Wie beschreibt man Indien? Um nur einige Adjektive zu nennen: berauschend, abenteuerlich, verblüffend, verrückt, wundervoll, einschüchternd, laut und überwältigend.
Indien ist all das und noch vieles mehr. Genau genommen ist Indien eines der inspirierendsten, widersprüchlichsten und zugleich chaotischsten Länder der Welt. Deshalb ist eine gute Reisevorbereitung wichtig. Wir haben fünf Tipps zusammengestellt - für eine entspannte erste Abenteuerreise nach Indien.
Soviel vorweg: Indien hat gigantische Ausmaße. Es ist unmöglich zu schaffen, alles auf einer Reise anzusehen. Vielmehr ist es notwendig, sich über die eigenen Interessen Gedanken zu machen. Entscheidend ist auch der Zeitplan. Wie lange dauert die Reise und wie viele Stätten lassen sich realistischerweise in den Zeitraum hineinpacken? Statt das ganze Land kreuz und quer zu bereisen, empfiehlt es sich, den Süden oder Norden ins Auge zu fassen. Wer unbedingt beide Teile Indiens in einer Reise sehen möchte, kann von den reichlichen und günstigen Inlandflügen profitieren. Die im Lonely Planet Reiseführer vorgeschlagene Reiseroute kann dabei eine Hilfe sein. Für den Quickstart der Reiseplanung sind hier einige Routen zusammengestellt.
Die beliebteste Tour, Indien in kurzer Zeit kennenzulernen, ist das Goldene Dreieck. Bei knappem Zeitplan lassen sich die drei Top-Reiseziele Delhi, Agra und Jaipur in einer Woche bereisen. Die Tour startet in Delhi mit Sehenswürdigkeiten wie dem Grab Humayuns. Danach geht die Reise weiter nach Agra zum beeindruckenden Taj Mahal, dem Agra Fort und Fatehpur Sikri. Jaipur ist der nächste Programmpunkt, um die Pink City und das Fort Amber zu erkunden. Gefüllt mit unvergesslichen Eindrücken endet die Rundtour wieder in Delhi. Empfehlenswert ist ein Bummel über die wunderbaren Basare der quirligen Millionenstadt, bevor der Flieger zurück in Richtung Heimat startet.
Wer in Indien nach Tempeln sucht, wird überall fündig. In Nord- und Zentralindien kann es dank der Vielzahl sogar recht schwerfallen, sich für eine Auswahl zu entscheiden. Der beeindruckende Goldene Tempel steht in Amritsar. Die erotischen Darstellungen im Tempelbezirk von Khajuraho machen aus diesem eher unbekannten Ort einen echten Geheimtipp. Sie gehören zum UNESCO Weltkulturerbe, ebenso wie der Sonnentempel von Konark. Im kleinen Ort Ranakour befindet sich die üppigste Tempelgruppe der Jaina in Indien. Außerdem gibt es im farbenfrohen Rajastan und Gurjat Unmengen von verzierten Tempeln des Jainismus aus weißem Marmor. Die Tempel im Süden Indiens unterscheiden sich deutlich von denen im Norden. Hier fallen die hoch aufragenden, mit Statuen bedeckten Gopuram-Türme ins Auge. Atemberaubende Beispiele gibt es in Hampi, Madurai, Tiruchirappalli und Tiruvannamalai. Ebenfalls beeindruckend: Die Tempelhöhlen in Ajanta und Ellora und die Tempel auf Elephanta Island in der Nähe von Mumbai.
Von der 300 Jahre währenden Periode des großen Mogulreiches auf dem indischen Subkontinent zeugen noch heute faszinierende Prachtbauten. Fans der islamischen Architektur geraten garantiert in Delhi und Umgebung ins Entzücken. Dort befindet sich das prächtige Rote Fort, die Moscheen und Minarette des Qutb Minar Komplexes und das Grab Humayuns. In Fatehpur Sikri und Agra, der Heimat des Taj Mahal, gibt es weitere unzählige Bauten der arabischen Architektur. Jaisalmer, die atemberaubende Vision einer Wüstenfestung aus 1001 Nacht, befindet sich unter zahlreichen Mogulforts in Rajastan.
Zu den schönsten Stränden Indiens führt die Reise an der Küste entlang in den Süden. Der Girgaum Chowpatty Beach in Mumbai ist berühmt für seine Munch bhelpuri, einem Gericht aus Puffreis, Nudeln und grüner Mango. So gestärkt, geht die Tour weiter ins berühmte Goa. Arambol, Vagator und Palolem sind Goas Top-Strände. Für seine schwarzen Sandstrände Kovalam und Varkala ist Kerala berühmt. Wer einmal Kerala besucht, sollte auch die Backwaters bereisen, die weit verzweigten Wasserwege im Hinterland. Dabei geht es reizvoll über Flüsse, überwucherte Seen und durch schmale Kanäle. Im Hausboot oder Kanu scheint die Zeit still zu stehen, während sanft die Landschaft vorbeischaukelt. Ebenfalls traumhaft: Der Dal See in Srinagar in Kashmir, der je nach Sicherheitslage einen Besuch lohnt. Unvergesslich ist ein Blick aus dem Walnuss-Fensterrahmen eines traditionellen Hausboots aus Holz: Aus dem Nebel steigen die Berge hoch empor.
Die Chancen, einen Tiger zu sehen, stehen am besten in den Nationalparks Madhya Pradesh oder Rajasthan. Aber im Grunde gibt es in ganz Indien Reservate, in denen exotische Tiere beobachtet werden können. Wer Löwen sehen möchte, reist nach Sasan Gir und Gujarat. Nashörner lassen sich in Assam beobachten. Mit ihrer kolossalen Größe beeindrucken Elefanten in freier Wildbahn – sie sind beheimatet in Wayanad und Kerala. Ornitologen werden über die Artenvielfalt der reichen Vogelwelt in Bharatpur und Rajasthan staunen. Weniger Wildtiersafari, dafür sicher ein wildes und unvergessliches Abenteuer, ist ein Kameltrek durch die Wüste von Jaisalmer oder Bikaner in Rajasthan.
Der Norden Indiens mit seinen hohen Gebirgen ist ein Eldorado für Outdoorfans und Adrenalin-Junkies. Das Kullu Valley und die Hochregionen von Uttarkhand und Himachal Pradesh laden zum Skifahren und Wildwasser-Rafting ein. Ein großartiger Ausgangspunkt für Trekkingtouren ist die Bergstation Shimla. Auch das noch weiter nördlich gelegene Manali eignet sich als Startpunkt. Die ideale Saison beginnt nach dem Monsun im September und Oktober. Für die spektakuläre zweitägige Tour von Manali nach Leh in Ladakh ist Mitte Juni bis Mitte September die günstigste Zeit. Die Pilgerstadt Rishikesh ist nicht nur ein weiterer Top-Spot für Rafting. Dort starten auch zahlreiche Trekkingtouren wie der berühmte Pilgerweg zu den vier heiligen Bergtempeln im Garhwal-Gebirge. Auch Sikkim bietet Touren mit atemberaubenden Aussichten auf die schroffe Bergwelt.
Für Hindus ist Varanasi die heiligste Stadt Indiens. Tausende Gläubige kommen täglich an, um hier im Ganges zu baden und für Hindus es gilt als erstrebenswert in Varanasi zu sterben. Als Lohn winkt ihnen dann die Unsterblichkeit. Permanent liegt Rauch über dem Ganges, der von den vielen Einäscherungen herrührt. Doch Varanasi ist nur einer der Orte, der Spiritualität Indiens zu begegnen. Das ganze Land ist von der Vielfalt seiner Völker und ihrer Religionen geprägt. Große Pilgerzentren befinden sich in Ajmer und Pushkar in Rajasthan. Sehenswert ist auch die heilige Sikh-Stadt Amritsar im Punjab. Wer sich selbst in Spiritualität versenken möchte, findet von den Vororten von Delhi bis zu den Ashrams in Rishikesh fast überall Meditations- und Yogazentren. Schon die Beatles pilgerten in den berühmten Ort am Fuße des Himalaya, um zu meditieren. Wer dem tibetischen Buddhismus näher kommen möchte, reist nach Leh in Ladakh und McLeod Ganj in Dharamsala. Dort liegt die neue Heimat des Dalai Lama und der tibetischen Exilregierung.
Viele Reisende versuchen, zu viel in einen Besuch in Indien unterzubringen. Dabei läuft die Zeit dort nach ihren eigenen Regeln. Mehr von der Reise hat, wer sich auf ein paar wenige Orte konzentriert, anstatt so viele wie möglich abzuhaken. Zumal das Reisen innerhalb des Indischen Subkontinents einige Nervenstärke erfordert. Es ist lohnenswerter, an einem Fleck anzukommen und sich auf ihn einzulassen, statt viele Orte abzuklappern und keinen richtig zu erfassen. Wer sich Zeit nimmt, der wird ein tieferes Verständnis für die Gegend, ihre Menschen und Bräuche erlangen. Schließlich ist Indien nicht nur laut, schnell und chaotisch, sondern auch still, meditativ und chillig.
Mit über einer Milliarde Einwohner sind viele Teile Indiens überfüllt. Das mitreißende Treiben und farbenprächtige Chaos kann Spaß machen. Besonders wenn ein Festival stattfindet, und davon gibt es viele. Um die unglaublichen Menschenmassen, die Gerüche, den Lärm und die erstaunlichen Eindrücke zu verarbeiten braucht es viel Energie. Der Punkt der Übersättigung ist schnell erreicht. Dann heißt es: Flucht. Zum Glück hat Indien viele idyllische und gänzlich ruhige Rückzugsorte. Diese auf der Reise von vornherein einzuplanen, ist schlau. Der ideale Reiserhythmus ist, auf einige Tage chaotischen Treibens in der Großstadt eine Zeit auf dem Land folgen zu lassen.
Niemand möchte seine Indienreise mit Durchfall verbringen. Es lohnt sich daher, ein paar hilfreiche Regeln zu beachten. Leitungswasser sollte strikt gemieden werden und ebenfalls alles, was darin gewaschen wurde. Also besser auf Salate und Eiswürfel verzichten. Obst sollte nur gegessen werden, wenn man es selbst zuvor geschält hat. Am Vernünftigsten ist es, den Magen anfangs ein paar Tage akklimatisieren zu lassen, bevor man auf der Straße isst. Natürlich duftet alles herrlich. Trotzdem ist es sinnvoll, Hygiene und Frische noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Kocht der Besitzer gerade frisch oder steht das Essen schon länger? Zieht der Stand viele Kunden an oder nur Horden von Fliegen? Bei solchen Überlegungen ist gesunder Menschenverstand nützlicher als Sorglosigkeit oder gar Panik.
Viele Reisende werden in Indien zu Vegetariern. Das ist keine schlechte Idee. Ein dubioses Stück Fleisch richtet mehr Schaden an als halbgares Gemüse. Da viele Inder Vegetarier sind, bietet das Land ohnehin eine der fabelhaftesten vegetarischen Speisekarten der Welt. Wer dennoch Fleisch isst, sollte sichergehen, dass es gut durchgebraten ist. Es kann nicht schaden, sich an Stände zu halten, an denen sich viele Einheimische tummeln.
Auch die sanitären Einrichtungen in Indien sind gewöhnungsbedürftig. Da ist Kreativität, Flexibilität und manchmal auch eine Portion Mut gefragt. Toilettenpapier wird man kaum vorfinden. Eine Möglichkeit ist, die Methode der Einheimischen zu übernehmen. Wer ein Stück Seife im Gepäck führt, kommt durchaus mit Hand und Wasserkrug zurecht. Natürlich sind auch antibakterielle Tücher und Handwaschgels nützliche Begleiter im Reisegepäck. Dann können die Hände noch einmal gewaschen werden, bevor mit den Fingern gegessen wird.
Indien besteht nicht nur aus den vielen farbenprächtigen Wundern, vor denen jeder Reisende ehrfürchtig staunt. Das Land hat auch einen leider oft verdienten Ruf für Schlepper und Betrügereien. Besser ist es, darauf eingestellt zu sein, statt blauäugig hinein zu tappen. Wieder reicht es oft schon, einen gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Viele Geschäfte klingen gar zu gut, um seriös zu sein. Besondere Vorsicht ist bei Taxi- und Rikschafahrern geboten. Schon mancher, der die freundlichen Angebote angenommen hat, zu bestimmten Hotels oder Reisebüros kutschiert zu werden, hat nicht schlecht gestaunt. Die saftige Provision landet auf der Rechnung.
Der wichtigste Rat für Indien-Anfänger lautet daher: Ruhig bleiben, egal was passiert. Schnell kochen Frustration und Emotionen hoch. Wer es schafft, tief durchzuatmen und Herr der Lage zu bleiben, wird die Reise besser genießen. Vielleicht lohnt es sich auch, einen Moment innezuhalten und darüber nachzudenken, wie groß der Verlust durch Diebstahl oder Betrug tatsächlich ist. Immerhin hat das Geld für eine Reise durch das chaotische, wunderbare Land gereicht. Und davon nimmt man mehr mit nach Hause, als ein paar gesparte Euro.
Und nun hinein ins Abenteuer Indienreise.
Indien ist groß und es gibt so viel dort zu entdecken. Der Lonely Planet-Reiseführer hilft Dir dabei.
Schau ihn Dir doch hier einmal an.
Text: Ines Wagner