AustralienMelbourne von oben

© Ed Norton
© Ed Norton

Wie ein Fotograf die australische Stadt aus einer völlig neuen Perspektive erlebte.

 

Es gibt wenige Metropolen auf der Welt, die man in einem Heißluftballon überqueren kann. Als Ed Norton im letzten Winter sechs Monate in der Hauptstadt des Bundesstaates Victoria verbrachte, begann kaum ein Morgen ohne den Anblick zahlreicher Ballons, die über die Skyline flogen. Eines Tages erfüllte er sich selbst den Traum und schwebte bei Sonnenaufgang elegant über Melbournes Dächer.

 

Der Tag begann lange vor Sonnenaufgang. Die Teams entfalteten die Ballons und begannen sie aufzublasen, während die Sonne langsam ihre Anwesenheit bekannt gab und dem Himmel ein sanftes Leuchten verlieh. Die Körbe sind groß genug für 16 Personen und so unterteilt, dass jeder einen eigenen Platz hat. Da sich die Ballons drehen, gibt es nicht wirklich einen besseren Standort – es sind alles perfekte Aussichtspunkte. Nach ein paar Stößen aus den Brennern begann sich der Boden langsam zu entfernen. Etwas, das mein Gehirn anfangs nur schwer nachvollziehen konnte. Es fühlte sich so an, als stünde ich am Rand eines Gebäudes und als versinke die Welt im Zeitlupentempo unter mir. Bevor ich es begriff, waren wir mehr als hundert Meter hoch, mit einem unglaublichen 360-Grad-Ausblick.

 

Wir trieben nach oben und unten, um die Windströme abzufangen, die uns zu den Wolkenkratzern des Geschäftsviertels CBD bringen würden. Wir tasteten uns näher heran und überflogen die betriebsamen Schnellstraßen, auf denen Menschen unterwegs zur Arbeit waren. Eine dicke, dunkle Wolke schob sich vor und bedeckte das Licht der Sonne. Das steigerte nur noch den Gänsehaut-Faktor, als ich sogar die Gesichter der Leute hintern den Fenstern der Wolkenkratzer erkennen konnte. Ich hatte vor dem Flug bereits Fotos und Videos gesehen, aber mir war nicht klar, wie dicht wir herankommen würden. Ich glaubte, die Hand ausstrecken und diese massiven Gebäude berühren zu können.

 

Wir bewegten uns weiter über den Fluss Yarra hinweg und schließlich über den Queen Victoria Garden, von wo aus wir einen perfekten Ausblick über alle Stadien hatten, einschließlich des riesigen Melbourne Cricket Grounds mit seinen 100.000 Sitzplätzen. Von dort bereiteten wir die Landung vor. Beinahe berührten wir die Spitzen der Dächer der nördlichen Vorstädte. Mir ist vorher nicht aufgefallen, wie akkurat die Stadt gestaltet war. Es gibt ein paar Straßen, die aussehen wie der Filmset der Ramsay Street aus der Seifenoper „Nachbarn“.

 

Einen geeigneten Landeplatz zu finden war ein Ereignis für sich. Wir glitten nach unten auf das kleine Stück Grün zu und ich dachte: „Keine Chance, dass wir da hineinpassen, dieser Ballon ist riesig!“ Aber die Piloten wussten natürlich, was sie taten, und wir erreichten mit einer Bilderbuch-Landung mühelos den Boden.

 

Nachdem wir zusammengepackt hatten, war es Zeit für ein Champagnerfrühstück. An diesem Punkt kam ich zu folgender Schlussfolgerung: Von jetzt an will ich nur noch im Ballon unterwegs sein und Schampus zu mir nehmen, bevor ich den Tag starte. Jawoll!

 

Text & Fotografie: Ed Norton

 

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