Lettlands Hauptstadt verströmt mit Jugendstil und Kopfsteinpflaster den Charme einer osteuropäischen Schönheit - kommt aber im trendigen Gewand à la Skandinavien daher. Gehen Sie auf Entdeckungstour in der 700.000-Einwohner-Metropole des Baltikums und lassen Sie sich von ihrem individuellen Lifestyle überraschen.
Eines vorweg: kein Riga-Besuch ohne Gang zum Schwarzhäupterhaus (melngalvjunams.lv). Der Star auf dem Rathausplatz, von dem aus man einen schönen Altstadtbummel starten kann. Mit seiner aufwendig verzierten Ziegelfassade, der taubenblauen astronomischen Uhr und der goldenen Wetterfahne ist das Gebäude eines der Wahrzeichen der herausragenden Altstadt-Architektur Rigas. Dabei wurde das Original aus dem Jahr 1334 im Zweiten Weltkrieg zerstört, aber 2001 wieder vollkommen hergestellt. Das Haus diente ursprünglich als Versammlungsort der Compagnie der Schwarzen Häupter – unverheiratete, meist norddeutsche Kaufleute, die hier wilde Partys feierten.
Weiter geht’s auf den Spuren trinkfreudiger Junggesellen des 14. Jahrhunderts vorbei am Lokal Rozengrāls, einem Restaurant im mittelalterlichen Stil (rozengrals.lv), und der kleinen, nach dem Jahr ihrer Eröffnung benannten Kneipe 1221, (1221.lv). Gleich ums Eck, in der Mazā Pils iela, befindet sich das Bauwerk-Ensemble der Drei Brüder: eines schmal, eines breit, eines leicht marode, allesamt in zarten Pastelltönen gestrichen (archmuseum.lv).
Eine halbstündige Busfahrt vom Stadtzentrum entfernt liegt das Lettische Freilichtmuseum. Hier kann man ins Landleben des baltischen Staates von anno dazumal eintauchen. Entlang der von Kiefern gesäumten Alleen stehen 118 Holzhütten, die zwischen 1650 und 1930 errichtet wurden. Deren morsches Material hat man teilweise aus weit entfernten Provinzen in die Museumslandschaft verpflanzt. Vor dem nachgebauten Fischerdörfchen dümpeln uralte Boote im seichten Wasser des Jugla-Sees. Ein auf den Kopf gestellter, mit Moos bewachsener Kahn dient als Räucherkammer. Folgt man dem Geruch von schwelendem Holz, kommt man zu einer urigen Hütte. Das Bett im Innern ist mit den traditionell rot-weiß gemusterten Laken bedeckt, so als würde sich dort gleich jemand zur Ruhe legen. Weiter führt der Pfad zu alten Holzkirchen und einer verwitterten Windmühle. Willkommen in einer vergangenen Welt!
Mit dem Bus Nummer 1 geht’s von der Ecke Merķeļa und Tērbatas iela im Stadtzentrum bis zum Stopp Brīvdabas muzejs (Fahrtzeit ca. 35 Minuten, Ticket ab ca. 2,50 €, latvia.travel). Der Eintritt ins Museum kostet ca. 4 € (brivdabasmuzejs.lv).
Übersetzt bedeutet der Name des Design-Ladens Riija „Scheune“. Denn einst wurde in dem Gebäude östlich des Zentrums in der Tērbatas iela im wahrsten Sinne die Spreu vom Weizen getrennt. Heute auch, aber anders: Nur die besten Designer der Gegend schaffen es mit ihren Produkten in die Auslagen des extravaganten Geschäfts. „Letten lieben es, mit ihren Händen zu arbeiten”, sagt Shop-Besitzerin Sarmīte Stabulniece begeistert, „das sieht man an der Qualität ihrer Handwerks - kunst.“ Das „Riija“ zieht eine designfreudige Klientel aus der gesamten Umgebung an. Die kauft hier handgefertigte Bilderrahmen, kunstvolle Lehmwürfel mit eingravierten heidnischen Symbolen und handgezeichnete Abzieh-Tattoos mit Motiven baltischer Wildtiere. Zwar ehrt diese Kollektion das heimische Erbe, sie ist dabei aber cool und zeitgenössisch, ohne jeglichen Ethno-Kitsch.
Lielvārde-Gürtel ab ca. 59 €, riija.lv
In einem umfunktionierten Zeppelin-Hangar ist der Zentralmarkt untergebracht, ein wahres Schlaraffenland für alle, die regionale Spezialitäten lieben und mit Leidenschaft probieren. Kaum erreicht man den Stand für Milchprodukte, wird einem ganz schwindelig von den würzigen Aromen der verschiedenen Käsesorten. In der nächsten Halle duftet es nach feinen Essigen, in denen die Markthändler ihr Obst und Gemüse einlegen. Etwas weiter hinten vernimmt man plötzlich den Hauch einer Meeresbrise: Dort gibt’s Knoblauch und Sauerkraut, die in Salzwasser konserviert werden. Nebenan bietet eine alte Frau Einweckgläser voller Cranberrys an. Am Bäckerstand türmen sich „Kliņģeris“, traditionelle lettische Geburtstagskuchen, die wie Brezeln geformt sind. Besonders begehrt sind die süßen Teilchen einer usbekischen Bäckerei, vor der sich lange Schlangen bilden. Hier landen frisbeeförmige XXL-Fladen auf gusseisernen Pfannen im Ofen.
Täglich 7-18 Uhr geöffnet, rct.lv
Der Jugendstil beschäftigte die Architekten der Welt nur für kurze Zeit. Aber kaum eine Stadt gab sich diesem extravaganten Trend so intensiv hin wie Riga. Die drittgrößte Metropole des Baltikums konnte sich dieses architektonische Vergnügen leisten, denn sie genoss zwischen 1895 und 1910 eine Phase wirtschaftlichen Reichtums. Eine glückliche Fügung, die der Welt rund 800 mit floralen Motiven und Figuren übersäte Gebäude bescherte. Besonders interessant ist die Jugendstil-Tour von E.A.T. Riga, bei der man durch die Alberta iela geführt wird. Die ist mit Art-Nouveau-Bauten geradezu gepflastert. Während es vorbei an Wohnhäusern, kleinen Läden und Restaurants geht, weist der Guide auf die beeindruckenden Werke des Architekten Mikhail Eisenstein hin. Darunter Gargoyle (Wasserspeier) mit aufgerissenen Mündern, sich putzende Pfaue und stattliche Löwen, die von den Dächern aus Wache halten. Sehenswert ist auch die blaue Fassade der Haus nummer 10 b in der Elizabetes iela mit ihren aufwendigen Schnitzarbeiten.
2-3stündige Tour ab ca. 10 €, eatriga.lv
Text: Orla Thomas, Deutsche Bearbeitung: Nina Heinrich, Fotos: Sarah Coghill
Den vollständigen Artikel mit Infos zum perfekten Wochenende in Riga finden Sie in der Juni-Ausgabe des Lonely Planet Traveller.