Einen Wellnessurlaub wird man in der Mongolei vergeblich suchen – dafür ursprüngliche, atemberaubende Landschaften finden und wahre Gastfreundschaft erfahren.
Wilde Reiterhorden, die durch endlose Steppen jagen? Das Land des mythenumrankten Dschingis Khan hat Naturliebhabern und Abenteurern viel zu bieten: In den Felsen des Altaigebirges finden nicht nur Adler und Kaschmirziegen ideale Lebensbedingungen, sondern auch Bergsteiger ihr Glück. Unendlich weit und unberührt ist der mongolische Teil der Wüste Gobi. In der Tundra grasen Rentiere. Unberührte Steppe und Grasland, so weit das Auge reicht, auf durchschnittlich 1.700 Metern Höhe. Nachts überspannt ein sagenhafter Sternenhimmel die klare Steppenlandschaft. Tagsüber strahlt kräftiges Blau - die Nationalfarbe der Mongolei.
Auf einer Fläche die fünfmal größer ist als Deutschland leben knapp drei Millionen Menschen. Dazu kommen 30 Millionen Pferde, Ziegen, Schafe, Yaks und Kamele. Die Mongolei ist noch immer ein erstaunlich unberührter Lonely Planet fernab vom Massentourismus. Abenteurer durchqueren das Land per Jeep oder Motorrad. Ein Wagnis - touristisch erschlossen ist die Mongolei fernab der Hauptrouten kaum. Dafür sind die Menschen umso gastfreundlicher. Auf eine Konversation mit Händen und Füßen sollte man eingestellt sein. Es gilt alte buddhistische Klöster und geheimnisvolle schamanische Orte zu erkunden. Die bemerkenswerte Lebensweise und Kultur der Nomaden eröffnet neue Welten.
In der Hauptstadt Ulan Bator (Ulaanbaatar) leben zwei Drittel der Landesbewohner. Die Hälfte davon wohnt in Jurten, die sich vom Gandan Kloster weit in die Berghänge im Umland ziehen. Bis in die zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts veränderte die Stadt immer wieder ihre Form und Lage, wie ein überdimensioniertes amorphes Wesen. Die Jurten wanderten mit den Nomaden. Im Straßenbild sieht man traditionelle Seidengewänder, genannt Deel, neben der leuchtenden Bekleidung buddhistischer Mönche, Mädchen in Schuluniformen und Männer in Businessanzügen: Tradition und Moderne nebeneinander. Sehenswert ist der ehemalige Winterpalast des Bogd Khan. Vom Zaisan Tolgi, einem Monument aus der Sowjet-Ära, hat man einen schönen Blick über die Stadt.
Am Rande der Wüste im Tal des Flusses Orchon am Tschangai-Gebirge liegt die sagenumwobende einstige Hauptstadt des mongolischen Großreiches. Sie wurde im 14. Jahrhundert durch die Ming Dynastie zerstört und geriet lange in Vergessenheit. Erst 1889 wurden die Ruinen wiederentdeckt. Heute gilt die etwa 320 km westlich von Ulaanbaatar gelegene Ruinenstadt als eine der Hauptattraktionen der Mongolei. Den touristischen Ansturm kann man aber kaum mit den Tempeln von Thailand oder der chinesischen Mauer vergleichen. Das Karakorum Museum zeigt Exponate Deutsch-Mongolischer Ausgrabungen.
Erdene Zuu wurde 1586 als erstes Kloster des Buddhismus in der Mongolei gegründet. Aufgebaut aus Steinen der Ruinen von Karakorum, umfasste es einst mehr als 60 Tempel im mongolisch-chinesischen Stil. Als Josef Stalin 1927 seinen Einflussbereich auf die Mongolei ausdehnte, ordnete er umfassende Säuberungen an. Von Erdene Zuu blieben nur 4 Tempel und die Mauer übrig, die eindrucksvoll mit 100 Stupen besetzt ist. In der Zeit des Kommunismus waren in der Mongolei der Buddhismus sowie auch der Schamanismus verboten. Heute beherbergt Erdene Zuu wieder 1.000 Mönche.
Etwa 320 km westlich der Hauptstadt Ulaanbaatar liegt das Orkhon Valley mit dem gleichnamigen Fluss Orchon. Blau schlängelt sich der längste Fluss der Mongolei auf einer Strecke von 1.124 km durch die Landschaft. An einigen Stellen hat er bis zu 35 m tiefe Schluchten in den Basalt gefräst, die an einen Canyon erinnern. In der Nähe vom Orkhon Valley kann man den Ulaan-Tsutgalan-Wasserfall mit einer Höhe von 25 m besichtigen. Auch geschichtlich ist das Valley bedeutsam. Zahlreiche Grabstätten befinden sich hier – von den Hunnen über alttürkische Stämme bis zu den Uiguren. Geheimnisvoll wirken die Grabsteine mit bilingualen Inschriften in chinesischer und türkischer Sprache.
Am Fluss Orchon auf 1617 Meter Höhe befindet sich auch das Kloster Tuvkhun Khiid. Es wurde 1653 an der Südflanke eines felsigen, bewaldeten Berges gebaut. Tuvkhun Khiid heißt "Land der glücklichen Einsamkeit". Dem ersten buddhistischen König Zansabazar diente es als Zufluchtsort der Meditation. Das Kloster liegt in der Nähe des Gipfels Shiveet Ulaan. Der Aufstieg zum Kloster ist sportlich. Als Alternative bietet sich der Ritt auf dem Pferderücken an. Oben belohnt sowohl die meditative Stille als auch die Aussicht.
Auch die Zeit des Kommunismus mit ihren strengen Säuberungsaktionen konnten den Naturglauben der Nomaden, den Schamanismus, nicht eindämmen. Mangels Straßenkarten wurden zur Orientierung an markanten Wegkreuzungen und Berggipfeln sogenannte Owoo errichtet. Die Steinhaufen, geschmückt mit wehenden Bändern, sind weithin sichtbar. Sie gelten als Wohnstätten der Geister. Vorbeikommende bitten um Schutz. Dem Ritual zufolge umrundet man den Owoo dreimal in beide Richtungen. Die leuchtend blaue Farbe der Bänder symbolisiert den Himmel, Sitz der Ahnen. Der Glaube ist die wichtigste Stütze der Nomaden, die tagein tagaus der Gewalt und Gnade der mächtigen Natur ausgesetzt sind.
Die uralten Karawanenwege durch die Wüste Gobi kann man auf dem Rücken von Kamelen zurücklegen. Durch goldene Dünen, enge Canyons und lebensspendende Oasen geht die Reise. Dabei ist die Gobi eine der landschaftlich abwechslungsreichsten Wüsten der Welt. Wandern kann man durch die beeindruckende Jolyn- Am-Schlucht. Die über 180 Kilometer langen und 3 bis 15 Kilometer breiten Wanderdünen von Chongoryn Els sind ein weiteres Highlight, nicht nur für Fotografen. Die Einheimischen nennen sie „singende Dünen“. Übernachten kann man in der Gobi in Jurtencamps.
Wo im Norden unter blauem Himmel die schneebedeckten Gipfel des Altai-Gebirges aufragen, haben Adlerjäger ihre Traditionen bewahrt. Im Hoch-Altai liegen die Seen Khoton Nuur und Khogon Nuur. In ihrem glasklaren Wasser spiegeln sich eindrucksvoll die Berge. Am Berghang des Biluut kann man Felszeichnungen aus der Steinzeit besichtigen. Im Altai findet man sogar größere Gletscher. Daher ist die Region auch bei Bergsteigern beliebt. Die etwa 4000 Tuwa-Nomaden leben eng verbunden mit den Elementen und Naturgeistern. Dort ist ein Ort, wo die Wirklichkeit der Lebenden und der Toten, das Gestern und das Morgen zusammenfallen.
Es ist ein ganz besonderes Gefühl, in einer Jurte zu Gast zu sein. Spätestens seit Filmen wie „Das weinende Kamel“ träumen wir davon. Die Nomaden sind gastfreundlich und herzlich. Airag, die berühmte gegorene Stutenmilch, Käse und Joghurt machen die Runde. In der Mitte brennt ein kleiner Ofen, es wird mit getrocknetem Dung beheizt. Man sollte nicht über die Türschwelle stolpern. Sonst muss der Schamane die Jurte neu weihen, damit die Schutzgeister gewogen bleiben. Es gibt nichts Vergleichbares: Nachts aus der Tür einer Jurte zu treten und den atemberaubenden Sternenhimmel zu sehen. Unweigerlich wünscht man sich, dass der Urlaub nicht endet. Was man mitnimmt: "Ich bin nur ein Staubkorn in dieser unfassbar weiten Landschaft."
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Text: Ines Wagner