington, D. C., nachempfunden und fungierte früher als Repräsentantenhaus. Heute ist es ein Kongresszentrum und steht zur Besichtigung offen. Tipp: Vor dem Hotel parken Oldtimer-Taxen, die man für Stadtrundfahrten buchen kann (ab ca. 15 € pro Stunde). Gegenüber, am Hotel „Inglaterra“, halten die Hop-onhop- off-Sightseeing-Busse von „Habanas Bus Tour“, die 60 Stationen in der Stadt abklappern (Tageskarte ab ca. 3,50 €).
Aber auch zu Fuß lässt sich Havanna erkunden. Schlendern Sie vom Parque Central durch die Gassen der Altstadt, die seit 1981 Unesco-Weltkulturerbe ist. Vorbei an Bauten im Shabby-Chic, aus denen Rumba-Rhythmen dringen, und Plazas, auf denen Kinder spielen, während ihre Mütter im Schatten der Mauern rasten, zum „Museo Nacional de Bellas Artes“. In den zwei prächtigen Gebäuden wird nationale und internationale Kunst ausgestellt (Eintritt ca. 3,50 €, Agramonte, Ecke Trocadero). Eine Straße weiter befindet sich das „Museo de la Revolución“ im ehemaligen Präsidentenpalast. Es beherbergt zahlreiche Memorabilia der Revolution. U. a. die Jacht „Granma“, auf der 1956 unter Fidel Castro 82 Revolutionäre von Mexiko nach Kuba übersetzten (Eintritt ca. 5 €, Avenida Bélgica).
Etwa zehn Gehminuten entfernt erhebt sich das Castillo de la Real Fuerza – die größte Burg, die jemals von Europäern, nämlich den Spaniern, in Übersee erbaut wurde. Ursprünglich errichtet, um die Stadt vor Piratenangriffen zu schützen, beheimatet der Koloss heute das „Museo de Navegación“, eine Reise in die Zeit der Schatzgaleonen mit erbeuteten Goldbarren und Silbermünzen. Auf dem Weg dorthin lohnt ein Abstecher in die „La Bodeguita del Medio“ auf einen – na klar! – Mojito. In der Bar, so die Legende, wurde der Drink erfunden (Empedrado 207).
Ans Castello reihen sich malerische Grünanlagen wie der Parque Luz Caballero, die zum Monumento a Máximo Gómez führen, das zu Ehren des Unabhängigkeitskämpfers errichtet wurde. Perfekt für einen lauen Abendspaziergang, denn gleich um die Ecke, da beginnt er wieder, der Malecón und ruft zur blauen Stunde.
„Wir schreiben das Jahr 1879 ...“. So könnte ein Reisebericht über das 27.000-Seelen-Städtchen beginnen. Auch heute noch. Seit seiner Gründung in besagtem Jahr hat sich hier, nun ja, wenig getan. Anno 2014 lenken noch immer die Guajiros, also Bauern, ihre vor den Pflug gespannten Ochsen über braunrote Tabakfelder, bevor sie abends mit ins Gesicht gezogenem Sombrero und Grashalm im Mundwinkel wie im besten Western nach Hause reiten. Vorbei an steinernen Veranden, auf denen Zigarrendreher in knarrenden Schaukelstühlen sitzen und die Tabakblätter verarbeiten. Einer davon ist Pedro Cherolla Almore: „Das Klima macht unsere Zigarren einmalig“, sagt der 81-Jährige stolz.
„Der Wechsel zwischen Hitze und Regen lässt Pflanzen von einer Qualität gedeihen wie sonst nirgends auf der Welt.“ Verantwortlich dafür ist auch die geschützte Lage des Ortes im Tal Valle de Viñales, das 1999 von der Unesco zur „Kulturlandschaft der Menschheit“ ernannt wurde und von der Sierra de los Órganos, dem Orgelpfeifengebirge, umrahmt wird: riesige Felskegel, Mogotes, die in der Kreidezeit von Flüssen ausgehöhlt wurden und sich majestätisch aus der Prärie erheben. Ihr Äußeres lädt zu Kletter- und Wandertouren, ihre Höhlen zu mystischen Underground-Trips.
In einem solchen Hohlraum befindet sich „El Palenque de Cimarrónes“, ein Restaurant, das einer Sklavensiedlung (palenque) nachempfunden wurde. Es soll an die flüchtigen Sklaven (cimarrónes) erinnern, die in der Kolonialzeit in den Höhlen Unterschlupf fanden. Den Eingang erkennt man an einer Snackbar, die ganztägig geöffnet ist, das Höhlen lokal hat nur mittags auf (Carretera a Puerto Esperanza, Tel. +53-48-79 62 90). Wer hinter die Kulissen des Lebens in dieser Gegend blicken will, besucht einen Bauernhof oder eine Tabakplantage (Infos im Besucherzentrum s. r.). Pferde sind das Fortbewegungsmittel der Wahl und tragen ihre Reiter sicher über Berg und Feld. Dann noch den Sombrero aufsetzen und das Zeitreise-Feeling ist perfekt!
Text: Matt Bolton, Deutsche Bearbeitung: Stefanie Will, Titelbild: Mark Read
Den vollständigen Artikel mit Infos zu weiteren spannenden Orten auf Kuba finden Sie in der Oktober-Ausgabe des Lonely Planet Traveller.
Hinkommen
Ab Frankfurt a. M. geht’s mit Condor (condor.com) in 11,5h nonstop nach Havanna, mit Air France (airfrance.de) via Paris. Swiss (swiss.com) fliegt nonstop ab Zürich, KLM (klm.com) ab Wien via Amsterdam.
Herumkommen
Havanna lässt sich bequem zu Fuß erkunden. Ein Schnäppchen sind die Hop-on-hop-off-Busse, die überall halten. Für eine Inseltour wird ein Mietwagen benötigt (große Auswahl am Flughafen). Günstig bucht man bei „Rent A Car Cuba“ (rent-a-car-cuba.com).
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Geballte Info: Lonely Planet „Kuba“ (Mair-Dumont, 22,99 €). „KulturSchock Cuba“ erklärt Historie, Kultur und Lebensart der Insel (Reise Know-How, 14,99€).
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