Tokio oder Seoul, Japan oder Südkorea? Sich zwischen beiden Ländern zu entscheiden, ist gar nicht leicht. Hier einige Hilfen.
Ganz im Osten Ostasiens sind Japan und Südkorea zweifelsohne die beliebtesten Reiseziele – und das aus gutem Grund. Aber wenn man sich nur für eines der beiden Länder entscheiden müsste, welches wäre es? Gar nicht so leicht. Deshalb stellen zwei der auf diese Region spezialisierten Autoren von Lonely Planet ihre Favoriten vor. Denn Qual der Wahl? Muss nicht sein. Für jeden findet sich das passende Land zum Einstieg. Danach will man entweder unbedingt wiederkommen oder aber ist neugierig darauf, das jeweils andere Land kennenzulernen. Es gibt viele Gemeinsamkeiten und auch jede Menge Unterschiede.
Lonely Planet Autor John Walton ist regelmäßig zu Besuch in Japan und Experte für Zugreisen. Er beschreibt die vielen Möglichkeiten – sowohl die schnellen als auch die langsamen, Japan zu erkunden. Zu seinen Top-Reisetipps gehören Bahnfahrten quer durchs ganze Land, zu den schönsten Plätzen für die Kirschblütezeit, zu entspannenden Orten mit heißen Quellen – oder zu Orten, an denen sich die Spezialitäten der japanischen Küche erkunden lassen. "Ich bin sowohl in Japan als auch in Südkorea gereist und beide Länder sind wunderbar", sagt er, "dennoch ist Japan das Land, in das ich immer wieder am liebsten zurückkehre."
"Das unglaubliche, bestens ausgebaute Schienennetz, das ganz Japan durchzieht, übertrifft sogar die Züge in Südkorea", urteilt John Walton. Selbst nach den jüngsten Preiserhöhungen bietet der Japan Rail Pass noch ein fabelhaftes Preis-Leistungs-Verhältnis. Man kann mit diesem 7, 14 oder 21-Tage-Ticket mit bis zu 320 Kilometern pro Stunde zwischen den Städten pendeln, sich in einem komfortablen Limited Express entspannen, winzige lokale Nebenstrecken erkunden oder in den speziellen Ausflugszügen des Joyful Train kulturelle Erlebnisse genießen. Das Ticket ermöglicht den unbegrenzten Zugang zu allen nationalen Zügen, Bussen, Fähren und Flughafentransfers von Japan Rail, inklusive des superschnellen Shinkansen. Es ist speziell für ausländische Touristen und kann vorab übers Internet gekauft werden.
Die Lieblings-Zugstrecken von John Walton sind der Hochgeschwindigkeitsabschnitt des Tohoku-Shinkansen nördlich von Omiya, die eingleisige Nebenstrecke zwischen Abashiri und Kushiro in Hokkaido, der Yakumo Limited Express von Okayama nach Matsue und die SL Ginga-Dampfzüge von Takasaki.
Japan ist um ein Vielfaches größer als Südkorea und man durchquert auf der Reise von Süd nach Nord mehrere Klimazonen – vom tropischen Okinawa bis zur im Winter schneebedeckten und im Sommer angenehm kühlen Insel Hokkaido. Das bedeutet nicht nur, dass es unterschiedlichste Möglichkeiten zur Urlaubsgestaltung gibt, sondern auch viel mehr Orte mit angenehmem Wetter. Wer den Regen und die Schwüle des Tsuyu-Frühsommers nicht mag, fährt in den Norden nach Hokkaido, wo die Temperaturen mild, aber nicht schwül sind, um in der historischen Stadt Hakodate den frischesten Fisch zu genießen. Im Herbst lohnt eine Reise in den Südwesten nach Kyūshū, um das kurzärmelige Wetter zu auszukosten: Kumamoto und Kagoshima sind bis in den späten November hinein herrlich sonnig und warm. Tokio entfaltet im Frühling einen besonderen Zauber.
Der korrekte und förmliche Anschein der Japanerinnen und Japaner kann trügen: Die Menschen im Land der aufgehenden Sonne entspannen durchaus gern und gut. Entspannung hat sogar eine jahrhundertealte Tradition – und diese teilen sie gern mit Besuchern. Authentisch, stilvoll, ruhig und absolut erholsam ist ein Aufenthalt in einem traditionellen Ryokan-Hotel, klassischerweise mit einem angeschlossenen Onsen. Die Räume sind in erlesener Weise gestaltet und mit Tatami-Matten, Ikebana und hochwertigen Tuschezeichnungen ausgestattet. Das einzigartige "less is more" aus japanischem Zen und Design sorgt für eine meditative und erholsame Atmosphäre.
"In dem Moment, in dem ich in einem Ryokan ankomme, schmelzen meine Sorgen dahin", meint John Walton, "und ich muss nur noch daran denken, welches Buch ich am Panoramafenster meines Zimmers lesen möchte". Er würde in einem malerischen Onsen-Dorf am liebsten im Yukata-Bademantel spazieren gehen, während er darüber nachdenkt, in welches der zahlreichen und unterschiedlichen Onsen er eintauchen möchte, um die Sorgen und die von der Reise schmerzenden Muskeln einweichen und abspülen zu können. Berühmt ist beispielsweise der Kusatsu-Onsen in Gunma. Der kleine Bessho-Onsen in der Nähe von Ueda in Nagano blickt auf eine 1.400 Jahre alte Onsen-Geschichte zurück. Erreichen kann man das versteckte Juwel mit einer winzigen Privatbahn.
In ganz Japan gibt es Tausende von Onsen: vom berühmten Onsen in Matsuyama, der Filmemacher Hayao Miyazaki zu "Chihiros Reise ins Zauberland" inspirierte, bis zum Onsen am Bahnhof von Echigo-Yuzawa. In vielen Touristenorten findet man außerdem öffentliche Steinfußbäder, in denen man die müden Zehen baden kann. Japanische Touristen lieben die Onsenkultur ebenso wie die Reisenden aus anderen Ländern und Kontinenten.
Als Gegenmittel zu einer stark urbanisierten Gesellschaft bietet Japan zahlreiche naturverbundene Outdoor-Aktivitäten. Sobald man die Städte verlässt, überrascht die Vielzahl spektakuläre Naturwunder, die leicht mit dem Shinkansen oder mit lokalen Zügen erreicht werden können. Wandern ist in Japan unglaublich beliebt und das Skifahren hat einen derart hohen Stellenwert, dass es sogar eine spezielle saisonale Shinkansen-Linie gibt, die direkt zum Skigebiet Gala Yuzawa fährt.
Wer gern seine Zeit in der Natur am Meer verbringt, sollte unbedingt die Sanriku-Küste in der Region Tohoku mit ihren zerklüfteten Halbinseln und Landzungen besuchen. Das rugbybegeisterte Kamaishi oder das verschlafene Miyako mit seinem atemberaubenden Strand Jōdogahama sind ebenfalls gute Ausgangspunkte, um diese Region zu erkunden.
Lonely Planet Autor Tom O'Malley hat Südkorea von Nord nach Süd bereist und an den neuesten Ausgaben des Lonely Planet Reiseführers für Korea und Seoul mitgearbeitet. Sein koreanisches Lieblingsgericht ist Sundubu-jjigae, ein scharfer Eintopf aus Tofu, Schweinefleisch und Kimchi. Er weiß, wie schwer der Vergleich und damit auch eine Reiseentscheidung fällt. "In diesem Wettbewerb kämpfe ich in der K-Ecke, obwohl ich auch Japan liebe", sagt er lachend, "aber jetzt möchte ich erklären, warum es sich unbedingt lohnt, als Nächstes nach Südkorea zu reisen".
Koreanische Kunst und Kultur boomt derzeit. Von Bong Joon-hos Film "Parasite", der einen Oscar erhielt, bis zur Girlgroup Blackpink, die das Coachella-Festival aufmischt – die Welt kann nicht genug von Südkorea bekommen. Dieses Phänomen wird Hallyu – "die koreanische Welle" – genannt.
"Wenn es die Möglichkeit gäbe, eine Zeitreise ins Paris der Belle Époque oder ins London der Swinging Sixties zu machen, wer würde sie nicht gern unternehmen?", fragt Tom O'Malley. "Japan hatte seine Blütezeit in den 1980er Jahren, bevor die Blase platzte, und Südkorea erlebt gerade sein goldenes Zeitalter – warum nicht dorthin reisen und daran teilhaben?"
Japan ist fast viermal so groß wie Südkorea. Daher gibt es zwar in Japan insgesamt mehr zu sehen, aber die Planung der Reiseroute ist eine echte Herausforderung und das Reisen selbst ist ziemlich teuer. In Südkorea hingegen kann man mit dem Hochgeschwindigkeitszug das ganze Land in nur wenigen Stunden durchqueren – von der pulsierenden Hauptstadt Seoul bis zur geschäftigen Hafenstadt Busan im Süden. Dabei lassen sich jede Menge Abstecher zu beeindruckenden Orten machen, wie den antiken Gräbern und Tempeln von Gyeongju oder den verträumten Gipfeln und Wasserfällen des Seograksan-Nationalparks. Wer besonders neugierig auf Abenteuer ist, wagt sich an die Grenze zu Nordkorea und macht dorthin einen Ausflug.
Das Essen gehört ja bekanntlich für die meisten zu den größten Freuden des Reisens. Tom O'Malley bekennt, dass er die japanische Küche zwar elegant, raffiniert und oft... nun ja, etwas zu puristisch empfindet. Er sagt: "Ich persönlich mag es, wenn mein Essen mich mit Geschmack, Schärfe und Gewürzen umhaut – und genau das bekommt man in der koreanischen Küche.
Egal, ob man auf dem Tischgrill zubereitetes Galbi (Rinderrippchen) oder Chimaek (gebratenes Huhn mit Bier) isst oder einen feurigen Schweinefleischeintopf mit Kimchi schlürft – in Korea ist Essen ein herzhaftes, leidenschaftliches Vergnügen. Auch Banchan, die kleinen Teller mit köstlichen Leckereien, die zu den meisten Mahlzeiten gereicht werden, sind Teil seiner kulinarischen Hitliste.
Ein abschließendes Wort Tom O'Malleys gilt dem eigentlichen Highlight einer jeden Reise nach Südkorea: den Koreanern selbst. Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Respekt scheinen fest in ihrer DNA verankert zu sein. Wer das Land bereist, kann sich jederzeit sicher sein, eine Vielzahl an Begegnungen mit Einheimischen zu haben, an die man sich gern erinnert. "Natürlich könnte das auch in Japan passieren", lacht er, "aber die Japaner sind wahrscheinlich zu sehr damit beschäftigt, Mangas zu lesen." Für ihn ist ganz klar Südkorea der Gewinner.
Das Land der aufgehenden Sonne zeigt sich mit großartigen Landschaften und einzigartigen Erlebnissen. Unser Reiseführer zeigt dir die Schönheit Japans.
Schaut doch mal hier rein.
Text: John Walton, Tom O'Malley/Lonely Planet International
Deutsche Bearbeitung: Ines Wagner