Auf dem Gipfel der Mount Everest tummeln sich bereits viele Touristen. Aber man muss gar nicht hinauf auf das Dach der Welt. Der Weg zum Base Camp bereits wunderschön.
Das Everest Base Camp Trekking steht auf der Bucketliste vieler Reisender - und das aus gutem Grund. Die Hin-und-zurück-Route führt Abenteurer aus aller Welt an den Fuß des Mount Everest. Der höchste Berg der Erde wird auf Nepali Sagamartha und auf Tibetisch Chomolungma genannt.
Den Gipfel des Mount Everest zu erreichen ist nichts für jedermann. Das Trekking aufs Dach der Welt ist selbst für hervorragende Bergsteiger eine außerordentliche physische und psychische Herausforderung und ist nicht ungefährlich - immer wieder fordert der Berg seine Opfer. Mit 5.600 Metern über dem Meeresspiegel ist auch das Everest Base Camp kein Spaziergang. Es bietet allerdings ein wesentlich realistischeres Ziel für Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, deren Herzenswunsch es ist, einen Blick auf den höchsten Gipfel der Welt zu werfen.
Tatsächlich ist der Everest Base Camp Trek derart bekannt geworden, dass es in den letzten Jahren zu kontroversen Diskussionen über Trekker-Staus, Vermüllung und mögliche Begrenzungen der Anzahl der pro Jahr erlaubten Bergsteiger gekommen ist. Um das Trekking dennoch zu genießen, sind eine gute Vorbereitung und die Wahl der Reisezeit wichtig.
Trotz der extrem abgelegenen Lage und der reichhaltigen Frischluft wurde auch die Everest-Region von der Coronavirus-Pandemie heimgesucht. Im März 2020 schlossen sowohl China als auch Nepal ihre Grenzen und sagten die Everest-Saison 2020 ab. Im November 2020 öffnete Nepal die Grenzen in sehr begrenztem Umfang wieder. Während die meisten Nicht-Staatsbürger immer noch nicht in das Land einreisen können, ist es immerhin möglich, für 2021 eine vorherige Sondergenehmigung über Trekking-Unternehmen zu beantragen.
Abgesehen von der atemberaubenden Landschaft lassen sich beim Trekking in dieser einzigartigen Region auch Kultur und Menschen hautnah erleben. Möglichkeiten dazu bieten sich ganz unterschiedlich beim Wandern mit den einheimischen Führern, dem Besuch der zahlreichen Klöster und Gesprächen mit den Besitzern der Teehäuser. Auch die buddhistische Stupas und Mani-Steine entlang des Weges erzählen viel über die Kultur dieser abgelegenen Region. Überall wehen die bunten Gebetsfahnen, während man auf der Tour immer wieder abenteuerliche Metallbrücken überquert, die über tiefe Schluchten gespannt sind. Die Abende klingen gemütlich mit scharfem nepalesischen Essen, Chai und Gesprächen mit anderen Trekkingteilnehmern und einheimischen Führern am Feuer des Teehauses aus.
Die berauschende Mischung aus natürlicher Schönheit, faszinierender Kultur und persönlichen Erfolgserlebnis sowie die herzliche nepalesische Gastfreundschaft der Menschen in der Solukhumbu-Region machen den Everest Base Camp Trek zu den unvergesslichsten Abenteuern der Welt. Das soll jedoch nicht heißen, dass dieses Trekking einfach nur eine schöne Wanderung ist. Die Route ist zwar technisch nicht anspruchsvoll, aber aufgrund der ungewohnten Höhe physisch anstrengend und herausfordernd. Die meisten würden jedoch zustimmen, dass es genau diese körperlichen Herausforderungen sind, welche die Wanderung um so lohnender machen.
März bis Mai und von September bis Dezember sind klimatisch die idealen Monate: Gegen Ende Mai wird es heiß und kurz vor der Monsunzeit muss man sich bereits auf möglichen Regen einstellen, kann sich aber auch an herrlich blühenden Rhododendronblüten erfreuen. Im Dezember liegen die Temperaturen bereits unter dem Gefrierpunkt, deshalb ist es wichtig, an entsprechend warme Kleidung zu denken. Aber die Tage sind immer noch atemberaubend und es sind weniger Bergsteiger unterwegs.
Es ist nicht zwingend erforderlich, einen einheimischen Führer für den Everest Base Camp Trek zu haben, der Weg selbst ist gut markiert. Nichtsdestotrotz hat das Wandern mit einem Sherpa auch für erfahrene Trekker unschätzbare Vorteile. Die umgerechnet etwa 20 bis 30 Euro pro Tag geben dem Einheimischen Arbeit und sichern seiner Familie den Lebensunterhalt. Im Gegenzug erfährt man viel über das Leben und die Kultur der Sherpa in dieser atemberaubenden, abgelegenen Region der Erde sowie über die Natur und die Kraft der Berge.
Eine andere Option ist, einen Träger anzuheuern, der für umgerechnet etwa 10 bis 20 Euro pro Tag die schwere Ausrüstung trägt, während man selbst nur mit einem Tagesrucksack unterwegs ist. Um Geld zu sparen, teilen sich oft mehrere Wanderer einen Führer und zwei Wanderer jeweils können sich gegebenenfalls einen Gepäckträger teilen. In jedem Fall haben sich die Sherpa am Ende des Trekkings ein Trinkgeld verdient.
Wer die Tour über ein Trekking-Unternehmen bucht, hat den Vorteil, dass alles arrangiert wird, einschließlich des Flughafentransfers, der Flüge oder dem Hubschrauber zum Flughafen Lukla, dazu vorgebuchte Teehaus-Unterkünfte, tägliches Mittag- und Abendessen sowie Träger und/oder Führer und deren Versicherung. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Führer darauf geschult sind, die Anzeichen der Höhenkrankheit frühzeitig zu erkennen und für den Ernstfall Sauerstoff mit sich führen. Trekking-Unternehmen kann man bereits vor Reiseantritt im Heimatland bei diversen Reiseveranstaltern buchen. Günstiger ist es allerdings, erst direkt in Kathmandu zu buchen. Wichtig ist nur, gut zu überprüfen, ob das Unternehmen bei der Trekking Agencies Association of Nepal (TAAN) registriert ist.
Wer kein Profi-Bergwanderer ist, braucht sich nicht abschrecken lassen - auch Menschen mit durchschnittlicher Fitness und wenig Wandererfahrung können dieses Trekking machen. Dennoch ist es absolut wichtig, sich mit körperlichem Training auf das Everest Base Camp vorzubereiten. Schließlich will man dort lieber die Aussicht genießen, als sich mit schmerzenden Gliedmaßen zu plagen.
Es empfiehlt sich, vorab einen individuellen Trainingsplan zusammenzustellen, der mehrmals pro Woche Herz-Kreislauf-, Ausdauer- und Krafttraining beinhalten sollte. Außerdem kann man sich frühzeitig auf Laufen, Treppensteigen, Wandern und andere Übungen konzentrieren, welche die gleichen Muskeln trainieren, die für das Trekking benötigt werden. Auch auf die Höhe muss man sich gut vorbereiten. Das kann mindestens einmal in der Woche ein Cross-Training mit Schwimmen, Yoga oder einer anderen Übung sein, bei der die Atmung im Vordergrund steht. Niemand weiß wirklich vorher, wie sein Körper auf die Höhe reagieren wird, bis er in dieser Situation ist. Diese Art von Cross-Training kann jedoch dabei unterstützen, sich auf die Bergwanderung und körperliche Belastung in der Höhenregion vorzubereiten.
Je näher der Reisetermin heranrückt, umso konsequenter und kontinuierlicher sollte man wandern, laufen und trainieren. Das Schwierigste an einer herausfordernden Langstreckenwanderung wie dem Trekking zum zum Everest-Basislager ist es, am Morgen mit Muskelkater aufzustehen und zur nächsten anstrengenden Strecke aufzubrechen.
Weniger ist mehr - aber das Richtige ist wichtig. Das Gepäck sollte nicht viel mehr als 10-15 Kilogramm haben. Auch der Träger sollte keine unnötigen Lasten tragen müssen. Das sollte man im Hinterkopf haben, bevor man eine große Flasche Shampoo oder die Jeans einpackt.
Trotzdem ist zu bedenken, dass es im Laufe der Wanderung mit fortschreitenden Höhenmetern immer kälter wird und die meisten Teehäuser unbeheizt sind. Daher ist das Packen im Schichtsystem ein Muss. Als Basisschicht ist eine Thermounterwäsche ideal. Darüber hinaus braucht es nicht mehr als zwei lange Hosen und zwei oder drei T-Shirts (synthetische Funktionsstoffe, die den Schweiß ableiten - keine Baumwolle). Als Isolierschicht ist eine Fleecejacke ideal sowie ein oder zwei langärmelige Hemden. Ein Regenmantel und eine Daunenjacke für die kühlen Nächte in der Höhe vervollständigen die Bekleidung.
Als Schuhwerk sind gut eingelaufene Stiefel unabdingbar, dazu Trekkingsocken und Turnschuhe oder Sandalen für die Abende im Teehaus. Außerdem sind Handschuhe, eine Wollmütze, einen Buff, eine Stirnlampe und eine polarisierte Sonnenbrille wichtig. Ein guter Schlafsack (bis -20°C) und Trekkingstöcke sind unentbehrlich, können aber auch in Kathmandu vor Beginn der Wanderung ausgeliehen werden.
Toilettenartikel sollten prinzipiell in Reisegröße ins Gepäck, einschließlich eines guten Sonnenschutzmittels, Lippenbalsam, Reisehandtuch und Taschentücher. Feuchttücher und Trockenshampoo sind praktisch für Tage, an denen man nicht duschen kann. Die Reiseapotheke sollte Medikamente gegen Durchfall und Antibiotika für eine Erkrankung der Atemwege oder Nasennebenhöhleninfektion, Pflaster und Hydrokolloid-Blasenpflaster enthalten. Der Arzt berät vor der Abreise über Nepal-spezifische Impfungen. Ein Pulsoximeter ist praktisch, wenn man ohne Führer wandert, um die Sauerstoffsättigung im Auge zu behalten. Auch einen Vorrat ein Handdesinfektionsmittel ist sinnvoll.
Wer eine Filterwasserflasche oder zwei 1-Liter-Wasserflaschen mit Wasserreinigungstabletten dabei hat, ist mit dem Trinkwasser auf der sicheren Seite und zudem umweltfreundlicher unterwegs, als permanent Wasser in Flaschen in den Lodges zu kaufen.
Unbedingt dabei haben sollte man auch einen Vorrat an nepalesischen Rupien in Bargeld, um Mahlzeiten, WLAN, Duschen, Toilettenartikel und andere nützliche Dinge unterwegs kaufen zu können. Am besten hebt man das Geld am Geldautomaten in Kathmandu vor Antritt des Trekkings ab. Es gibt nur wenige Geldautomaten entlang der Route und selbst ein kleiner Regensturm kann beispielsweise den Geldautomaten in Namche Bazaar außer Betrieb setzen.
“Langsam und gleichmäßig" ist der Schlüssel zum Tempo der Wanderung und schließlich zum erfolgreichen Gelingen. Die Höhenkrankheit kann unvorhergesehen jeden treffen - sogar die extrem fitten Menschen. Die Akklimatisierungstage, normalerweise in Namche und Dingboche, sind daher nicht ohne Grund vorgesehen. Es ist außerdem wichtig, sich selbst gut zu beobachten und die ersten Anzeichen der Höhenkrankheit ernst zu nehmen. Zu den Symptomen gehören pochende Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Atemnot und eine niedrige Sauerstoffsättigung.
Der Arzt, den man unbedingt vor der Reise konsultieren sollte, kann gegebenenfalls das verschreibungspflichtigen Medikament Diamox mitgeben, welches der Höhenkrankheit vorbeugen kann. Wenn die Symptome anhalten, sollte man unbedingt den Abstieg antreten. Vor allem ohne Führer ist es wichtig, in jedem Moment aufmerksam zu bleiben. Der Weg zum Everest Base Camp ist zwar relativ breit und gut markiert, kann aber dennoch an einigen Stellen tückisch sein. Es gibt steile Klippen, die oft durch vorbeiziehende Yak- oder Eselherden verengt werden. Die Glocken der entgegenkommenden Tiere sind weithin hörbar. An solchen teils gefährlichen Engstellen, wo sich Menschen und Tiere begegnen, ist es wichtig, sich immer an der Innenseite des Weges zu halten, wo man nicht abgedrängt werden kann. Entgegenkommende oder überholende Träger, die oft im Marathontempo über die Pfade rennen, sollte man jederzeit vorbeigehen lassen. Das hilft nicht nur, Staus zu vermeiden, sondern ist auch ein Zeichen von Respekt.
Noch ein Tipp zur Ernährung: Am sichersten, nachhaltigsten und gesündesten sind die vegetarischen Speisen der Einheimischen. Es lohnt sich also, zumindest während des Trekkigs zum Vegetarier zu werden. Wer während der Tour Fleisch auf der Speisekarte sieht, sollte sich klarmachen: Alles Fleisch wird nur für die Trekking-Touristen von den Trägern von unterhalb von Lukla hinaufgetragen, da im Sagamartha-Nationalpark das Töten verboten ist. Das bedeutet auch, dass es zu dem Zeitpunkt, an dem es auf den Tisch kommt, bereits alt und womöglich ranzig ist. Die sicherste und gesündeste Option ist daher, dal bhat zu essen, wie es die einheimischen Führer und Träger tun. Dal bhat ist ein leckeres nepalesisches Gericht aus Linsen, Reis, Gemüse und Curry, das im Ganzen gekocht wird. Es wird täglich frisch zubereitet und ist eine großartige Quelle für Proteine und Energie. Wie das Sprichwort sagt: "Dal bhat power, 24 hour!"
Ganz wichtiger Tipp noch zum Schluss: immer bedeckt bleiben. Die Sonne in den Höhenlagen ist extrem stark, regelmäßig einen hohen Sonnenschutz aufzutragen ist daher wichtig. Die beste Wahl sind trotz der möglichen Wärme langärmelige Oberteile, lange Hosen und eine Kopfbedeckung zu tragen.
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Original-Artikel: Jenny Ling/Lonely Planet international
Deutsche Fassung: Ines Wagner