Auf der ganzen Welt verstreut liegen versunkene Städte, die von ehemals blühenden Kulturen erzählen. Warum ein Besuch lohnt.
Sie sind durch Kriege, Naturkatastrophen und kosmische Ereignisse verschwunden, oder einfach, weil sie ausgedient hatten: Weltweit erzählen die Überreste versunkener Städte und Siedlungen lebhafte Geschichten ihrer einstigen Kulturen. Sie waren über die Jahrtausende von Sand, Asche und Erde bedeckt, wurden von Grabräubern geplündert, von Archäologen behutsam geborgen oder gar erst kürzlich entdeckt. Wir stellen die spannendsten von ihnen vor.
Palenque liegt am Fuße des Chiapas-Gebirges im Südwesten Mexikos und gilt als eine der faszinierenden Schatzkammern der Archäologen. Die Stadt scheint mindestens bereits 100 Jahre vor Christus existiert zu haben. Fünfhundert Jahre später wurde Palenque zu einem wichtigen Machtzentrum der Maya, um das sich zahlreiche Mythen und Legenden ranken: Kinderkönige, Invasionen, Enthauptungen, Intrigen vor Gericht und schließlich die Aufgabe der Stadt, für die man noch heute keine sichere Erklärung hat. Im Dschungel von Palenque herrscht tropisches Regenwaldklima - Sonnenschutzmittel, Insektenschutzmittel und viel Wasser sollte man unbedingt dabei haben.
Das sagenumwobene Babylon wurde im heutigen Irak um 2500 vor Christus besiedelt. 500 Jahre später wurde die Stadt zu einem wichtigen Zentrum der mesopotamischen Welt. Hammurabi, der erste König des babylonischen Reiches, machte es zu seiner Hauptstadt. Die Metropole wurde im 6. Jahrhundert vor Christus von den Assyrern zerstört und im 2. Jahrhundert nach Christus, nach dem Tod Alexanders des Großen, ließ man sie vollständig verfallen.
Die Ruinen von Babylon erzählen heute von ihrer biblischen Vergangenheit, insbesondere der große Turm von Babel und die hängenden Gärten der Semiramis, die zu den sieben Weltwundern zählen. Babylon liegt etwa 85 Kilometer südlich von Bagdad.
Zerbröckelnde Steintempel im Pythongriff von Schlingpflanzen aus dem Dschungel, ein Aufblitzen kurkumafarbener Gewänder, die in den Nischen antiker Tempelgebäude verschwinden - in Angkor herrscht eine verzauberte Stimmung. Kein Wunder, dass es von vielen Touristen besucht wird. Aufgrund seiner Größe verlaufen sich die Besucherströme jedoch gut auf dem Gelände und es finden sich leicht Orte, an denen man in Ruhe der Geschichte nachspüren kann.
Die Metropole war einst riesig. Neue Untersuchungen deuteten darauf hin, dass sie mehr als 3.000 Quadratkilometer umfasste. Erbaut wurde Angkor von einer Reihe von Khmer-Königen von 900 bis 1200 nach Christus als Hauptstadt des Khmer-Reiches. Die Bevölkerung betrug fast eine Million Einwohner. Es wird vermutet, dass der Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf die Wasserversorgung dazu führte, dass die Stadt vor etwa 500 Jahren verlassen wurde. Angkor liegt 20 Minuten nördlich von Siem Reap. Geführte und selbständige Touren können problemlos vor Ort arrangiert werden.
Dunwich im heutigen Suffolk war eine Stadt voller Glanz, ein wichtiger Seehafen und eine der größten Städte im mittelalterlichen Großbritannien. Einst soll es die Hauptstadt von East Anglia gewesen sein. Dunwichs Verhängnis wurde, dass es auf Sand gebaut war. Im späten 13. Jahrhundert brach ein verheerender Sturm herein, der einen Großteil der Stadt innerhalb weniger Stunden zerstörte. Bevor man "verfluchte Stadt" überhaupt ausgesprochen hatte, waren nur noch wenige Hütten übrig geblieben. Tatsächlich vergingen noch einige hundert Jahre, bis die Stadt gänzlich ins Meer rutschte. Es gibt zahlreiche Geschichten über verwunschene Strände entlang der Küste. Bei Ebbe soll man sogar das gedämpfte Läuten der Kirchenglocken unter den Wellen hören. Das Dunwich Museum zeigt eine maßstabsgetreue Nachbildung der Stadt in ihrer Blütezeit - vor der Küstenerosion.
Wie das nahe gelegene Pompeji ging auch Herculaneum 79 nach Christus bei einem Ausbruch des Vesuv in einem Strom aus Lava und Asche verloren. Die Stadt der aristokratischen Oberschicht, in der Mitglieder der kaiserlichen Familie lebten, wurde vor etwa 300 Jahren freigelegt und ist nach wie vor eine Fundgrube für Archäologen. Der pyroklastische Strom verkohlte alles, konservierte jedoch die Strukturen und auch menschliche Körper.
Zu den erstaunlichsten Funden zählen Hunderte karbonisierter Schriftrollen aus der Bibliothek der Villa dei Papiri, der luxuriösesten Villa der antiken Metropole, die dem Schwiegervater von Julius Cäsar gehörte. Es sind die einzigen Texte aus einer antiken Bibliothek, die bis in die Neuzeit erhalten geblieben sind. Von Neapel aus erreicht man die Stadt in 25 Minuten mit dem Circumvesuviana Zug.
Darwin entstand, wie viele tausend Städte im Amerika des späten 19. Jahrhunderts, in den Jahren des Goldrausches. In diesem Fall war es allerdings Silber. Und wie viele dieser Glückssucher-Orte verfiel die Stadt nur vier Jahre nach ihrer Besiedlung im Jahr 1878 bereits wieder, als die Goldsucher zum nächsten Fundort weiter zogen. Darwin wurde im frühen 20. Jahrhundert wiederbelebt, als Kupfer zur wichtigen Handelsware wurde. Und vereinsamte bald darauf wieder. Wenn man heute auf einen "Bewohner" stößt, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit nur Tumbleweed, mit dem der Wüstenwind spielt.
Der Rand des Death Valley in Kalifornien bietet das geeignete Setting, um die Überreste einer Geisterstadt im Wilden Westen zu durchstreifen. Es gibt nur eine einsame Straße nach Darwin, die vom State Highway 190 abzweigt, 75 Kilometer südwestlich von Stovepipe Wells.
Die prähistorischen Ruinen in Orkney sind eher ein Dorf als eine Stadt. Sie stammen aus einer kleinen bäuerlichen Siedlung, die über 5.000 Jahre alt ist. Skara Brae wurde 1850 entdeckt, nachdem ein starker Sturm die Steinreste enthüllt hatte. Ausgrabungen und weitere Stürme zeigten, dass das Dorf einst mindestens acht Steinhäuser mit Betten, Herdstellen und sogar Vorratsregalen hatte. Es scheint, dass die Erosion das Dorf näher an das Meer gebracht hat, bis es verlassen und vier Jahrtausende lang im Sand verborgen war.
Heute bedroht die Erosion das Gelände weiterhin. Besuche im Winter hängen von den Wetterbedingungen ab. Orkney ist durch Fähren und Flüge, von denen einige saisonabhängig sind, mit dem Festland verbunden.
Taxila (oder Takshashila) wurde um das 7. Jahrhundert vor Christus von einem indischen König gegründet - also eine von drei heute "verlorenen" Städten. Die erste wurde auf einem Hügel gebaut, der später als Bhir Mound bekannt wurde. In politischen Wirren und Intrigen alttestamentarischer Ausmaße ging die Stadt an ein neues Taxila verloren.
Es wurde von griechischen Invasoren erbaut und erlebte eine wichtige Zeit in der Welt der Philosophie und der Künste. Die Stadt und ihre Bedeutung wurde noch ausgebaut, als die Kushans Taxila den Namen Sirsukh gaben und neu gründeten. Schließlich wurde die Stadt im 6. Jahrhundert an die Hunnen verloren, die sie zerstörten und in Trümmern zurück ließen. Der heutige Standort liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Islamabad. Das Taxila Museum zeigt anhand unzähliger Exponate die komplexe Geschichte dieser einst so großen Stadt.
Es reicht offensichtlich nie aus, wenn eine große Stadt nur einmal zerstört wird. Nach 900 Jahren Machtausübung in Nordafrika und Südeuropa erlag Karthago dem Zorn des Römischen Reiches. Das befand sich im Krieg mit dem berühmtesten Sohn der Stadt: Hannibal, der mit seinen Elefanten die Alpen überquert hatte und vor den Toren Roms stand. Später von den Römern wieder aufgebaut und zu neuem Ruhm erhoben, befand Karthago sich erneut im Spannungsfeld und wurde schließlich von arabischen Muslimen zerstört, die ihren eigenen Kontrollbereich erweiterten.
Heute kann man am Stadtrand von Tunis die zerfallenen Überreste römischer Bäder, Tempel und Villen besichtigen. Die Verkehrsanbindung an die Hauptstadt Tunis ist ausgezeichnet. Karthago liegt nur 15 Kilometer nördlich von Tunis. Zahlreiche Tagesausflüge werden angeboten.
Wohin in der Welt? Das Buch "Ultimative Reiseziele: Die Top-500-Liste von Lonely Planet" inspiriert dich sicherlich. Schau es dir doch hier einmal an.
Original-Artikel: Lonely Planet international
Deutsche Fassung: Ines Wagner