EuropaPrag: So schön ist Tschechiens Hauptstadt im Winter

Winternacht in der Altstadt von Prag - (Foto: ©MarekKijevski/istock.com)
Winternacht in der Altstadt von Prag - (Foto: ©MarekKijevski/istock.com)

Natürlich sind laue Vollmondnächte auf der Karlsbrücke wunderbar. Doch ein ruhigeres, ebenso schönes Prag wartet jenseits der Touristenmagneten - gerade im Winter.

Wenn der Nebel die Moldau hinauf kriecht und erste Schneeflocken fallen, wird es stiller in Prag. Es dunkelt früh. Lichter flammen auf, der Atem geht in Nebelwolken. Schritte hallen auf dem Kopfsteinpflaster, die sonst im Stimmengewirr nicht hörbar sind. Schatten verschwinden im nebligen Licht. Es ist das winterliche Prag, das jetzt mit seiner markanten Kulisse verzaubert. Freilich: Leer und ausgestorben ist Prag nie. Aber die zauberhafte Stadt lässt sich im Winter in Ruhe erkunden. Wer will, kann die 30 Statuen auf der Karlsbrücke endlich im Detail betrachten, ohne sich dabei über das Kopfsteinpflaster schieben zu lassen. So eröffnet die kalte Jahreszeit neue Blickwinkel und Perspektiven.

Bei kühlen Temperaturen locken außerdem unzählige Kirchen und Museen, aber auch gemütliche Bars und Kneipen. Immer wieder gibt es herrliche Ausblicke übers weiß bepuderte Dächergewirr der Stadt. Und nach einer ausgedehnten Erkundungstour durch das winterliche Prag läßt sich die Böhmische Küche noch besser genießen.

Hier einige Anregungen, was Besucher etwas abseits der Haupt-Touristenrouten bei Winterspaziergängen erkunden können.

Stille Ausblicke auf der Karlsbrücke genießen

Zuerst einmal geht's mitten hinein ins touristische Epizentrum: Die Karlsbrücke gehört freilich auch zum Winterprogramm. Am frühen Morgen oder gegen Abend hat man sie beinahe ganz für sich. Der Blick auf Moldau und Prager Burg ist unverstellt. Etwa in der Mitte der Brücke führen Treppenstufen nach unten. Unweit befindet sich die engste Gasse der Welt. Nur eine Person passt hindurch. Kurioserweise regelt eine Fußgängerampel den Durchgang. Die Gasse führt zum Eingang des Restaurant Čertovka im denkmalgeschützten Gebäude einer ehemaligen Schmiede am Ufer der Moldau. Der Blick von unten auf die Karlsbrücke ist ein echter Perspektivwechsel.

In Nostalgie schwelgen in der Lucerna-Passage

Nur unweit vom Wenzelsplatz lädt die beeindruckende Jugendstil-Passage Lucerna dazu ein, sich aufzuwärmen und die Zeit zu vertreiben. Die goldenen 20er-Jahre sind hier noch lebendig. Nostalgischer Charme versprüht ein Café in der ersten Etage. Der Rauch der letzten 100 Jahre hängt noch tief im Gemäuer, während alte Herren ihr Pivo heute rauchfrei trinken und in Erinnerungen schwelgen. Eine hintergründig-ironische Skulptur des Künstlers David Černýs hängt im Raum. Wer neugierig geworden ist und weiter nach seinen Spuren sucht, wird auch an anderen Orten Prags fündig.

Auf alternativen Routen durch das jüdische Prag streifen

Einer Sage nach liegen die Überreste des Golem auf dem Dachstuhl der um 1270 erbauten Altneu-Synagoge, den niemand betreten darf. Im Winter reicht der Jüdische Friedhof etwas näher an das andächtig-morbide Erlebnis, das man sich vorstellt. Wem dennoch zu viel los ist, erkundet das jüdische Viertel Josefov auf alternativen Streifzügen. Es gibt weniger frequentierte, aber nicht minder sehenswerte Synagogen. Zudem beeindruckt die elegante Pariser Straße mit ihrer Jugendstilarchitektur und zahlreichen koscheren Delis.

Die Viertel Vinohrady und Žižkov erleben

Das echte Prager Leben lernt man in zwei Bezirken östlich des Zentrums kennen. Žižkov ist ein traditionelles Arbeiterviertel, während in Vinohrady eher die Boheme zu Hause ist. Inzwischen vermischen sie sich mit vielen kleinen Cafés und Restaurants. Der markante Žižkover Fernsehturm bestimmt die Silhouette. Entfernt erinnert er an ein Raumschiff aus einer 60er-Jahre SiFi-Serie. An seiner Fassade klettern die berühmten Babies von David Černý auf und ab - von den Pragern gehasst und geliebt gleichermaßen.

Den Geruch von Wissen und alten Büchern aufsaugen

Genug der Kälte? Dann geht es drinnen weiter, auf der anderen Seite der Moldau. Egal ob Bücherwurm, Architekturliebhaber oder neugieriger Reisender – die beeindruckende Tschechische Nationalbibliothek im Kloster Strahov unweit der Prager Burg ist in jedem Fall einen Besuch wert. 1722 erbaut, beherbergt sie über 20.000 Bände an theologischer und medizinischer Literatur. Nicht nur die Bücher, auch die Fresken sind umwerfend. Ein Blick in die Klosterkirche lohnt sich, ebenso wie die Aussicht von der Terrasse hinter der Kirche auf die Stadt.

Zu Fuß durch Nový Svet schlendern

Die meisten Touristen machen zum Glück an der Prager Burg kehrt. Dabei liegt direkt dahinter ein bezauberndes kleines Viertel. In Nový Svet, zu deutsch Neue Welt, findet man reizvolle, mit Kopfstein gepflasterte Gässchen mit kleinen Häuschen. Selbst im Sommer lässt der Blick auf verwilderte Gärten schnell vergessen, dass man sich nur unweit des touristischen Epizentrums befindet. Kleine Cafés laden zum Aufwärmen und Verweilen ein.

Letná Park, Metronom und Aussicht bewundern

Natürlich kann man streiten, welches die beste Aussicht auf Prag ist. Der Letná Park gehört sicherlich dazu. Er befindet sich östlich der Burg und ist gut zu Fuß zu erreichen. Von dort aus gelangt man wieder ans Moldauufer. Am Rand des Parks wurde 1991 das gigantische Metronom an der Stelle errichtet, an der ehemals das größte Stalin-Denkmal der Welt stand. Dankenswerterweise schlägt es lautlos. Bei der Größe würde es einen Höllenlärm verursachen. Von hier aus hat man eine tolle Aussicht auf die Prager Altstadt.

Böhmische Weihnacht - nun doch hinein ins Gewühl stürzen

Ein Glanz liegt über Prag, wenn die Lichter des großen Weihnachtsbaums am Altstädter Ring eingeschaltet werden. „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“-Stimmung macht sich breit. Die Gotteshäuser schmücken sich mit prachtvollen geschnitzten Figuren. Ein Wettstreit um die schönste Krippe beginnt. Auch musikalisch liegt ein Zauber über der Stadt. Die beliebte "Böhmischen Hirtenmesse" Jan Jakub Rybas verbindet lateinische Messe mit volkstümlicher Weihnacht. Selbst wenn es auf den Weihnachtsmärkten etwas trubeliger zugeht – ein Besuch lohnt. Es gibt traditionelle Spezialitäten wie "Trdelník" - gerolltes und mit Zucker bestäubtes Gebäck - und natürlich tschechisches Bier.

Entlegene Orte entdecken

Ob Sommer oder Winter: Prag ist eine Reise wert. Den optimalen Guide durch Tschechiens Hauptstadt bietet Lonely Planets "Prag & Tschechische Republik".

Schau ihn dir doch hier einmal an.

Text: Ines Wagner

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