Sechs Hauptstrecken verbinden Europa auf den Schienen, zusammengefasst mit vielen Tipps für attraktive Zwischenstopps und lohnende Umwege in einem neuen Lonely Planet Bildband.
Der Weg ist das Ziel? Nicht ausschließlich, aber die Art, wie du reist, wird maßgeblich dein Urlaubserlebnis prägen. Es gibt keine schönere und vergleichsweise entspannte Art, in einer Stadt anzukommen, als mit einem Zug. Keine Duty Free Shops, Gepäckbänder und Passkontrollen, keine nervigen Verkehrsstaus oder kilometerlange, öde Gewerbegebiete. Stattdessen erreichst du wie von Zauberhand den Hauptbahnhof der pulsierenden City, der in vielen europäischen Städten ein sagenhaftes architektonisches Schmuckstück und allein deshalb schon einen Besuch wert ist.
Historische Bahnhöfe, meisterliche Viadukte, dunkle Tunnel – über zweihundert Jahre inspiriert das europäische Schienennetz Reisende, Künstler und Schriftstellerinnen, von William Turner bis Agatha Christie. Das Goldene Zeitalter von einst wird heute widergespiegelt von Hochgeschwindigkeitszügen, markanten Knotenpunkten und kleinen oder gar historischen Dampf- und Bimmelbahnen auf Nebennetzen. Bahnreisen sind nicht nur eine bequeme, sondern auch eine nachhaltige Alternative des Reisens. Sie entschleunigen, beruhigen das grüne Gewissen und lassen dich ganz im Sinne von Slow Travel die Reise einmal ganz anders erleben.
Im neuen Lonely Planet Bildband "Entdecke Europa mit dem Zug" haben die Autorinnen und Autoren auf den Punkt gebracht, warum sich Zugreisen in Europa lohnt. Sie präsentieren unterschiedliche Routen quer über den ganzen Kontinent, mit traumhaft schönen Abstechern zu idyllischen Zielen auf den Nebenstrecken. Dazu gibt’s alle wichtigen Informationen rund um die Reiseplanung – egal ob du allein, mit der Familie oder deinem vierbeinigen Gefährten reist. Wir haben aus den sechs verschiedenen Hauptstrecken unsere Highlights herausgepickt.
Die Hauptachse Nordost/Südwest führt vom Brandenburger Tor in Berlin durch einige außergewöhnliche Landschaften bis zur Straße von Gibraltar. Ein Netz von Hochgeschwindigkeitszügen erlaubt in Deutschland, Frankreich und Spanien ein zügiges Vorwärtskommen. Um mehr von Land und Leuten zu sehen, lohnt sich ein Abstecher in die Schweiz mit ihren gemächlichen Bergbahnen, ein Schlenker ins Grenzland der Pyrenäen oder eine Bummelfahrt durch Andalusien. Wer morgens zu Füßen von Goethe und Schiller in Weimar frühstückt, kann mittags in Frankfurt einen Schoppen Apfelwein trinken und siebeneinhalb Stunden später in Marseille eine Bouillabaisse genießen.
Die direkte Nordwest/Süd-Route verbindet einige der Topziele Westeuropas auf einer lohnenden Städtetour: Über London und Paris über Mailand geht’s bis nach Rom. Von jeder dieser Städte lassen sich wiederum Abstecher in weniger bekannte Ecken Europas machen. Vom Norden Schottlands bis hinunter nach Sizilien verspricht diese Gesamtroute viele denkwürdige Bahnerlebnisse: die Fahrt mit dem Eurostar unter dem Ärmelkanal, das ländliche Frankreich im Schnelldurchlauf, lange Tunnel, die sich durch die Alpen bohren, und in Italien eine Fährüberfahrt mit dem Zug bis ganz in den Süden, wo die Zitronen duften. Auch die sagenhaft schöne Gegend der Cinque Terre ist einen Abstecher wert.
Diese Nord-Süd-Achse mit Paris im Zentrum bietet auf fünf Etappen eine Fülle unterschiedlicher Möglichkeiten. Schnelle und gemächliche Züge verbinden viele sehenswerte Städte Westeuropas und eröffnen immer wieder neue Landschaften und Klimazonen, von der Wildnis des hohen Nordens bis zum sonnenverwöhnten Mittelmeerraum. Ganz Eilige können die Route in einer Woche absolvieren. Aber es lohnt sich, die Gelegenheit zu nutzen, Städte wie Kopenhagen oder Barcelona ausführlicher zu entdecken. Wenn du richtig Zeit mitbringst, erkunde von dieser Route aus die spektakulären Bahnlinien, die quer durch Skandinavien führen. Dabei siehst du vielleicht sogar Nordlichter.
Die West-Ost-Route führt von der felsigen Spitze der Bretagne bis nach Warschau und weiter an die östliche Grenze Polens. Sie verbindet Städte, die zu den kulturellen Schwergewichten Europas zählen. Das Tempo dabei bestimmst du selbst: Für ein schnelles Ankommen nimmst du Hochgeschwindigkeitszüge, fürs Entdecken langsamere Bahnen durch kleine Städte und malerische Landschaften Mitteleuropas. Ein Paradies für Trainspotter ist beispielsweise das Schmalspurbahnnetz im Harz, auf dem Dampflockbahnen aus den 50er Jahren gewagte Steigungen überwinden und wo du herrlich wandern kannst. Auch Berlin mit seinem wasserreichen Umland lädt zu Stopps und Abstechern ein. Warschau und der “Amazonas Osteuropas”, der Urwald von Białowieża, sind auf dieser Strecke ebenfalls einen Besuch wert.
Drehe noch ein bisschen an der Kompassnadel und nimm die Nordwest/Südost-Route mitten durchs Herz des Kontinents. Sie verbindet zwei spannende, aber sehr gegensätzliche europäische Städte miteinander, eine in den Niederlanden unweit der Nordsee, die andere an der kroatischen Adria. Auf jeder der vier Etappen der Reise streifst du unterschiedliche Lebensarten, Kulturen und Landschaften, bis du schließlich an einem Ort ankommst, der so ganz anders ist als der Ausgangspunkt. Nutze die Möglichkeit, in den traditionsreichen Thermalbädern von Budapest zu entspannen. Unterwegs liegen außerdem malerische Städte wie Trier und Rijeka, auch Bratislava, Dubrovnik und Split sind lockende Ziele.
Auch auf der Nordwest/Südwest-Route ist maximale Vielfalt angesagt. Sie folgt Europas Atlantikküste von Irland bis nach Portugal. Hochgeschwindigkeitszüge fahren auf der Strecke nur begrenzt, weshalb du auf der ersten Etappe zwischen Großbritannien oder Irland und der Iberischen Halbinsel eine Fähre über den Golf von Biskaya nimmst. In Wales lohnt sich eine Runde mit dem Dampfzug – Snowdonia beeindruckt mit einer der schönsten Schmalspurbahnen der Welt. Drehkreuz der Strecke ist wieder London, dessen opulenter Bahnhof St. Pancras an sich schon eine Attraktion ist. Plane auf der Route genügend Zeit ein für Abstecher zu prähistorischer und moderner Kunst oder zu legendären Burgen und Surfspots. Auch ein Umweg nach Salamanca und Santiago de Compostela lohnt sich, bevor du die Reise in Lissabon beendest.
Viel weitere erstaunliche und wunderbare Zugreisen durch Europa präsentiert der Bildband "Europa mit dem Zug". Schau doch einmal hier hinein.
Text: Ines Wagner