Der perfekte TripDeutschlands Osten

Von Dresden aus fahren Dampfschiffe fünf Stunden lang über die Elbe zum 40 Kilometer flussaufwärts gelegenen Badeort Bad Schandau. Die Passagiere im 18. Jahrhundert brachten sich hier in eine ganz andere Welt. Entlang der deutsch-tschechischen Grenze verläuft ein bewaldeter Sandsteinrücken, der von der Elbe durchtrennt und zu fantastischen Formen verwittert ist. Mit einem Hauch von Romantik und einem Bezug auf das jüngste beliebte Reiseziel der damaligen Zeit nannten Schriftsteller und Künstler die Landschaft nördlich und südlich der Grenze „Sächsische und Böhmische Schweiz“.

Wenn Sie nun nach 45 Autominuten von Dresden auf den Felsen der Bastei stehen, sehen Sie auf einer Informationstafel ein Gemälde von Caspar David Friedrich an dem Ort, an dem er gestanden haben soll. Fast 200 Jahre später ist die größte Veränderung der Gegend die Steinbrücke, die zum markantesten Felspunkt führt. Man hat diesen Ort zwar schon früher erreicht, aber nicht so bequem wie heute: Ein Modell zeigt eine Holzfestung aus dem 13. Jahrhundert mit Gängen auf den Felstürmen, die selbst in einem Fantasy-Film unrealistisch wirken würde.

Eigentlich ist die Landschaft nicht wirklich ein Doppelgänger der Schweiz. Die steilen Felsen und hohen Kiefern erinnern eher an China, vielleicht irgendwo in Dresden auf einem Porzellanteller abgebildet, während am Horizont Tafelberge aus dem Wald ragen und wie ein verlorenes Stück Südamerika aussehen.

Für die Bastei brauchen Sie lediglich gute Wanderschuhe, auch wenn die metallischen Aussichtspfade außerhalb der Hauptstrecke schnell Angstschweiß verursachen, sobald man die Baumkronen weit unter den eigenen Füßen sieht. Auch in anderen Teilen des Nationalparks Sächsische Schweiz erreicht man bestimmte Ausblicke nur nach einem steilem Felsanstieg.

René Dutschke ist schon seit einigen Jahren Bergführer in Bad Schandau und hilft Gruppen mit wenig Erfahrung beim Klettern. Heute hat er ein Tal oberhalb des Grenzdorfes Schmilka ausgewählt. „Ich liebe diese Landschaft! Sie fühlt sich ein bisschen wie die Alpen an, aber es ist nicht so viel los wie dort oder anderen Gebieten“, sagt er. Die Morgensonne erhellt den Weg, gefiltert durch die umliegenden Fichten. Am Ende verläuft eine Schlucht im Sandstein bis zu einer Höhe von sechs Stockwerken. Seit über einem Jahrhundert verbieten die puristischen „sächsischen Regeln“ (ein Ursprung des heutigen Freikletterns) den Gebrauch von Seilen und anderen Hilfsmitteln für Notsituationen; man darf sie also nicht zum Hochziehen verwenden. René sichert seine Gruppe mit Gurten und Karabinern an den Metallhaken, die auf dem größten Teil des Aufstiegs zu finden sind, aber ansonsten ist die Tour ein nackter Kampf der Arme und Beine gegen die Schwerkraft.

„Wir klettern nicht an Orte, die man auch zu Fuß erreichen könnte, sondern nur auf freistehenden Felsen“, erklärt René während einer Pause auf einem Felsvorsprung, vor dem letzten Anstieg durch ein Loch zwischen einem Haufen Felsbrocken. In der Bastei würde das Echo eines Dampfschiffhorns die Aufmerksamkeit der Besucher auf die Welt unter ihnen richten. Hier ertönt der Ruf eines Falken durch die Luft und erinnert den müden Kletterer daran, seinen Aufstieg fortzusetzen.