Ganze Horden von Touristen fotografieren sich im Sommer ihren Weg durch die Niederlande. Auch im Frühling lohnt ein Besuch, denn er ist die Saison der Blumen: Im April blühen ganze Meere voller Osterglocken, im Mai die Tulpen. Wer die Chance hat, am Koninginnedag (30. April) in Amsterdam zu sein, sollte sich dieses Ereignis keinesfalls entgehen lassen. Regen lässt sich nur schwerlich vermeiden, die Niederschläge verteilen sich gleichmäßig über das ganze Jahr. Im Winter kann es zwar schneidend kalt werden, aber dafür sind die Museen wie ausgestorben und wenn alles zufriert, kann man auf Kanälen und Seen toll Schlittschuh laufen.
Zahlreiche berühmte Maler stammen aus den Niederlanden, angefangen mit Hieronymus Bosch, dessen religiöse Arbeiten des 15. Jahrhunderts von Angst, entstellten Wesen und Todesqualen erleidenden Menschen geprägt sind. Rembrandt schuf mit seinem beispiellosen Einsatz von Licht und Schatten schillernde religiöse Szenen und führte die historischen Künstler des Goldenen Zeitalters an. Frans Hals und Jan Vermeer waren die zeitgenössischen Meister der Porträtmalerei und der Alltagsszenen - zwei revolutionäre Themen, die zunehmend an Popularität gewannen, weil der Einfluss der Kirche als Schirmherrin der Kunst abnahm. Obwohl Vincent van Gogh (1853-1890) große Teile seines Lebens in Belgien und Frankreich verbrachte, betrachten ihn die Holländer entschieden als einen der ihren. Seine frühen Arbeiten, inklusive des düsteren Gemäldes "Die Kartoffelesser", schuf er in seinem Heimatland, aber in seinen späteren impressionistischen Arbeiten war der Einfluss französischer Künstler deutlich spürbar. Einige Zeit später initiierte Piet Mondriaan die kubistische De Stijl-Bewegung und im letzten Jahrhundert staunte man über die Werke von Maurits Escher.
Niederländisch (Holländisch) ist eine westgermanische Sprache, die weltweit von rund 25 Millionen Menschen gesprochen wird. Sie ist nicht nur die Amtssprache der Niederlande, sondern wird auch in der nördlichen Hälfte Belgiens und einer winzigen Ecke im Nordwesten Frankreichs benutzt. Verständigungsschwierigkeiten treten nur selten auf, da die meisten Niederländer hervorragend Englisch und oft auch sehr gut Deutsch sprechen.
Die Niederländer machen köstliche Milchprodukte und süße Snacks, aber die traditionelle Hauptmahlzeit der holländischen Gastronomie fällt oft ein wenig schwer und sehr fleischlastig aus. Die großen indonesischen, chinesischen, surinamesischen, türkischen und italienischen Gemeinden bieten jedoch viele würzige Alternativen. Die Niederlande sind nicht unbedingt ein Paradies für Vegetarier, aber die meisten Restaurants haben zumindest ein fleischfreies Gericht auf der Speisekarte. Das nationale Fastfood sind Pommes Frites (frites) und wenn man frites met bestellt, bekommt man sie mit Mayonnaise. Das Hauptgetränk der Holländer ist Bier; sehr beliebt sind Doppel- und Dreifach-Bockbiere aus Belgien - Vorsicht! Genever (holländischer Gin) wird oft mit einem Bier nachgespült, die Kombination ist bekannt als kopstoot ("Kopfnuss").
Heutzutage weiß beinahe schon jedes Kind, dass in einigen niederländischen Geschäften nicht nur Tabak verkauft wird. Marihuana ist offiziell zwar nicht legal, aber die registrierten Cafés dürfen Gras, Hasch, fertig gedrehte Joints, Rauchutensilien und Samen verkaufen; auch Magic Mushrooms sind erhältlich. Dies bedeutet nicht, dass jeder Niederländer ein Kiffer ist - ganz im Gegenteil: Nur etwa 5% der Bevölkerung sind Konsumenten (weniger als in Frankreich, wo die Drogenpolitik wesentlich strenger ist) und es ist definitiv nicht angesagt, sich auf der Straße oder in einem Nicht-"Raucher"-Lokal einen Joint anzuzünden. Auch an harten Drogen herrscht kein Mangel, aber die Strafen sind ebenso empfindlich wie in anderen europäischen Ländern.
Obwohl die Holländer die niedliche Angewohnheit haben, alles was einen Ameisenhügel überragt, als Berg zu bezeichnen, sind die Niederlande in Wahrheit ein flaches, nasses Moor. Der größte Teil des Landes wurde im Laufe der Jahrhunderte dem Meer abgerungen und Deiche schützen die entwässerte Marsch. Mehr als die Hälfte Hollands liegt unter dem Meeresspiegel, nur in der südöstlichen Provinz Limburg findet man ein paar Hügel. Die Niederlande werden von der Nordsee, Belgien und Deutschland begrenzt. Der größte Fluss ist der Rhein: Er plätschert von den richtigen Bergen in der Schweiz und Deutschland herunter und verzweigt sich auf niederländischem Gebiet so sehr, dass beinahe jedes Gewässer auf dem flachen Land in irgendeiner Weise mit ihm zu tun hat.
Eines der schlimmsten Desaster traf das Land 1953, als eine hohe Springflut sich mit einem schweren Sturm zusammentat und die Deiche in der Provinz Zeeland einbrechen ließ - 1835 Menschen ertranken. Um sicherzugehen, dass sich eine solche Tragödie niemals wiederholen würde, rief man das Delta-Projekt ins Leben. Das immense Netzwerk aus Dämmen, Deichen und einer bemerkenswerten, 3,2 km langen Sturmflut-Barriere, die nur bei extremen Wetterbedingungen herabgelassen wird, blockiert heute die Flussdeltas des Südwestens und schützt die Region. 1995 führten die Niederländer die größte Zwangsevakuierung seit der Zeeland-Katastrophe durch, nachdem heftige Regenfälle in Frankreich und Belgien die Flüsse Meuse und Waal überflutet hatten. Etwa 240 000 Menschen wurden aus Gelderland, der Region rund um Nijmegen, fortgebracht, weil man befürchtete, dass die Deiche entlang der beiden Flüsse bersten könnten.
Das Wort Wildnis kennt man in den Niederlanden nicht. Dies ist Europas dicht besiedeltstes Land und gleichzeitig der bestorganisierte Ort auf der Welt. Der Städte-Ring im Westen - der u. a. Amsterdam, Den Haag und Rotterdam umfasst - zählt zu den am dichtesten bevölkerten Ballungsräumen der Erde und selbst außerhalb dieses Gebiets ist kein einziger Landstrich wirklich abgelegen. Oftmals geht eine Stadt direkt in die nächste über, verbunden durch Autobahnen und Fahrradwege. Ordentliche, flache, schlammige Felder und hübsche, harmlose Wälder fungieren als Puffer; es gibt sogar Plätze, wo über dem konstanten Dröhnen des Verkehrs ein Vogelgezwitscher zu hören ist.
In den Niederlanden herrscht ein gemäßigtes Meeresklima mit kalten Wintern und milden Sommern. Vor allem im Frühling und im Herbst kann es den ganzen Tag nieseln und manchmal scheint es, als würde der graue Schleier niemals mehr verschwinden. Aber weil die Niederlande so potteben sind, bläst der Wind mitunter blitzschnell die Regenwolken weg und lässt die Sonne erstrahlen.
Fahrradfahren ist die populärste Aktivität und die ebenen Fahrradwege werden auch gerne zum Inline-Skaten genutzt. In den nassen Provinzen Friesland und Zeeland erfreuen sich Windsurfen und Segeln großer Beliebtheit. Wenn es im Winter kalt genug ist, kann man auf den Kanälen lange Schlittschuh -Touren von Stadt zu Stadt unternehmen. Wadlopen ist eine ernsthafte Freizeitbeschäftigung - anstrengend und manchmal gefährlich. Dabei wandert man bei Ebbe durch Matsch, der mitunter bis an die Schenkel reicht. Groningen, im Norden, ist der beste Ausgangspunkt für solche Schlamm-Exkursionen.
Die Niederlande haben nur einen großen internationalen Flughafen: Shiphol, etwa 10 km südwestlich von Amsterdam. Euroliner-Langstreckenbusse verbinden Amsterdam mit den meisten europäischen Städten sowie mit Nordafrika. Euroliner und Citysprint-Busse verkehren auch über den Englischen Kanal nach Großbritannien, normalerweise durch Frankreich. Amsterdams Centraal Station bietet rasche und regelmäßige Zugverbindungen in alle benachbarten Länder, aber wenn man nicht gerade ein Eurorail-Ticket oder etwas Vergleichbares besitzt, sind Busse immer die billigere Variante.
Dank des gut ausgebauten Autobahnnetzes ist auch die Reise mit dem Auto oder dem Motorrad in die Niederlande einfach. Wer nach Großbritannien weiterreisen will, kommt mit der Autofähre deutlich günstiger weg als mit dem Tunnel-Shuttle, auch wenn dieser ein paar Stunden Reisezeit spart. Fähren verkehren zwischen Hoek van Holland und Harwich, GB; Europoort (bei Rotterdam) und Hull, GB; Ijmuiden (bei Amsterdam) und Newcastle, GB; sowie Ijmuiden und Kristiansand, Norwegen.
Die beste Art der Fortbewegung ist der Drahtesel. Fahrradwege verbinden die meisten Orte in den Niederlanden und die Landschaft ist wunderbar flach. Räder können an Bahnhöfen und von diversen Firmen in größeren Städten geliehen werden. Wer in Versuchung gerät, auf der Straße einen billigen Drahtesel zu kaufen, sollte sich bewusst sein, dass es sich zumeist um heiße Ware handelt und das Geld höchstwahrscheinlich direkt in den Venen des Verkäufers landet. Und in welchem Zustand auch immer die Pedale sein mögen, in die man tritt, man sollte das Fahrrad auf jeden Fall fest an ein unbewegliches Objekt anschließen. Die meisten Einheimischen benutzen zwei Schlösser, die in der Regel mehr wert sind als das Rad selbst.
Das Bus- und Bahnnetz ist zuverlässig, komfortabel, aber relativ teuer; Fahrräder können im Zug mitgenommen werden. Autofahren in den Niederlanden hört auf spaßig zu sein, sobald man die großen Autobahnen verlassen hat: Die Straßen sind eng, Parkplätze sind schwer zu bekommen und meist sehr teuer. Ein Pkw mit ausländischem Kennzeichen wirkt wie eine Einladung für Autoknacker, vor allem in Amsterdam - man sollte niemals etwas Wertvolles im Auto lassen! Und wer Holländer nach dem Weg fragt, wird bald merken, dass sie diesen zwar meist erklären können, aber eben nur per Rad - spätestens beim neunten Einfahrt-Verboten-Schild entwickelt man ein Gespür für diese kulturelle Eigenheit.
Amsterdam:
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