Sascha Grabow aus Heilbronn hat von 193 Staaten 190 besucht und steht auf Platz 30 der „most traveled people“. Was treibt ihn um den Globus?
Mit 17 bin ich in den Ferien nach Süditalien getrampt, um dort im Freien Tennis trainieren zu können. Vor Ort wurde mir bange, weil ich kein Italienisch sprach. Allerdings hat das zu spannenden Situationen geführt. Da wurde mir klar: Reisen ist meine Leidenschaft! An meinem 18. Geburtstag bin ich schließlich losgezogen. Seitdem habe ich nie irgendwo länger als drei Monate gelebt. Ich hatte aber keineswegs das Ziel, einer der meistgereisten Menschen zu werden – das hat sich ergeben. Wenn man etwa in Thailand ist, versucht man, von dort auch nach Myanmar oder Laos zu kommen. Ab 100 Ländern wird das Ziel konkreter, alle Staaten zu besuchen, und du fragst dich: Gibt’s noch mehr Extrem-Weltenbummler? So bin ich auf mosttraveledpeople.com gestoßen.
Es ist toll, den eigenen Namen in der "Hall of Fame" zu lesen, wobei ich nicht den Ansporn habe, auf Rang eins zu kommen. Dort gibt es Leute, die 5000 Euro aus geben, nur um eine PazifikInsel abzuhaken und dann sofort weiterzuziehen! Das ist die Gefahr solcher Länderlisten: Die Ab hängigkeit wird so stark wie bei Drogen. Mir fehlen noch der Irak, Somalia und Algerien, um alle 193 Staaten vollzukriegen, docheigent lich geht’s mir darum, den Rat des Dalai Lama zu beherzigen: Will man seine innere Jugend erhalten, sollte man jedes Jahr einen neuen Ort erkunden.
Ich trampe vorwiegend und schlafe im Freien oder bei Locals. Ich muss mit knapp 200 Euro pro Monat auskommen, aber dafür lerne ich Land und Leu te wirklich kennen. Mittlerweile habe ich in über 50 Ländern mehr als einen Monat verbracht. Die Freundlichkeit der Indonesier und die Lebensfreude der Brasilianer haben mich besonders beeindruckt.
Um die Reisekasse aufzufüllen, arbeite ich als Fotograf, Tennislehrer oder Reiseleiter. Mein Herumziehen ist beileibe kein Dauer urlaub von einem Tropenparadies ins nächste. Manchmal stehe ich stundenlang mit Daumen hoch am Straßenrand und habe auch schon sehr gefährliche Situationen erlebt. Im Dschungel Gabuns wurde ich von fünf mit Pistolen bewaffneten Jugendlichen ausgeraubt, nachdem sie mir den Arm gebrochen sowie zahlreiche Kopfwunden verpasst hatten. In Liberia durchwühlten bekiffte Kindersoldaten meinen Rucksack – zum Glück konnte ich die Situation entschärfen. Trotzdem habe ich nie einen Gedanken daran verschwendet, aufzuhören. Wenn mir etwas fehlt, dann eine feste Partnerin. Nach dem Sprichwort "Heimat ist, wo Liebe ist" wäre das der einzige Grund, mich irgendwo niederzulassen. Seit 29 Jahren habe ich keinen festen Wohnsitz mehr. Früher war es für meine Mutter nicht leicht, sechs Monate nichts von mir zu hören, aber heute gibt es ja Facebook und Skype. Und circa einen Monat im Jahr bin ich in good old Europe.
Protokoll: Max Holba; Fotos: Sascha Grabow
Weitere interessante Reportagen finden Sie in der Mai-Ausgabe des Lonely Planet Traveller.
Sascha Grabow (47) ist einer der meistgereisten Menschen der Welt. Derzeit ist er in der Türkei zu Gast. Infos: saschagrabow.com.