Die exotische Insel im Indischen Ozean ist eines der großen Sehnsuchtsziele der Erde. Hier leben Tiere und gedeihen Pflanzen, die man sonst nirgends zu Gesicht bekommt. Dazu gibt es episch schöne Landschaften, freundliche Bewohner und jede Menge abenteuerliche Erlebnisse.
Los geht es nahe Morondava, wo hoch aufragende Baobabs sowie possierliche Lemuren im Réserve Forestière de Kirindy etliche Fotomotive bieten. Danach durchstreift man die Steinwälder des Tsingy de Bemaraha und – auf der Suche nach Indris und Sifakas – den Regenwald des Andasibe Mantadia. Krönender Abschluss der Rundreise: eine Bootstour auf dem Pangalanes-Kanal.
Seit gut einer Stunde führt uns Jean-Baptiste auf einem Gewirr von Pfaden, von denen einer exakt so aussieht wie der nächste, durch den Wald. Ab und zu hält er an und deutet in Richtung irgendeiner bräunlichen Kreatur, die sich im Unterholz versteckt hält. Hier eine Schlange, die man leicht für einen Zweig halten könnte, dort eine mehr als faustgroße Schnecke. Während unser Guide die Tiere mühelos ausmacht, tun wir uns damit eher schwer. Doch nach allerhand wildem Gestikulieren ("Links neben der Astgabel, dann zwei Zweige tiefer, nein nicht so weit unten, etwas darüber") ist es endlich soweit: Wir erblicken unseren ersten Lemuren, ein Wieselmaki, das uns sein Teddybär-Köpfchen aus einem Loch im Baustamm entgegenstreckt und uns mit riesigen Kulleraugen interessiert anschaut. Nach dieser Primaten-Premiere im Réserve Forestière de Kirindy ist anscheinend der Knoten geplatzt. Denn schon wenige Meter weiter erspähen wir einen schwarz-weißen Seidensifaka, der sich elegant wie ein Zirkusartist über unseren Köpfen hinweg durch die Baumkronen schwingt. Ganz deutlich ist der Kopf eines Babys zu erkennen, das aus dem weichen Bauchfell der Lemurendame hervorlugt. Niedlich! Nur einige Minuten später lässt sich eine Rotbauchmaki-Familie durch Jean-Baptistes „Whoop-whoop“- Laute von einem Baum herunterlocken. Auch sie beäugt uns höchst interessiert. Acht verschiedene Lemurenarten sind in dem letzten immergrünen Laubwald der madagassischen Westküste zu Hause. Und das einzige Lebewesen des Landes, das sie fürchten müssen, ist das vom Aussterben bedrohte Fossa. Dem läuft bei ihrem Anblick das Wasser im Maul zusammen.
Drei dieser wie ein merkwürdiger genetischer Mix aus Katze, Hund und Wiesel aussehenden Raubtiere treffen wir wenig später in einem zum Reservat gehörenden Öko-Forschungscamp. Einer nach dem anderen krabbelt gähnend unter einer Hütte hervor, streckt sich und lässt sich gleich wieder träge im Staub nieder. In der Nähe von Menschen scheinen sich die graubraunen, gelbäugigen, auf Deutsch Frettkatzen genannten Tiere pudelwohl zu fühlen. Kein gutes Zeichen, findet Camp-Chef Mamy Ramparany. „Das Hauptproblem ist, dass ihr Lebensraum durch Abholzung mehr und mehr zerstört wird. Sie finden im Wald nicht mehr genug Nahrung“, so der Experte, während er niederkniet, um im Hohlraum unter der Hütte nach weiteren Fossa Ausschau zu halten. „Die größte Herausforderung, der sich Madagaskar in den nächsten Jahren stellen muss, ist es, einen Weg zu finden, wie die Menschen vom Wald profitieren können, ohne ihn weiter zu zerstören.“ Am Beispiel der Affenbrotbäume, die sich rund um Kirindy teils bis zu 30 Meter majestätisch in die Höhe recken, wird klar, wie schwierig diese Aufgabe zu meistern sein wird. Denn während die Gegend einst von einem dichten Wald sogenannter Bao - babs bedeckt war, findet man heute nur noch wenige Exemplare der beeindruckenden Mammutgewächse, die die Madagassen liebevoll Mütter des Waldes nennen. Was der Welt verloren gegangen ist, verdeutlicht die etwa 35 Kilometer südlich des Dorfes gelegene Baobab-Allee: Noch mehr als 20 dieser seltenen Bäume stehen durch eine Laune der Natur hier in Reih und Glied, einige von ihnen sind weit über 600 Jahre alt! Zu Beginn des Sonnenaufgangs sind die Baumriesen, die aussehen, als ob sie kopfüber stehen und ihre Wurzeln in den Himmel recken, noch von einem goldenen Nebelschleier eingehüllt. Als es langsam heller wird und der Verkehr Richtung Morondava dichter, erkennt man am Rande der Straße einige eingezäunte Felder, auf denen etwa 50 Zentimeter hohe, zarte Baobab-Triebe wachsen. Ermunternde Zeugen einer hoffentlich besseren Zukunft.
Text: Amanda Canning, deutsche Bearbeitung: Elena Rudolph, Fotos: Justin Foulkes
Den vollständigen Artikel mit Infos zu weiteren spannenden Inseln der Karibik finden Sie in der November-Ausgabe des Lonely Planet Traveller.