Im ländlichen Tamil Nadu in Indien werden Oldtimer bei Hochzeiten spektakulär in Szene gesetzt.
Als ich ungefähr fünf Jahre alt war, erlebte Indien eine Zeit der wirtschaftlichen Liberalisierung, die unter anderem das Konsumdenken brachte. Es eröffneten sich neue Möglichkeiten und das bedeutete, dass ältere Autos aus der Mode kamen.
Im Bezirk Tiruvannamalai in Tamil Nadu entdeckte ich Hersteller, die solche in die Jahre gekommenen Wagen mit kulturellen Motiven austatteten, um sie als Prozessionsfahrzeuge auszustatten. Diese kommen dann in der Nacht des Hochzeitsempfangs eines Paares zum Einsatz. Sie sollen die Menschen in der Gegend auf die Verlobung aufmerksam machen.
Die Verwandten der Braut und des Bräutigams kommen getrennt in einem Tempel an, in dem eine kleine Zeremonie abgehalten wird. Anschließend setzt sich das frisch verheiratete Paar auf den Wagen und stärkt sich mit einem Getränk. Dabei sind die Scheinwerfer buchstäblich auf die Beiden gerichtet, während ihre Familien vorausgehen und die Prozession zu einer Empfangshalle führen. Eine Band, die die Gäste begleitet, trägt ihren Teil zum fröhlichen Spektakel bei.
Auf der Plattform, die an diesen Fahrzeugen angebracht ist, kann man Stühle sehen, die dekorationsreich ausgestattet sind – mit Skulpturen aus Pappmaché, an denen Glühbirnen hängen. Die werden von einem im Kofferraum verborgenen Generator angetrieben und sorgen für viel Bling-Bling.
Die Tradition des Umbaus und der Renovierung von Fahrzeugen – für Hochzeitsumzüge, aber auch für viele andere Zwecke – ist im ländlichen Indien stark verbreitet. Die Hersteller sind kreativ: Sie gehen gerne auf die vielseitigen Wünsche der Öffentlichkeit ein. Schließlich ist ein originell geschmückter Wagen die beste Werbung.
Text & Fotografie: Sameer Raichur
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