Für die meisten Besucher ist die Hauptstadt von Goa, Panaji, nicht viel mehr als ein günstiger Verkehrsknotenpunkt, dabei hat diese bezaubernde Stadt ihr portugiesisches Erbe auf eine lebendige, lässige Weise bewahrt und strahlt eine Atmosphäre aus, die eher ans Mittelmeer als an Indien erinnert. Gäbe es da nicht das Gedränge am Busbahnhof, das charakteristische Gewimmel von Motor-Rikschas und die Tatsache, dass die Brücke über den Mandovi in den letzten neun Jahren schon zweimal einstürzte, könnte Panaji irgendeine verschlafene Provinzstadt auf der iberischen Halbinsel sein. Es weist all die vertrauten mediterranen Merkmale auf - von den engen Kopfsteingassen, pastellfarbenen Terrassen und blumengeschmückten Balkonen bis zu den mit Terrakotta-Ziegeln gedeckten Dächern, weiß getünchten Kirchen und jenen kleinen Bars und Cafes, in denen sich das gesellschaftliche Leben Portugals abspielt.
Das alte Viertel Fontainhas ist die stimmungsvollste Gegend für einen Bummel. Hier findet sich die Kapelle des Hl. Sebastian mit einem auffallenden Kruzifix, das ursprünglich im Palast der Inquisition in Old Goa stand. Die 1541 geweihte Kirche der Unbefleckten Empfängnis, ist die Hauptkirche von Panaji. Hierhin begaben sich gerade eingetroffene Matrosen aus Portugal, um für die sichere Überfahrt zu danken. Es lohnt sich, eine Bootsrundfahrt auf dem Mandovi River zu unternehmen, aber man sollte versuchen, den Kapitän davon abzubringen, unter den Brückenbogen Zeit zu vertrödeln, um die indische Ingenieurskunst bewundern zu lassen.
Old Goa, die zweite Hauptstadt der Adil Shahi-Dynastie von Bijapur, soll als spätere Hauptstadt der Portugiesen in ihrer Pracht einst Lissabon Konkurrenz gemacht haben. Heute sind nur noch ein halbes Dutzend eindrucksvoller Kirchen und Kathedralen sowie das Fragment eines Portals erhalten. Die Bevölkerung fiel Cholera- und Malaria-Epidemien zum Opfer, Monsunregen erodierten den Boden und Kletterpflanzen ergriffen Besitz von den Mauern, so dass von der einst pulsierenden Stadt mit über 100 000 Einwohnern nicht viel mehr als eine Hand voll imposanter architektonischer Relikte übrig geblieben sind.
Old Goa ist aber noch immer das spirituelle Zentrum des christlichen Goa. Sein berühmtestes Bauwerk ist die Jesus-Basilika, die das Grab und die sterblichen Überreste des heiligen Franz Xaver enthält, der das Christentum in weiten Teilen Südostasiens eingeführt haben soll. Ebenfalls von Interesse ist das Kloster und die Kirche des Hl. Franz von Assisi, die mit vergoldeten Holzschnitzereien, Wandmalereien, die Szenen aus dem Leben des Heiligen darstellen, und einem im Wesentlichen aus Grabsteinen zusammengesetzten Boden geschmückt ist. Die größte Kirche ist die portugiesisch-gotische Se Cathedral aus dem Jahre 1562, die die so genannte "Goldene Glocke" beherbergt. Deren volltönendes Läuten ist dreimal täglich zu vernehmen. Zu weiteren Sehenswürdigkeiten gehören die Kirche St Cajetan, die nach der Peterskirche in Rom gestaltet wurde, und die Kapelle des Hl. Antonius. Dagegen ist nicht ein einziges weltliches Bauwerk erhalten - wenn da nicht der liebe Gott seine Hand im Spiel hatte...!
Auf den ersten Blick scheinen die Menschen, die es an den Strand von Anjuna im Norden Goas zieht, ein bunt gemischter Haufen zu sein. Doch sind die Hippies, Künstler, Spinner und vermutlichen Ex-Materialisten, die hier zusammenkommen, (wenn auch locker) durch einen gemeinsamen Öko- und Esoterik-Ansatz miteinander verbunden. Anjuna ist in ganz Goa für seinen Flohmarkt am Mittwoch berühmt und strahlt eine unleugbar reizvolle, wenngleich etwas schäbige Atmosphäre aus. Hier kann man gut eine Weile bleiben, Freundschaften schließen und sich bei Sonnenuntergang heiteren Gedanken hingeben. Bei Vollmond finden die berüchtigten Partys statt. Wer gern bacchantischen Genüssen frönt, kommt hier auf seine Kosten. Kaum jemand gerät über den Hauptstrand ins Schwärmen, dagegen lohnt es sich, zu dem kleinen geschützten Sandstreifen in South Anjuna zu laufen, wo sich die Langzeitgäste der Gegend treffen.
Dies ist ein faszinierender Abschnitt der goanischen Küste, der erholsamer ist als Anjuna. Er bietet ein Meer von Kokospalmen und das ungewöhnliche Dorf Chapora, eher eine eigenwillige Bauerngemeinde als ein Fischerdorf, der gleichzeitig als Ferienort dient. Das Dorf liegt der Mündung des Chapora River und wird von einem Felsenhügel mit einem gut erhaltenen portugiesischen Fort überschattet. Im nahe gelegenen Vagator gibt es kleine Sandbuchten, hübsche Strände und Felsenklippen. Man muss darauf gefasst sein, dass indische Busgesellschaften hierherkommen, um westliche Touristen beim Sonnenbaden zu beäugen. Außerdem kann es passieren, dass die Polizisten einen mit Argwohn betrachten und nach Drogen durchsuchen, falls man den Fehler begeht, ihnen zu erzählen, dass man in Chapora übernachtet.
Der Strand von Calangute war einst der Hippie-Treffpunkt, wo pujas (Hindu-Reinigungsriten), ganja, von Drogen benebelte Musiker und andere verlorene Künstlerseelen im Mittelpunkt standen - ein Strand für Sinn suchende, experimentierfreudige Freaks, denen ihre modernen Nachfolger à la Leonardo di Caprio nicht das Wasser reichen können. Aber all jenen, die immer noch auf der Suche nach der "Revolution" oder nach einem gelegentlichen nackten Gruppenvergnügen sind, sei gesagt, dass Calangute nicht mehr das Hippie-Eldorado ist. Die Einheimischen, die früher spottbillig Zimmer in ihren Häusern vermieteten, haben profitablere Erwerbsquellen gefunden, und der Ort hat sich zum Zentrum des rasch expandierenden goanischen Pauschaltourismus gewandelt.
Calangute zählt nicht einmal zu den schönsten Stränden Goas: Es gibt kaum Palmen, der Sand ist mit rotbrauner Bleicherde verunreinigt und der Strand fällt sehr steil ins Meer ab. Dafür kann man hier viel unternehmen, besonders, wenn man nichts dagegen hat, eine kleine Rolle in dieser Parodie über den Sinn des Reisens zu spielen. Man sollte versuchen, die ausgetretenen Pfade zu verlassen, sofern man nicht eine Pause braucht, um sich von den Strapazen der Reise zu erholen, oder sich unter die Michaels und Sandras dieser Welt mischen möchte, die nach Indien gekommen sind, um ihre Bräune über den Winter zu retten.