Es beginnt mit leichten Verfärbungen in den Spitzen. Dann dauert es nicht mehr lang und das einst saftige Grün der Blätter verwandelt sich in ein prasselndes Laub-Feuer: Gelb, Orange, Rot. Der Indian Summer hat begonnen.
Indianischer Sommer? Im Herbst? - Ja doch: Indian Summer steht für ein Phänomen, das wir hier in Deutschland vielleicht am ehesten als "Altweibersommer" oder "goldener Herbst" kennen.
Er beginnt ab Ende September, wenn sich im Süden Kanadas die üppigen Laubwälder verfärben. In den nächsten Tagen und Wochen wandert das Farbphänomen dann hinunter in die USA. Bis Ende Oktober hält der Indian Summer die Wälder in einem Farbrausch, ehe die Blätter schließlich fallen. Den aktuellen Verlauf und die Vorhersage kann man übrigens auf einer extra dafür eingerichteten Webseite verfolgen.
Mit der Verfärbung der Blätter geht meist auch noch gutes Wetter einher, so dass die Herbst-Sonne die Bäume zusätzlich in ein wunderbares Gold taucht. Kurz: Den Indian Summer sollte man einmal im Leben gesehen haben.
Eine der schönsten Gegenden, um ihn in Nordamerika zu genießen, ist die Ostküste Nordamerikas bei Nova Scotia und Neuengland. Wir zeigen hier den Indian Summer vom Norden Kanadas bis nach New York in all seiner Pracht.
Es waren hauptsächlich Schotten, die sich auf dieser Inseln im Osten Kanadas ansiedelten. Viele wurden aus den Highlands vertrieben von ihren Pächtern, die lieber Schafe als Menschen auf dem Land haben wollten.
Heute dürfen die Nachfahren dieser Siedler auf "Neuschottland" etwas genießen, was die Daheimgebliebenen sicher nicht haben - schon alleine mangels Bäumen: Den Indian Summer. Er beginnt hier bereits meist Ende September, als erstes sichtbar an den Spitzen der Ahornblätter.
Mit am schönsten soll die Laubverfärbung oder "Foliage" im Cape-Breton-Highlands-Nationalpark sein.
Der erste Bundesstaat nach dem Grenzübertritt in die USA ist Maine, Spitzname "Pine Tree State". Tatsächlich sind rund 90 Prozent des Landes mit "Pines", also Kiefern, bedeckt.
Schlechte Karten für das Laubfestival des Indian Summer? Nein. Denn auch hier setzt sich die Laubverfärbung durch und zaubert gerade durch die Abwechslung mit den grün bleibenden Nadelhölzern ein ganz eigenes Bild. Besonders sehenswert ist zu der Zeit der Acadia Nationalpark.
New Hampshire lebt eigentlich von seinen Wintersport-Möglichkeiten - sowohl für die Abfahrt, als auch für Langlauf. Der White Mountains National Forest mit seinem höchsten Berg, dem Mount Washington mit 1.917 Metern, bietet sich natürlich für einen Besuch während des Indian Summer an.
Doch nicht nur in den White Mountains lohnt sich ein Besuch. In der "Lakes Region" des Staats gibt es zirka 300 Seen. Am Sunapee etwa spiegeln sich die farbigen Bäume im glasklaren Wasser.
Ein Stück westlich landeinwärts folgt Vermont. Die französischen Einwanderer waren von der mit Laubbäumen bedeckten Hügellandschaft beeindruckt und nannten daher die gesamte Gegend "die grünen Berge" - "les verts monts". Der englische Spitzname "Green Mountain State" ist also nur eine Spielart des Staatsnamens.
Auch heute noch ist die Landschaft hier zu drei Vierteln von Laubbäumen bedeckt. Vermont behauptet daher von sich, es hätte den schönsten Indian Summer überhaupt. Das Hauptargument klingt schlüssig: Da gerade Ahornbäume durch ihren Zucker das herrlichste Rot ausbilden und Vermont in den USA die höchste Dichte an Ahornbäumen aufweist, gäbe es hier auch die knalligsten Farben.
Neben den vielen schönen Landstraßen, gibt es in Vermont noch die Möglichkeit den Indian Summer im Zug auf der Green Mountain Railroad zu genießen.
Hier wurde Geschichte geschrieben, denn in Massachusetts Hauptstadt Boston begann der Aufstand der amerikanischen Kolonien Englands, der schließlich im Unabhängigkeitskrieg mündete. Bei der "Boston Tea Party" schmissen erboste Siedler aus England billig importierten Tee von einem Schiff ins Hafenbecken.
Doch was den Charme der Stadt angeht, ist das englische Erbe nicht zu verleugnen. Und wenn der Indian Summer hier in den Parks oder auf dem Campus der nahen Cambridge Universität Einzug hält, kommen Laubtouristen oder "Leaf Peeper", wie sie spöttisch genannt werden, voll auf ihre Kosten.
Wer lieber Natur pur möchte, bleibt weiter im Westen Massachusetts: In den Berkshire Mountains soll die Laubverfärbung besonders schön sein.
Hoppla, wenn man nicht aufpasst, merkt man gar nicht, dass man hier durch einen weiteren Bundesstaat gefahren ist. Rhode Island ist der kleinste Staat der USA, doch er geizt nicht mit Schönheit. Trotz des Namens ist Rhode Island übrigens keine Insel.
Wie die meisten anderen Staaten gibt es auch für ihn einen Spitznamen: "Ocean State" - denn Rhode Island hat viele Buchten und Strände.
Auch hier zieht der Indian Summer durch, denn trotz des Spitznamens gibt es große Waldflächen. Aber vielleicht sollte man sich gerade der Abwechslung halber einmal einen Strand oder eine Bucht im goldenen Herbst ansehen?
Connecticut bildet das südliche Ende Neuenglands, und das zeigt sich hier noch einmal von seiner schönen Seite. Auf halbem Weg zwischen den Städten Boston und New York hat man hier neben der Natur auch schon einiges an Shoppingmöglichkeiten und merkt deutlich, dass man sich hier in einem der am dichtest besiedelten Staaten der USA befindet.
Als einer der schönsten Plätze, um den Indian Summer in Connecticut zu genießen, gelten die Litchfield Hills im Westen des Staats.
Die Stadt New York gehört eigentlich schon nicht mehr wirklich zu den Orten, an denen man den Indian Summer erleben kann. Aber es wäre fast fahrlässig nicht auch in Manhattan, einem der schönsten und aufregendsten Stadteile der Welt, zu sehen, wie sich der Central Park langsam in eine bunte Pracht verwandelt.
Der Besuch des Indian Summers ist ein einzigartiges Reiseerlebnis. Weitere Ideen für ganz besondere Destinationen hat unser Buch "1000 einmalige Reisen" zusammengefasst.
Schau es Dir doch hier einmal an.
Text: Stephan Goldmann