In der Region produziert und an Ort und Stelle verzehrt. Wer nachhaltiges, leckeres Essen mag, ist in Skåne genau richtig. Dieser Teil Schwedens bietet mehr kulinarische Genüsse als alle anderen.
Ein Lächeln. „Coca-Cola? Nein. Das haben wir hier nicht“, sagt Johan Carlsson, Eigentümer von Kaffestugan Alunbruket, einem der ältesten Kaffeehäuser in Skåne. Hier lebt man wie im Märchen: die Sonne scheint, in den Gärten blühen die Stockrosen, das Gras leuchtet satt grün. Ich höre das Klimpern von Kaffeetassen. Die beiden Mädchen, die uns bedienen, sehen aus wie die jüngeren Schwestern von Alice im Wunderland. Wir sind in Skåne. Hier Coca-Cola zu bestellen, ist wie Fluchen in der Kirche. In Skåne trinkt man selbstgemixte Smoothies aus gesammeltem Fallobst. Genau aus diesem Grund kommen die Leute aus Stockholm hierher. Neben den Smoothies wirken allerdings auch das Bier, das Fleisch, der Apfelsaft und die Kräuter unwiderstehlich anziehend. In Skåne schmeckt eben alles besser.
Schon Johans Urgroßmutter führte das Restaurant. 1930 öffnete sie ihre Türen für alle, die wunderbares Essen mögen. Respekt vor dem Alter. Ihr Urenkel Johan mag immer noch alle ihre Rezepte, darunter auch Wienerbröd, eine Art Brötchen. „Ich esse es jetzt seit 45 Jahren, und ich bin immer noch begeistert! Einen Moment ...“ Johan verlässt den Tisch. „Ich bringe euch eins zum Probieren.“
Probieren. Das ist hier das Zauberwort. Skåne ist das Testgelände für Schweden, wenn es um Essen und Trinken geht. Wir haben fünf geschmacksprägende Lokale und ihre Betreiber besucht, um ihr Können zu erleben.
Wie kann man sie unterscheiden? Gar nicht. Oder doch. Mats ist eine Minute älter, und das macht sich bemerkbar. Er übernimmt in allem die Führung. Mit einem schelmischen Blick sagt er zu mir: „Willst du mit uns fischen?“ „Ja, bitte! Was fischen wir denn heute?“ Beide sind überrascht: „Aale natürlich!“
„Cherztin hat für ihre Eiscreme einen Preis bekommen.“
Skåne ist die Ukraine Schwedens – die Region, in der das Korn wächst. Neben Getreide wachsen zudem überall Kräuter, und die Eheleute Cherztin und Anders Persåkre sammeln sie. Die Kräuter gedeihen und blühen auf ihren Feldern und finden den Weg in besonders leckere Mahlzeiten: Estragon, Salbei, Dill, Minze. Einem Sternekoch braucht man nicht zu sagen, was er nehmen soll. Mit den richtigen Kräutern wird die Mahlzeit perfekt.
Wilde Küche. Ein echter Koch ist von Aromen geradezu besessen, und wenn er sie entdeckt, will er sie genau festhalten. Genau wie Cherztin und Anders. Einer ihrer Stammkunden steht im Laden; er weiß genau, wo jedes Gewürz zu finden ist. In seinem Korb liegt immer Ackertäschel, ein typisch schwedisches Kraut. Cherztin hält sich im hinteren Bereich des Ladens auf und stellt dort Eiscreme für uns her: aromatisiert mit Safran aus ihrem Garten. Cherztin ist zu bescheiden, das selbst zu erwähnen, deshalb informiert uns ihr Mann: „Sie hat für ihre Eiscreme einen Preis bekommen.“ Beide werden rot.
Österlenkryddor
Adresse: Karlsfältsvägen 363, Köpingebro
Website: osterlenkryddor.se
„Das Hobby hat sich verselbständigt.“
Håkan Nillson wirkt etwas überrascht von unserem Besuch. Dann fällt es ihm wieder ein: Oh, ja, natürlich, National Geographic. Kommt herein.
Der Mann hat offensichtlich Besseres zu tun – mit Wasser aus seiner eigenen Quelle Bier brauen zum Beispiel. „Mein Hobby hat sich einfach verselbständigt“, erklärt Nillson. Bevor alles anfing, war Nillson Hühnerbauer in der fünften Generation. Das Familienunternehmen wurde 1874 gegründet. Seit 2014 braut Håkan nun Craft Beer. Diese Art von Bier wird traditionell von kleinen, unabhängigen Brauereien mit umweltfreundlichen Retro-Verfahren gebraut. Diese Brauereien sind die Antwort auf die Vorherrschaft der großen Marken, die in der Regel nur eine Sorte Bier brauen.
„Achtest du auf Nachhaltigkeit?“, frage ich. Nillson lacht über meine Frage; er nennt das lieber „gesunden Menschenverstand“. Wollen wir probieren?
Es ist erst halb zehn am Vormittag, und wir sind bei der Arbeit. Aber zum Glück besteht unsere Arbeit auf dieser Reise darin, alles zu probieren, also stoßen wir an – 2 Finger breit Schaum. Wir nicken zufrieden. SKÅL!!
Remmarlöv
Adresse: Remmarlöv 1501, Eslöv
Website: remmarlov.se
„Essen ist unsere Leidenschaft.“
„Ich dachte: So schwer kann das noch nicht sein. Man steckt etwas in die Erde, und dann wächst es“, sagt Jon Lindberg. 2016 legte der Sohn eines Arztes seinen Gemüsegarten an, um sich selbst zu versorgen. Jon hat alles in seinem Garten: Rotkraut, Artischocken, Kürbisse, Zwiebeln, Brombeeren und Lupinen. Das hat er seiner Frau Giovanna zu verdanken. Sie haben sich in London kennengelernt, beide typische Foodies, und eines Tages beschlossen sie, dass die Zeit reif wäre, ihre Bürojobs hinter sich zu lassen und in Jons Heimatland Schweden zu ziehen. Jons Onkel ist Landwirt, und er konnte sich mit allen Fragen an ihn wenden. „Das war enttäuschend, denn mein Onkel arbeitet in viel größerem Maßstab.“ Und wie sieht es mit Giovannas Familie aus? Sie stammt aus Peru, und viele ihrer Verwandten sind Landwirte. „Ich habe sie ein paarmal um Rat gefragt, aber in Peru herrscht ein ganz anderes Klima.“ So haben sie angefangen, mit systematischem Ausprobieren, und inzwischen wächst alles in den Himmel. London zu verlassen und sich für dieses grüne Paradies in Skåne zu entscheiden, war das Beste, was Jon und Giovanna tun konnten. Sie sind beide Outdoor-Menschen. Jetzt scheint die Sonne, aber ich kann mir den Winter ringsum vorstellen: ein kalter Tropfen an der Nasenspitze, Tiefnebel und ein Paar Stiefel versunken im Schlamm. Das ist Hingabe. Wenn nötig, pflücken die beiden auch unter dem Schnee noch Pimpernell. In Skåne schneit es allerdings selten: Dank des milden Meeresklimas ist diese Region Schwedens ideal für einen Küchengarten.
Jord&Bord
Adresse: Hävdavägen 63
Website: jordbord.se
„Behandle Äpfel wie rohe Eier.“
„Hey, was höre ich da?“ Ich gehe mit Elisabeth Knöppel durch ihren Obstgarten voller charakteristischer alter Apfelbäume. Ich höre das Gleiche wie sie: den gedämpften Fall eines Apfels in eine Holzkiste. Wie sich herausstellt, geht einer der Pflücker etwas zu grob mit dem Obst um. „Die Apfelernte soll lautlos ablaufen“, sagt Elisabeth mit strengem Blick. „Wenn man etwas hört, können die Äpfel beschädigt werden.“ Währenddessen pflückt sie einen Apfel vom Baum. Sie betrachtet ihn voll Bewunderung, als ob sie noch nie einen Apfel gesehen hätte.
„Man muss sie wie rohe Eier behandeln“, sagt sie lächelnd. Dann beißt sie hinein und pflückt auch einen für mich: einen wunderschönen roten Apfel, wie es in ihrem Garten so viele gibt. Sie sind übrigens nicht zum Essen gedacht. Aus ihren Äpfeln wird Saft gekeltert. „Das sieht man“, sagt sie und pflückt noch einen Apfel. „Meine Äpfel sind nicht makellos. Tafeläpfel dürfen heutzutage nicht den geringsten Fleck, nicht die kleinste Druckstelle haben. Aber mich braucht das nicht zu kümmern. Ich kann ein paar Insekten tolerieren. Meine Äpfel brauchen nicht perfekt auszusehen. Ich achte eher auf den besten Geschmack, das beste Aroma.“
Wir haben es mit einer Kennerin zu tun. „Als ich angefangen habe – vor zehn Jahren –, hatte ich Angst, dass ich alles falsch machen würde. Habe ich die Bäume genug gewässert? Oder habe ich sie ertränkt? Aber den Äpfeln geht es immer gut. Das haben sie mir beigebracht. Entspann dich, nimm dir Zeit. So lebe ich jetzt.“
Etwas später stehen wir in ihrer Scheune. Elisabeth probiert. Sie betrachtet das Glas, schließt die Augen und rollt die Zunge. Ein seliger Blick. Als ob sie in einem französischen Château einen Grand Cru probieren würde.
Elisabeth ist nicht einfach irgendeine Apfelsaftherstellerin; sie hat schon zwei Goldmedaillen gewonnen. Sie macht den besten Apfelsaft Schwedens. Ein absolutes Muss.
Rörumsro Frukt & Must
Adresse: Rörums byaväg 62, Simrishamn
Website: rorumsro.serorumsro.se
„Ich liebe Tiere seit meiner Kindheit“
Dieser Satz wirkt von einem Schlachter vielleicht zynisch, aber David Lindegren ist kein normaler Metzger. Er kommt aus der Stadt und nennt sich selbst eine Stadtpflanze. Er könnte ebenso gut Schriftsteller oder Yogalehrer sein wie Landwirt. Sein Lächeln ist nie weit weg. David ist ein Denker und ein Macher. Wir folgen ihm über sein Gelände und merken sofort, dass ihm ein großes Stück Land gehört, darunter auch Wald. Seine Kühe, Fjäll-Rinder, stehen weit hinten. David winkt ihnen zu und ruft: „Hallo, die Damen!“ In der Hand trägt er einen Eimer mit Äpfeln. Sie sind für Rose und Rut bestimmt, zwei Sauen von je 300 kg, die im Wald leben. Zurzeit liegen die beiden Damen gemütlich im Schlamm. „Eklig? So bleiben sie sauber. Der Schlamm hält Krankheitserreger auf.“ Mit der flachen Hand, sonst würde sie ihn vor Begeisterung beißen, steckt David die Äpfel nach und nach in Roses Maul. Auch Rut bekommt ein paar Äpfel. David kauert sich neben seine Damen und krault ihnen den Rücken. Vor 14 Jahren ist er mit seiner Familie hier aufs Land im Nordwesten von Skåne gezogen. Eine ganz andere Welt. Man könnte annehmen, dass seine Nachbarn sich über ihn amüsierten, aber das taten sie nicht. Vielmehr halfen sie dem frischgebackenen Bauern aus der Stadt, wo sie nur konnten. Inzwischen ist David ein versierter Landwirt und Metzger! Er schlachtet die Kühe selbst. Trotzdem sagt er, während er neben Rose und Rut kauert: „Es fällt mir schwer, über Fleisch zu reden, wenn ich bei meinen Tieren bin.“
David geht jeden Tag in den Wald und besucht seine Tiere, sonst verwildern sie. „Wusstest du, dass diese Schweine fast ausgestorben waren? Das ist eine uralte Rasse. Nach ihnen haben sich schon die Wikinger auf ihren langen Fahrten gesehnt.“
Noch ein Apfel.
Was hat David aufs Land geführt? Mit einem schüchternen Lächeln antwortet er: „Die Ruhe. Nichts wirkt so beruhigend wie der Anblick einer Herde Kühe beim Weiden.“
Lindegrens
Adresse: Sinarpsvägen 164, Båstad
Website: lindegrens.se
In Schweden braucht man niemandem etwas über Fika zu erzählen, in Skåne schon gar nicht. In dieser Region fällt das Obst von den Bäumen direkt auf den Teller. Fika heißt, dass es Zeit wird für eine Pause, allein oder mit anderen. Zeit, sich ein Weilchen hinzusetzen, zu entspannen oder zu plaudern. Dazu gibt es eine Tasse Kaffee oder Tee und etwas Süßes. Nicht etwa Schokoriegel, sondern selbstgebackenen Möhrenkuchen mit Himbeeren, Heidelbeeren oder Erdbeeren, serviert mit einem Klecks Schlagsahne. Oder eine klassische Zimtschnecke. Oder selbstgebackene Kekse. Eine Gewohnheit, die glücklich macht: Fika.
Unsere erste Fika hatten wir in Ystad. Leider regnete es an diesem Tag, sonst hätten wir unseren Möhrenkuchen zwischen den Stockrosen gegessen. Glücklicherweise hatten wir noch 12 weitere Tage in Skåne vor uns – genug Zeit, um 3.400 Kalorien am Tag zu verbrennen. Sonnenschein, Wandern, Radfahren und ständig auf die Uhr schauen: Wird es nicht bald Zeit für die nächste Fika?
Text: Nicolline van der Spek
Dieser Beitrag wurde von Visit Skåne bereitgestellt. Lonely Planet war nicht an der Erstellung des Inhalts beteiligt und dieser spiegelt nicht zwangsläufig unsere redaktionelle Meinung wider.