Die in Großbritannien ansässige Organisation Invisible Cities bietet von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen die Gelegenheit, in ihrer eigenen Stadt Führungen anzubieten. Das Ergebnis sind interessante Alternativen zur klassischen Stadtführung sowohl für Reisende als auch für Einheimische.

Als Unternehmen mit sozialem Gewissen bildet Invisible Cities Menschen, die Obdachlosigkeit erfahren haben, zu Stadtführer:innen aus. Reisende, die sich auf eine der Touren begeben, haben die Möglichkeit, die Stadt aus der einzigartigen Perspektive derer zu erleben, die auf ihren Straßen einst zuhause waren.

Das Unternehmen wurde von Zakia Moulaoui gegründet, die vor 12 Jahren aus Frankreich nach Edinburgh zog. Während ihrer Arbeit für die Homeless World Cup Foundation wurde sie Zeugin des Stigmas, das mit dem Leben auf der Straße verbunden ist. Als eine Darmkrebsdiagnose im Jahr 2014 ihre eigenen Reisepläne vorübergehend auf Eis legte, war dies der Auslöser für die Gründung von Invisible Cities im Jahr 2016.

„Mir wurde klar, wie wichtig Reisen in meinem Leben war, und was für eine Macht es hatte, Menschen zusammenzubringen, um neue Dinge zu entdecken,“ erzählt die inzwischen genesene Zakia. „Ich spürte, dass es für Menschen, die Obdachlosigkeit erlebt hatten, ein Werkzeug sein könnte, um ihre eigenen wahren Geschichten zu erzählen. Die Führungen werden von den Guides selbst gestaltet, sie können also über ihre eigenen Lebenswege und Erfahrungen sprechen, wenn sie das möchten. Und wenn nicht, können sie die Stadt als Kulisse nutzen, um über die Orte und Themen zu sprechen, die ihnen wichtig sind.“

Die Stadtführer:innen werden von Personen betreut, die bereits in der Tourismusbranche tätig sind, und die ihnen dabei helfen, unterhaltsame, fesselnde und amüsante Touren zu gestalten. Die werden dann so lange überarbeitet, bis sie soweit sind, dass sie vor Besucher:innen und Einheimischen präsentiert werden können. Zu den Themen gehören Verbrechen und Strafe, Kunst, Geschichte und wichtige Frauenfiguren. Das Unternehmen verschafft den Guides ein Einkommen und eine Aufgabe und bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Geschichten und Interessen mit anderen zu teilen.

 

„Ich mache jetzt etwas, dass mir wirklich gefällt und das mich interessiert, und diejenigen, die an meinen Touren teilnehmen, scheinen sich auch dafür zu interessieren. Ich kann mein Wissen an sie weitergeben, was sehr befriedigend ist. Und das ist gut für mein Selbstbewusstsein, das zu Beginn definitiv einen Schub gebrauchen konnte.“

– Angus Stirling, Stadtführer in Edinburgh für die Tour „The Royal Mile – From Huts to High Rise“

 

Führungen werden mittlerweile in Edinburgh, Manchester, Glasgow, Cardiff und York angeboten, und Invisible Cities organisiert auch Kampagnen und Events, um ein breiteres Bewusstsein für die schonungslose Realität der Obdachlosigkeit zu schaffen. Als soziales Unternehmen reinvestiert es 100 % seines Profits in diese Initiativen und die laufende Weiterentwicklung und Ausbildung der Stadtführer:innen.

Text: Andrea Smith
Übersetzung: Sarah Uhrig

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