Lassen Sie den Wintermantel im Schrank und düsen Sie in die Sonne. Im tropischen Süden der USA locken Traumstrände, glitzernde Städte und unvergessliche Begegnungen mit Seekühen und Alligatoren.
Starten Sie in der aufregenden Metropole Miami, bevor Sie in die Sümpfe der Everglades eintauchen. Anschließend testen Sie fangfrisches Seafood in Key West, relaxen am Strand von Sanibel Island und besuchen die Seekühe in Citrus County
Es ist noch früh an diesem Sonntag, aber die Arbeit schon in vollem Gange. An vier Holztischen rollen Frauen und Männer gepresste Tabakblätter mit ihren Händen und begradigen die zerfransten Enden mit scharfen Klingen, bevor sie jede der Stangen in eine Mulde aus Zedernholz legen. Die Luft ist zum Schneiden, eine Melange aus trockenem Rauch und schwelenden Zündhölzern. Die Werkstatt ist übersät mit aufeinandergestapelten Kisten, die alle ein Stempel der „Cuba Tobacco Cigar Company“ ziert. Neben Merengue-Klängen, die aus einem alten Radio plärren, ist nur das gleichmäßige Paffen von Zigarren zu hören.
„Mein Vater weihte mich ins Tabakgeschäft ein, als ich sieben Jahre alt war“, erzählt Pedro Bello Junior, während er durch den Shop schlendert, der an die Werkstatt grenzt und dessen Wände vergilbte Familienfotos zieren. Die Geschichte der Bellos beginnt 1896 in Havanna. „Nach der kubanischen Revolution wurde meine Familie 1959 nach Miami gebracht“, berichtet Pedro. „Unsere Werkstatt ist heute die einzige Zigarrenmanufaktur im Viertel, die von einer aus Havanna stammenden Familie betrieben wird.“
Auf dem Bürgersteig draußen sitzt Pedros Vater und steckt sich bereits den fünften Glimmstängel an. Auf dem Kopf trägt er einen Stetson, am Leib ein weißes Hemd mit gestärkten Manschetten und an den Füßen abgewetzte schwarze Schuhe. In seiner Brusttasche steckt eine Zigarre, so dick wie der Lauf einer Schrotflinte. Seine Ration für später. „Hecho in Cuba“, flüstert er grinsend, „hergestellt in Kuba“. Nostalgie à la Latino ist eine Passion in der Calle Ocho im westlichen Miami Downtown, auch SW 8th Street genannt. In der Gegend lebt die größte hispanische Population der Vereinigten Staaten und pflegt ihre karibischen Wurzeln. Seit den 60ern kauft man sein Obst in „Fruterias“, Musik in „Latino Record Shops“, seinen ultrastarken Kaffee nimmt man in einer der Espresso-Bars ein. Die Häuserwände schmücken riesige Bilder von kubanischen Sängern und Revolutionären. In kleinen Galerien findet man Skulpturen und Bilder heimischer Künstler.
Die Calle Ocho ist natürlich nur eine winzige Seite der Glitzerstadt Miami, die von Touristen aus der ganzen Welt wegen ihrer Endlosstrände, des berühmten Ocean Drives und des turbulenten Nachtlebens von South Beach angesteuert wird. Aber nicht nur deswegen. Auch dank der jährlichen Kunstmesse „Art Basel“ hat die Stadt sich zu einer Kunst- und Designmetropole gemausert. Die Kreativen haben das Viertel Wynwood, einst eine öde Gegend rund um die NW 2 Avenue, für sich entdeckt. Hier findet man heute eine inspirierende Streetart-Szene. Bars, kleine Shops und Galerien schießen wie Pilze aus dem Boden (Infos: wynwoodmiami.com, thewynwoodwalls.com). Apropos Shops: In Miamis Geschäftszentrum steht das Brickell City Centre, der Neubau eines gigantischen Shoppingpalastes, kurz vor der Eröffnung (brickellcitycentre.com).
Von dem ganzen Trubel ist in der Calle Ocho an diesem Sonntag jedoch nichts zu spüren. Hier ist es jetzt an der Zeit für einen gepflegten Nachmittags-Mojito. Den genehmigt man sich am besten im „La Esquina de la Fama“, mehr Kneipe als Restaurant und voller kubanischem Flair samt Livemusik. Salute!
Text: Mike Maceacheran, Deutsche Bearbeitung: Olaf Heise, Fotos: Justin Foulkes
Den vollständigen Artikel mit allen Stationen in Florida finden Sie in der Januar/Februar-Ausgabe 2017 des Lonely Planet Traveller.