Genusswandern in sagenhaften Gebirgslandschaften. Wir zeigen, wo die norditalienischen Dolomiten wahrlich begeistern - landschaftlich und kulinarisch.
Die hoch aufragenden Felsengipfel der Dolomiten bilden eine höchst erstaunliche, atemberaubende Landschaft in den südlichen Alpen. Ihr urtümlich-majestätischer Charme fesselt die Blicke der Besucher bereits aus der Ferne. Innerhalb der Dolomiten zu wandern aber ist ein unvergessliches Erlebnis.
Die einzigartige Berglandschaft zählt seit 2009 zum UNESCO Welterbe. Kein Wunder, die Dolomites, wie sie auf Ladinisch heißen, gehören zu den faszinierendsten Bergen der Welt. In einigen ehemals unzugänglichen Tälern konnte sich die Ladinische Sprache sogar bis heute erhalten, ihr Klang mutet geradezu mystisch an. Die spektakulärsten Felsformationen sind die Überreste von Atollen, die vor Jahrmillionen aus dem Meer ragten. Auf dessen Boden breiten sich heute die Täler der Regionen Trentino-Südtirol, Venetien und Friaul-Julisch Venetien aus.
Doch nicht nur die wahrlich atemberaubende Landschaft begeistert, auch die Südtiroler Herzlichkeit und Genusskultur. Authentische Gerichte wie Schlutzkrapfen in den urigen Stuben und Südtiroler Spitzenweine in den Gourmethütten begeistern nicht nur Bergwanderer, sondern auch die Gäste der malerischen Städte und Dörfer.
Das malerische Villnößtal (Val di Funes) wird spektakulär von der zerklüfteten Geislergruppe umrahmt. Unter ihnen dominieren die Gipfel des Sass Rigais und der Furchetta. Mit ihren schroffen Wänden erscheinen sie aus der Ferne fast unzugänglich. Die schönsten Ausblicke auf die beeindruckenden Felsformationen zeigen sich von St. Magdalena aus oder von der Johanneskapelle des Ranuihofes. Eine Wanderung entlang der Schlüterhütte zum Zendleser Kofel belohnt mit grandiosen Panoramaaussichten.
Eine Besonderheit lässt sich auch auf den idyllischen Weiden antreffen - die Villnößer Brillenschafe gelten als älteste Schafrasse Südtirols. Hitlers Plan, sie einst in seinem Reinheitswahn auszurotten, scheiterte an der Sturheit der Bewohner. Sie versteckten die Schafe in unzugänglichen Tälern. Heute wird die Rasse von Züchterverbänden geschützt und findet auf den Karten der Slow-Food-Küche einen besonderen Platz. Im Villnößtal verbrachte auch der in Brixen geborene Extrembergsteiger Reinhold Messner seine Kindheit.
Cortina, die "Perle der Dolomiten", ist eines der glamourösesten Ziele der Gebirgslandschaft. Im Winter von Skifahrern aus aller Welt wegen der erstklassigen Skipisten besucht, locken im Sommer unzählige Wanderwege, die durch die nahezu unberührte Natur verlaufen. Die silbrigen Felswände der Tofane, des Pomagagnon, des Monte Cristallo und der Sorapiss-Gruppe umrahmen gemeinsam mit den herrlichen grünen Wäldern den Ort Cortina wie ein natürliches Amphitheater. Am Fuße des Berges Lagazuoi verläuft der Falzaregopass. Er bildet den nordwestlichen Zugang zum Valle d’Ampezzo, das im Ersten Weltkrieg Schauplatz erbitterter Kämpfe war. Heute lassen sich die Schießscharten und Kontrollposten besuchen.
Die Lagazuoi-Seilbahn ist eine Alternative zum Aufstieg zur gleichnamigen Berghütte. Von dort bietet sich den Augen der Besucher ein sagenhaftes Panorama. 1990 wurde der Naturpark der Ampezzaner Dolomiten begründet, in dem zahlreiche endemische Pflanzen beheimatet sind. Wahrzeichen des Naturparks ist das Murmeltier.
In den Dolomiten gibt es unzählige schwindelerregende, spitze Gipfel und ausladende Felswände, die regelrecht der Gravitation zu trotzen scheinen. Ganz herausragend unter ihnen sind indes die Drei Zinnen (Tre Cime di Lavaredo). Wie drei weiße Finger zeichnen sie sich gegen den Himmel ab und sind ein unverkennbares Symbol des Alpinismus.
Die Große, die Kleine und die Westliche Zinne genießen einen regelrechten Kultstatus unter den Bergwanderern. Sie wurden 1869 zum ersten Mal bezwungen. Selbst wer nicht vorhat, zum Gipfel zu steigen, sollte zumindest in ihre respekteinflößende Nähe kommen und sie bestaunen. Die drei recht weit auseinander liegenden Zugänge sind das Valle di Lanzo im Pustertal, das Innerfeldtal und das Fischleintal. Die Bewohner von Sexten lesen die Zeit an den dem Ort zugewandten Bergen ab, die deshalb auch als Sexter Sonnenuhr bekannt sind.
Dank seiner einzigartigen Form wird der majestätische Monte Pelmo auch "Thron Gottes" genannt. Auf seinem Gipfel befindet sich ein riesiges Gletscherbecken, das Valón. Der Legende nach nahm Gott, nachdem er die Dolomiten geschaffen hatte, hier Platz, um sein Werk zu bewundern. Insbesondere Kinder lieben es, am Pelmetto nach Spuren von Dinosauriern zu suchen. In nur etwa einer Stunde lassen sich vom Rifugio Staulanza aus die markanten Felsbrocken am Fuße des Pelmetto erreichen. Dort fand Naturforscher Vittorino Cazzetta eine Reihe von Fußspuren kleiner Dinosaurier.
Sehenswert ist auch das Museo Vittorino Cazzetta in Selva di Cadore. Neben Fußabdrücken ist ein weiterer spektakulärer Fund ausgestellt: Der Mann von Mondeval - das Skelett eines Jägers, der vor 7.500 Jahren im Tal lebte. Die Gruppe des Monte Pelmo und der Croda da Lago liegt zwischen den Belluneser Dolomiten im Süden und den Nördlichen Dolomiten.
In den Brentadolomiten gibt es zahlreiche spektakuläre Klettersteige. Besonders praktisch ist, dass sich die meisten von ihnen mithilfe von Bergführern und ohne große körperliche Vorbereitung in Angriff nehmen lassen. In dieser Gegend der Dolomiten verlief keine Kampffront, daher wurden die Klettersteige gezielt für Wanderer und Bergsteiger angelegt und fokussieren spektakuläre Aussichten statt geheimer Schlupfwinkel. Die Bergführer von Madonna di Campiglio begleiten auf ausgewählten Strecken Einzelpersonen oder kleine Gruppen bis zu fünf Personen.
Die Via delle Bocchette Centrali bringt das Adrenalin in Wallung, verlangt jedoch kräftemäßig nicht zu viel ab. Die Ferrata Sosat beispielsweise eignet sich dabei hervorragend als fulminanter Auftakt für Anfänger in Begleitung eines Bergführers. Für die Ferrata Castiglioni braucht es bereits Klettererfahrung - dafür bietet sie geübten Kletterern den Eindruck, den Mount Everest bezwungen zu haben.
Wer das malerische Bozen besucht, wird in jeder Himmelsrichtung am Horizont zwischen den Häusern die Gipfel der Berge markant und nah aufragen sehen. Der berühmteste Mensch in der Stadt ist schon seit etwa 5.300 Jahren tot. Als Wanderer im Jahr 1991 dessen Überreste im Eis an der Fineilspitze in Südtirol entdeckten, ahnten sie nicht, dass ihr Fund die Geschichte verändern würde. Der Mann vom Tisenjoch, der aus dem Eis kam, wurde schließlich auf den Namen Ötzi getauft und ist im Südtiroler Archäologiemuseum zu sehen.
Wer vom zentralen Platz Bozens schnell in die Berge hinauf gelangen möchte, nimmt die Rittner Seilbahn nach Oberbozen und genießt von dort einen sagenhaften Blick auf die Stadt und auf den zackenförmigen Kamm des Rosengartens. Gastronomie und Önologie feiern jedes Jahr nach der Ernte ein rauschendes Fest: das Törggelen. Die Region rund um Bozen gehört zu den typischen Törggelen-Gebieten und eignet sich daher besonders für geselliges Genusswandern im Herbst.
An klaren Tagen lassen sich von Bozen aus die spektakulären Vajolet-Türme (Torri del Vajolet) sehen. Die beeindruckenden Felsnadeln sind das Wahrzeichen im Herzen des Rosengartens. Sie recken sich mit faszinierender Eleganz in den Himmel, sodass sie aussehen wie Türme gotischer Kathedralen. Noch eindrucksvoller aber sind sie aus der Nähe.
Die Valojet-Hütte, die Gartl-Hütte und der Sartner-Pass bieten einen hervorragenden Ausblick. Die fast vertikalen Wände genießen unter Bergwanderern einen Kultstatus. Mit ihren 2.821 Metern Höhe ragen sie weithin ins Land. Alle Gipfel sind nach ihren Erstbesteigern benannt. Aber nicht nur Wanderer, auch Radfahrer kommen auf ihre Kosten. Zwischen Alba di Canazei und Molina di Fiemme verläuft der 48 km lange Dolomitenradweg Fleimstal/Fassatal.
Die Dolomiten haben so viel zu bieten, dass wir dieser wunderbaren Bergwelt einen eigenen Reiseführer widmen.
Schau ihn dir doch hier einmal an.
Text: Ines Wagner