Bücher-TippsAuf dem Sofa um den Globus reisen

So kann ein Strand-Urlaub auch aussehen: Im "Ocean Dome" in Miyazaki gehen die Japaner mit Blick auf eine riesige Fototapete baden. Diese sowie viele weitere schräge Einsichten in die Urlaubskultur fremder Länder erhält man in Martin Parrs Bildband. Von den späten 90er-Jahren bis 2012 fotografierte er Strandgänger auf der ganzen Welt. Zu sehen gibt es neben indoor badenden Japanern auch noch Chinesen in quietschbunten Schwimmreifen, Plastikhaie am Gardasee und rotgebrutzelte Engländer mit Badekappen.

1981 zieht die Islamische Revolution im Iran weite Kreise. Hier beginnt die Geschichte der elfjährigen Zwillinge Saba und Mahtab. Nur lückenhaft erinnert sich Saba daran, was am Flughafen in Teheran passierte, als ihre Mutter und Mahtab spurlos verschwanden. Erklärungen gibt es viele, die Zurückgebliebene aber sucht nach einer eigenen Wahrheit. Großartiges Debüt einer iranischen Exilantin.

Der englische Journalist Dan Kieran besteigt aus Angst kein Flugzeug. So entdeckte er die Kunst des gemächlichen Reisens.

LPT: Was ist der Unterschied zwischen Reisen und Urlaub?

Kieran: Im Urlaub erkunden wir Dinge oder Orte, die wir schon kennen, zum Beispiel den Eiffelturm. Das gibt Sicherheit. Reisen ist unvorher-sehbarer. Es bedeutet, sich dem Ungewissen auszuliefern und findet außerhalb der Komfortzone statt.

Wie funktioniert "Slow Travel"?

Vergessen Sie Zeitpläne. Termine gehören in die Arbeitswelt. Im Urlaub geht's zu oft um fixe Routen, die man im Voraus festlegt. Um sich davon zu lösen, lassen Sie Uhr, Handy, Kamera und Reiseführer im Hotel und folgen Ihrem eigenen Rhythmus. Sie werden Landschaft, Sprache, Menschen und selbst das Licht anders wahrnehmen.

Was wäre eine gute Anfänger-Tour zum Üben des langsamen Reisens?

Gehen Sie einfach zu Fuß von zu Hause aus los, immer in eine Richtung. Sie werden viel Neues entdecken. Bei Sonnenuntergang fühlen sie sich wie ein Abenteurer und nehmen ein Taxi nach Hause.

Viele wünschen sich den perfekten Urlaub. Wird's erst spannend, wenn etwas schiefläuft?

Durchaus möglich. Unerwartete Ereignisse können zu einem unvergesslichen Moment führen.

Klavierspielend zeigte Davide Martello vor Monaten am Taksim-Platz in Istanbul, dass Kunst für einen Moment Frieden stiften kann. Umso schöner, dass immer mehr Werke türkischer Autoren ins Deutsche übersetzt werden. So auch der Erzählband des Istanbuler Autors Kadir Aydemir. Anspruchsvolle Gegenwartsliteratur in kleinen Storys, die um die Themen Liebe und Tod kreisen.

Ramsch und Kostbarkeiten wechseln auf dem Mauerpark Flohmarkt sekündlich den Besitzer. Der Platz zwischen Wedding und Prenz-lauer Berg wurde nach dem Fall der Mauer als Frei- und Erholungsfläche genutzt, im Sommer 2004 fand am Westrand dann der erste Trödelmarkt statt. Seitdem pilgern jeden Sonntag zwischen 8 und 18 Uhr Besucher aus aller Welt hierher und machen den Flohmarkt zu einem der beliebtesten Flecken Berlins. Ein Phänomen, dem der Fotograf Thomas Henk Henkel Gesichter geben wollte. Ein Jahr lang hat er stolze Käufer mit ihren Errungenschaften am Ort des Geschehens abgelichtet. Sein Foto-studio war ein schwarzer Pavillon, ausgestattet mit Holzhocker, Belichtungslampen und einem braunen Tuch als Hintergrund. Entstanden sind individuelle Porträts, jeweils nur mit wenigen Eckdaten zur Person und dem Trödelfund versehen. Aber auch ohne viele Worte erzählen Henkels Bilder Bände. Weitere Infos zum Markt findet man unter mauerparkmarkt.de.

Chaotisch, amüsant und liebenswert erzählen die deutsche Autorin und der schwedische Musiker, wie sie vor Bullerbü-Kulisse zwischen Preiselbeersaft und Zimt-schnecken zueinander gefunden haben. Lustiges Extra: Ein Mini-Glossar am Buchende beleuchtet nordische Bräuche wie "fika", die Kaffeepause.

"Ein Kultbuch in Bergsteigerkreisen!", "Das lustigste Buch, das Sie jemals lesen werden" - hoch gelobt ist die Satire über eine Gipfel-Expedition, bei der alles schiefgeht. Der Roman ist so kultig, dass sogar ein Berg in der Antarktis Rum Doodle getauft wurde. Zum Kaputtlachen!

Stadtporträts und amüsante Kulturstudien zur englischen Lebensart hat die Autorin bei ihrem Streifzug durch die Krimiwelt von Agatha Christie bis hin zu Minette Walters mitgebracht. Inspiriert zu einem typischen Wochenende mit Afternoon Tea und Cricket.

LPT: Lassen Sie uns über Ihre Polarsucht sprechen!

Uebel: Gern! Seitdem ich vor elf Jahren in der Antarktis war, will ich immer wieder in eisige Regionen reisen. Ich habe geradezu einen Polarfimmel entwickelt und treffe mich gern mit Gleichgesinnten.

Viele sehnen sich nach Sonne, Sie sind verrückt nach Eis. Wieso?

Eigentlich friere ich schnell, aber Kälte mit Spezialeffekten macht mir nichts. Ich liebe die Leere, die Stille und Weite des arktischen Eises sowie extreme Gegenden, die bisher nicht viele Menschen zu sehen bekommen haben.

Was hat Sie an der Nordwest-passage von Grönland bis zu den Aleuten gereizt?

Historische Berichte von Abenteurern wie Roald Amundsen haben mich zu dem Seeweg inspiriert, der ein Lebenstraum vieler Reisender ist. Ich muss nicht zum Südpol fahren, um zu sagen: I dit it! Einsame Regionen zu bereisen, macht glücklich. Die Route ist angeblich erst zwei Mal mit einem Kojencharter erkundet worden.

Sie segelten drei Monate lang mit bis zu elf Menschen an Bord. Hatten Sie einen Lagerkoller?

Nein, ich war nur zwei Mal für zehn Minuten leicht gereizt. Es fühlte sich an Bord nach Familie an.

Für wen eignet sich so eine Reise?

Man muss beseelt von Abenteuern sein. Unsere Gruppe war gemischt – vom Schweizer Lehrer bis zur amerikanischen Lebenskünstlerin.

Haben Sie etwas vermisst?

Nein, im Gegenteil: Ich genieße es immer, wenn sich das Leben so weit komprimiert, dass man spürt, was wirklich wichtig ist. An Bord habe ich übrigens zum ersten Mal  Joghurt aus Milchpulver selber gemacht. Und der Kapitän hatte leckere Haferkekse auf Lager.

Woran liegt es, dass es mehr männliche als weibliche Abenteurer gibt?

Frauen zweifeln eher an sich. Ich habe mal eine Grönland-Durchquerung abgesagt, weil ich glaubte, ich würde die Expedition gefährden. Ein Mann denkt anders. Wenn er hinter der Gruppe abfällt, fragt er: Wieso gehen alle so schnell?

Lange Zeit galt der Stadtteil Wilhelmsburg in Hamburg-Mitte als Krisenkiez mit hohem Migrantenanteil. Durch Bauausstellung (IBA), Gartenschau (igs, s. o.) und neue Cafés wird das Gebiet südlich der Elbe jetzt touristisch attraktiv. Die originelle Hamburger Stadtteilreihe des Junius-Verlages nimmt das Viertel ins Visier: Auf fünf Spaziergängen und einer Radtour erkundet man die Heimat des Soldaten Gorch Fock, entdeckt das Kunst- und Kreativzentrum in den Veringhöfen und probiert sich durch trendige Lokale im Reiherstiegviertel. Übrigens: Vom 16. bis 18. August trifft sich hier das junge Szenevolk auf dem Musikfestival Dockville (msdockville.de).

Blumenfans werden dieses Buch lieben: 1799 gab der Mediziner und Pflanzenfreund Robert John Thornton Illustrationen von Gewächsen bei Malern in Auftrag. Diese versammelt nun der neue Bildband „The Temple of Flora“. Da staunt man beim Blättern über farbenprächtige Blütenkelche und Schönheiten wie die hellgelb blühende Kakteenart Königin der Nacht. Also: Ab in die Botanik!

In nahezu allen Ländern dieser Welt drücken Menschen in Graffiti ihr Lebensgefühl, ihre Sorgen, Wünsche und Träume aus. Nicht selten spiegeln diese aufgesprühten Kunstwerke die Seele eines Landes wider. Mehr als 500 Fotografien solcher Kunstwerke brachten Frédéric Soltan und Dominique Rabotteau von ihrer zwei Jahre dauernden Reise durch Europa, Afrika, Amerika und Asien mit. Die besten versammeln sie nun in einem Bildband. Dazu gibt es Zitate und Original-Textauszüge politischer Reden. Besonderer Bonus: Drei Musik-CDs liegen dem „earBook“ bei. Die Songs sind thematisch auf die Grafitti abgestimmt und vertiefen das Gefühl dafür, was die Menschen bewegt.