Endlos grüne Bergrücken, sich schlängelnde Wege, mystische Moore, aufrechte Steine, glasklare Seen, Wasserfälle und immer wieder Schafe - beim Wandern in Wales erlebt man unverfälschte Natur.
Ein beträchtlicher Teil von Wales gleicht einer abgelegenen Wildnis, sodass man in diesem Land der einsamen Moore und Berge, der von Klippen gesäumten Küsten und versteckten Täler keinen Menschenmassen begegnen wird. Wer durch die verwunschen wirkende Landschaft wandert, teilt sich die Wege meist nur mit dem einen oder anderen widerspenstigen Schaf.
Hier sind die besten Wanderungen in Wales
Der Snowdon ist zwar höher, aber für eine ebenso phänomenale Aussicht und weit weniger Menschenmassen ist die anspruchsvolle Wanderung auf den 893 Meter hohen Cadair Idris eine gute Alternative. Im Herzen des Snowdonia National Park gelegen, sieht dieses gewaltige, schroffe, goldgrüne Felsmassiv aus wie ein Hirngespinst von Tolkien. Er ist tatsächlich ein Berg der Mythen, benannt nach dem Riesen Idris, dessen Sitz der Berg einst gewesen sein soll. Wer an seinen Hängen schläft, wird der Legende nach entweder verrückt oder als Dichter erwachen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, ihn zu besteigen, aber der anstrengende, etwa zehn Kilometer lange Minffordd Path ist wohl der landschaftlich dramatischste. Sein zusätzlicher Bonus ist ein Zwischenstopp zum Schwimmen im Llyn Cau, einem eiszeitlichen Karsee, der von zerklüfteten, hohen Bergwänden umrahmt wird.
Strecke: 9,6 km hin und zurück, anspruchsvoll, 5 Stunden
Es mag sich anfühlen wie eine Straße ins Nirgendwo, wenn man den schmalen, steil mit Hecken gesäumten, einspurigen Weg entlanggeht. Aber schließlich stößt man auf blökende Schafe und einen herrlich abgelegenen Parkplatz in Llanddeusant, dem Ausgangspunkt für diesen spektakulären Weg zum Llyn y Fan Fach. Der See liegt einsam in der Black Mountain-Kette im westlichen Teil des Brecon Beacons National Park und ist von einer urzeitlichen, fast brutalen Schönheit. Gletschererodierte Gipfel erheben sich über diesem stahlblauen See, der die Kulisse für die Legende der Lady of the Lake bildet, die im mittelalterlichen walisischen Volksepos The Mabinogion auftaucht. Der Weg führt stetig flussaufwärts bis zum See, immer mit Blick auf die malerischen Bergrücken, hinter denen Hochmoore liegen.
Strecke: 6,5 km lange Schleife, mittelschwer, 2,5 Stunden
In den herrlich wilden und abgelegenen Preseli Hills von Pembrokeshire, wo dichte Wolken Schatten über die kahlen Moore und Felsen werfen, sieht man häufiger Schafe und wilde Ponys als andere Wanderer. Diese Hügel, die mit dem Gipfel des Foel Cwmcerwyn eine Höhe von 536 Meter erreichen, verbergen eine sensationelle prähistorische Landschaft, die reichlich mit Hügelfestungen, stehenden Steinen und Grabkammern übersät ist. Die Legende besagt, dass die Steine von Stonehenge von hier stammen. Die elf Kilometer lange, in West-Ost-Richtung verlaufende Golden Road führt entlang des Rückgrats der Hügel und nimmt Steinhaufen und den Steinkreis von Bedd Arthur in sich auf. Die Golden Road ist Teil einer 5.000 Jahre alten Handelsroute zwischen Wessex und Irland.
Strecke: 11 km, mittelschwer, 4 Stunden für eine Strecke
Ynyslas in Ceredigion ist beliebt für seine erfrischende Weite aus Himmel, Sand und Brandung. Die wogenden Dünen sind ein wesentlicher Bestandteil des Unesco-Biosphärenreservats Dyfi. Dieses Naturschutzgebiet zieht Feuchtgebietsvögel wie Flussregenpfeifer und Brandgänse sowie Delfine, Schweinswale und Otter an. Wanderwege führen durch die Dünen, die mit windgebeugtem Strandhafer bewachsen und im Sommer mit Wildblumen wie Sumpf- und Bienenorchideen und Seerosen übersät sind. Es ist ein ruhiger Ort, an dem man zum breiten, langen, mit Muscheln übersäten Strand hinunter wandern kann, während sich in der Ferne die dunklen Gipfel von Snowdonia abzeichnen. Ein lohnender Abstecher sind die knapp zwei Kilometer entlang des Ceredigion Coast Path nach Borth, wo bei sehr niedrigem Wasserstand die versteinerten Baumstümpfe eines prähistorischen Waldes zu sehen sind.
Strecke: 4,8 km, leicht, 45 Minuten
Pembrokeshire wird zu Recht für seine einsamen Strände, hohen Klippen und den herrlichen, 115 Kilometer langen Küstenweg gerühmt, der 2020 sein 50-jähriges Bestehen feiert. Wer weder die Zeit noch die Ausdauer für den gesamten Küstenpfad hat, kann eine der unvergesslichen kurzen Wanderungen um die Landzunge von Dinas Island unternehmen. Abseits der Hochsaison hat man den drei Kilometer langen Rundweg weitgehend für sich allein. Die von zerklüfteten, mit Stechginster bewachsenen Klippen gesäumte Küste ist geprägt von Schmugglerbuchten, welche die volle Wucht der Irischen See zu spüren bekommen. Die meisten sind nur mit dem Boot zu erreichen. Aber auch die Ausblicke von Dinas Head, wo man manchmal Delfine und Robben sehen kann, und Needle Point, wo sich häufig Papageientaucher tummeln, sind beeindruckend. In dem Weiler Cwm-yr-Eglwys stehen die Ruinen der mittelalterlichen St. Brynach's Church. Es lohnt sich, den Sonnenuntergang am Ende der Wanderung noch abzuwarten und dann auf ein Bier im The Old Sailors einzukehren.
Strecke: 4,8 km, mittelschwer, 2 Stunden
Die kahlen Berge der Brecon Beacons mit ihren von Gletschern geformten Tälern und Hochmooren gipfeln im 886 Meter hohen Pen-y-Fan, wo sich die Wege bei Sonnenschein mit Wanderern füllen. Nur ein Tal weiter und versteckt in den Wäldern liegt Waterfall Country. Es lohnt sich, einen schönen Tag zu wählen und feste Schuhe einzupacken, um den dreieinhalb Kilometer langen Four Falls Walk zu gehen. Er taucht tief in einen dichten Kiefernwald und eine farnartige Schlucht, die wie ein Märchen wirkt, ein. Stufen und Stege führen zu einer Reihe von Wasserfällen. Der beeindruckendste davon ist der Sgwd-yr-Eira, der Wasserfall des Schnees, hinter dem man entlang laufen kann. Wer früh morgens aufbricht, hat die Wasserfälle noch ganz für sich.
Strecke: 8,8 km, mittelschwer mit anspruchsvollen Abschnitten, 3,5 Stunden
Die wilde Llŷn-Halbinsel liegt dort, wo die Cardigan Bay ihren nördlichen Haken in die Irische See schlägt. Im Osten erhebt sich das zerklüftete Massiv von Snowdonia, während Irland nur einen Kieselsteinwurf westlich hinter dem wellengepeitschten Meer liegt. Um sich einen Überblick über das großartige Panorama zu verschaffen, lohnt dieser zweistündige, etwa vier Kilometer lange Rundweg zum Mynydd Rhiw. Dieser Felsbrocken ist zwar mit seinen 304 Metern nicht besonders hoch, hat aber alles, was die Halbinsel so besonders macht. Der Weg beginnt am Parkplatz Plas yn Rhiw und führt über Schafweiden, Trockenmauern und heidebewachsene Moore hinauf zum Trigonometriepunkt auf dem Kamm. Von hier aus hat man einen atemberaubenden Blick auf Snowdonia, den großen goldenen Bogen von Porth Neigwl, den Höllenschlund, und auf die vorgelagerte Insel Bardsey, auf der 20.000 Heilige begraben liegen sollen.
Strecke: 4,3 km, mittelschwer, 2 Stunden
St. Davids, die kleinste Stadt Großbritanniens mit ihren 1.800 Einwohnern ist der Geburtsort des Schutzpatrons von Wales und ein Magnet für Pilger. Gekrönt wird St. Davids von einer gigantischen mittelalterlichen Kathedrale. Eine etwa sechs Kilometer lange Rundwanderung umgeht die Menschenmassen, die sich an diesem beliebten Küstenort tummeln, und führt über einen Zaun und durch das Kissing Gate nach St. Davids Head. Die mit Ginster bewachsene Landzunge, die an der kilometerlangen Whitesands Bay beginnt, ist ein bemerkenswerter Ort für eine Küstenwanderung mit dramatischen Klippen, versteckten Buchten wie Porthmelgan, Ausblicken über das Meer auf Ramsey Island, einem Hügelfort aus der Eisenzeit, und eine neolithische Grabkammer.
Strecke: 6,4 km, mittelschwer, 1,25 Stunden
Die Cambrian Mountains sind karg, dünn besiedelt und oft sehr still, bis auf das durchdringende Pfeifen der über ihnen kreisenden Rotmilane. Kein Wunder, dass sie sich bestens für Banditen eignen, die ein Versteck suchen - so wie Twm Siôn Cati, ein Gesetzloser aus dem 16. Jahrhundert, der Robin Hood ähnelte. Der vier Kilometer lange Rundweg im RSPB-Reservat Gwenffrwd-Dinas führt tief in uralte Eichen- und Erlenwälder, die im späten Frühjahr mit Glockenblumen bedeckt sind, entlang eines schnell fließenden Flusses und tief in ein mit Felsbrocken übersätes Tal. Etwa auf halber Strecke führen steile Stufen hinauf zur Höhle von Twm Siôn Cati. In der Höhle sind kunstvoll geritzte Inschriften zu sehen, von denen einige aus der viktorianischen Zeit stammen.
Strecke: 4 km, leicht, 1 Stunde
Wenn man sich jemals Hals über Kopf in die walisische Küste verliebt, dann sicherlich in Llanddwyn auf Anglesey, mit seinem weiten Himmel, den herrlichen Sandstränden und dem malerischen Licht. Die romantischen Ruinen der St. Dwynwen's Church ziehen seit Jahrhunderten Pilger an. Sie werden mit St. Dwynwen in Verbindung gebracht, dem walisischen Schutzpatron der Liebenden, einer Art walisischem St. Valentin. Diese etwa fünf Kilometer lange Rundwanderung beginnt am Parkplatz des Newborough Forest und führt durch schattige Kiefernwälder, in denen sich rote Eichhörnchen tummeln. Sie endet an einem der schönsten Dünenstrände der Insel und führt hinüber nach Llanddwyn, einer felsigen Landzunge, die sich bei Flut in eine Insel verwandelt.
Strecke: 5,6 km, leicht, 2 Stunden
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Text: Kerry Walker/Lonely Planet International
Deutsche Bearbeitung: Ines Wagner