Zurück zur NaturAcht spannende Renaturierungsprojekte in Europa

Bisons, Wölfe, Bären und Adler - wer wildlebende Tiere beobachten möchte, wird von diesen spannenden Renaturierungsgebieten begeistert sein.

 

Es war einmal, dass jeder eine echte Wildnis oder zumindest ursprüngliche Natur vor der Haustür hatte. Bereits seit der Industrialisierung wurde die wildlebende Tierwelt systematisch immer weiter zurückgedrängt und die meisten Menschen verloren allmählich ihre Verbindung zur natürlichen Welt. Die gute Nachricht ist, dass mittlerweile eine starke Wiederaufbaubewegung versucht, diesen Trend umzukehren, indem sie geplünderte Ökosysteme wiederherstellt oder ihnen Raum für eine natürliche Wiederherstellung gibt.

 

Die Bewegung ist besonders stark in einigen Teilen Europas, wo Arten wie Bisons, Biber und Wölfe jetzt in Regionen zurückkehren, aus denen sie einst vertrieben wurden. Wir haben sieben der aufregendsten Renaturierungsprojekte zusammengestellt, an denen Reisende die Faszination ursprünglicher Natur wiederentdecken können.

 

1. Knepp, England

Knepp war ein intensiv bewirtschafteter Bauernhof mit den üblichen Nutztieren landwirtschaftlicher Betriebe. Dann beschlossen seine Besitzer eines Tages, etwas Radikales zu tun: nichts. Sie ließen einfach die natürliche Fauna und Flora das Land zurückerobern. Heute ist das savannenähnliche Anwesen in West Sussex zu einer Brutstätte außergewöhnlicher Vielfalt geworden. Darunter befinden sich zahlreiche Arten, die längst aus anderen Teilen Großbritanniens verschwunden sind, wie die Turteltaube, die Nachtigall und der Kuckuck.

 

Inzwischen ist Knepp ein Musterbeispiel an Diversität und hat einen außergewöhnlichen Spagat geschafft: Neben frei lebenden Kühen und Schweinen ist der Hof nun auch berühmt für seine Wildtiersafaris.

 

2. Fluss Tay, Schottland

Die Rückkehr des Bibers nach Schottland war umstritten, da die Landwirte behaupteten, die baumnagenden Tiere hätten ihr Land beschädigt. Wissenschaftler glauben jedoch, dass ihre Rückkehr zum Fluss Tay in Perthshire ein Segen für die biologische Vielfalt war und dazu beigetragen hat, Überschwemmungen zu reduzieren.

 

Die fleißigen Biber haben nicht nur im Wald gearbeitet, sondern auch neue Attraktionen für den Tourismus geschaffen. Besucher können an Biber-Kanusafaris und Wandertouren teilnehmen, bei denen sich auch Fischadler, Eichhörnchen und Rotwild entdecken und beobachten lassen.

 

3. Donaudelta, Ukraine / Rumänien / Moldawien

Das Donaudelta ist das größte Feuchtgebiet Europas und UNESCO-Weltkulturerbe, besonders berühmt ist es für seine artenreiche Vogelwelt. Jetzt wird die Region durch Rewilding Europe noch weiter aufgewertet.

 

Die Organisation hat wieder Wasserbüffel und Konikpferde eingeführt, um das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen. Das Besondere an diesen Tieren ist, dass sie das Land besonders dort beweiden und düngen, wo Kühe und Schafe nicht angesiedelt werden können, weil der Boden zu feucht ist. Auch die geografische Ausdehnung des Donaudeltas ist spannend - es liegt in der Grenzregion zwischen der Ukraine, Rumänien und Moldawien.

 

4. Karpaten, Rumänien

Das Bison ist nach einem weiteren erfolgreichen Wiederansiedlungsprogramm von Rewilding Europe zurück in den rumänischen Karpaten. Dutzende der zotteligen Tiere durchstreifen jetzt wieder die Region und schaffen dank ihrer unersättlichen Beweidung neue Möglichkeiten für andere Arten, sich zu entfalten. Das ist nicht nur ein Segen für die Natur. Auch die Einheimischen profitieren von dem sich damit entwickelnden Wildtier-Tourismus. Aber die Karpaten sind nicht nur die Heimat der zurückgekehrten Bisons. In der weiten, vielfältigen Gebirgslandschaft leben auch Wölfe, Luchse und Bären.

 

5. Coa Valley, Portugal

Durch die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Städte sind Teile des portugiesischen Coa-Tals perfekt geeignet für die Rückkehr der Natur und mit ihr einer Reihe von Wildtieren, die dort längst Geschichte waren. Während die Landwirtschaft mit ihrem Nutzvieh in großem Stil die Ebenen verlässt, versuchen Naturschützer, auf den ehemaligen Weideflächen wieder Bullen und Wildpferde einzuführen. Mit dieser Rückführung soll die Landschaft in ihrer Ursprünglichkeit wiederhergestellt werden, um sie für Arten wie den Iberischen Luchs wieder attraktiv und bewohnbarer zu machen.

 

Inzwischen wurden eine Reihe von Safari-Camps im afrikanischen Stil mit freundlicher Genehmigung der European Safari Company eingerichtet. Die zunehmende "Verwilderung" der Region, in der sich auch prähistorische Höhlenmalereien befinden, lockt zahlreiche Besucher an.

 

6. Lappland, Schweden

Das schwedische Lappland, das als "Europas Alaska" bezeichnet wird, ist mit seinen glitzernden Gletschern, samischen Rentierhirten und wilden Wölfen bereits ziemlich „wild“ und abenteuerlich. Es gibt jedoch darüber hinaus eine Reihe von Wiederaufbauprojekten, einschließlich der Renaturierung von Flüssen, um schädliche zivilisatorische Einflüsse rückgängig zu machen.

 

Die Organisation Rewilding Lapland kämpft auch dafür, alte Wälder vor Bergbau und anderen zivilisatorischen Bedrohungen zu bewahren. Dabei kooperiert die Organisation mit samischen Kommunen, um Wildtierbeobachtungs-Safaris und Öko-Campingplätze anzubieten und so auch für die Gemeinschaft attraktive Arbeitsplätze zu schaffen.

 

7. Rodopi-Gebirge, Bulgarien

Eines der Vorzeigeprojekte von Rewilding Europe ist im bulgarischen Rodopi-Gebirge angesiedelt, wo Rot- und Damwild freigelassen werden, um "den Kreislauf des Lebens zu schließen". Das bedeutet mit anderen Worten: Nahrung für die letzten Geier bereitzustellen.

 

Weite Steppen und dichte Wälder bieten Besuchern der Bergregion neben Wanderurlaub und Wildbeobachtungen inmitten der ungewöhnlichen Felsformationen im Winter auch die Möglichkeit zum Skifahren. Die traditionellen bulgarischen Bergdörfer sind ebenfalls einen Besuch wert.

 

8. Lausitz, Deutschland

Auch in Deutschland gibt es ein faszinierendes Vorzeigeprojekt in Sachen Renaturierung. Das schwarze Herz Ostdeutschlands ehemaliger Lausitzer Kohlegruben wird Schritt für Schritt in das größte künstliche Seengebiet Europas verwandelt. Viele der neu entstandenen Seen dienen der Erholung, einige sind jedoch für die Natur reserviert.

 

In den postindustriellen Landschaften der Lausitz gibt es weite, savannenartig anmutende Ebenen, von denen einige der Natur zur Rückgewinnung überlassen wurden. Aus den alten Gruben kann man heute Wölfe heulen hören - den Schlachtruf der Natur, wenn sie das Land zurückerobert. Die Region bildet auf diese Weise eine schöne Metapher für den notwendigen, aber schwierigen Übergang der Menschheit von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu einer auf Nachhaltigkeit bedachten Zukunft.

 

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Original-Artikel: Gavin Haines/Lonely Planet international

Deutsche Fassung: Ines Wagner

 

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