Blaue Gletscher, ewiger Schnee, einsame Fjorde, Buckelwale, die im Eismeer auf- und abtauchen - über Grönland liegt ein besonderer Zauber. Wir geben Tipps für außergewöhnliche Naturerlebnisse auf der größten Insel der Erde.
Grönland ist nichts für Luxusjunkies. Aufgrund ihrer geografischen und rauen klimatischen Besonderheiten ist die Insel nicht ganz einfach zu bereisen. Der Tourismus ist deshalb überschaubar. Grönland ist noch immer ein Geheimtipp. Wer keine Lust auf Massentourismus hat und unberührte Natur erleben möchte, wer schon immer Wale sehen wollte und wem Schnee, Eis und Kälte nichts ausmachen, sondern wen das begeistert – für den ist die riesige Insel zwischen dem Nordatlantik und dem Nordpolarmeer ein echtes Abenteuerland. Wo sonst lassen sich Eisbären, Buckelwale, Moschusochsen, Walrosse, Rentiere und Seeadler freilebend beobachten? Wo sonst Fotos schießen, auf dem spektakuläre Eisberge, farbenprächtige Nordlichter und Schlittenhunde gleichzeitig zu sehen sind?
84 Prozent der Landfläche des autonomen dänischen Territoriums sind von Eis bedeckt. Die Bevölkerungsdichte ist verhältnismäßig gering. Die meisten Grönländer leben an der eisfreien, von Fjorden gesäumten Küste, vor allem im Südwesten. Die Ausdehnung der Insel reicht weit über den Polarkreis hinaus. Deshalb ist Grönland der perfekte Ort, um im Sommer die Mitternachtssonne und im Winter atemberaubend schöne Polarlichter zu erleben. Wir geben Tipps, wo eine Reise nach Grönland zu einem unvergesslichen Abenteuer wird.
Die Einheimischen nennen ihre kleine Hauptstadt gern liebevoll "Nuuk York", auch wenn der Einwohneranteil nur 1 Prozent des echten New York ausmacht. Wo sonst, wenn nicht im am dünnsten besiedelten Land der Welt, kann man inmitten von Straßenbeleuchtungen Polarlichter zu sehen? Am Ufer finden sich vor dem Panorama des Sermitsiaq pittoreske Häuser in bunten Farben. Im Grönländischen Nationalmuseum sind Mumien und Robbenfellboote ausgestellt, im Kunstmuseum lokale Kunstwerke. Auch kulturell ist einiges los: Im Kulturzentrum Katuaq finden Filmvorführungen, Konzerte und Ausstellungen statt.
Die einzige Inlandstadt Grönlands bietet im kurzen Sommer tatsächlich strandähnliche Temperaturen. An 300 Tagen im Jahr steht der Himmel wolkenlos über den etwa 540 Einwohnern. Drum lassen sich von Oktober bis April faszinierende Nordlichter beobachten. Eine 25 Kilometer lange Schotterpiste führt von Kangerlussuaq zum Inlandeis. Der Gletscher kalbt in den Fluss und hinterlässt bizarre Eisfiguren. Wem weder die raue Natur noch die eisigen Winde etwas ausmachen, für den wird es ein Abenteuer sein, ein paar Nächte draußen im Zelt zu übernachten.
Wer die Gelegenheit ergreifen möchte, die seltenen Moschusochsen zu sehen, fährt von Kangerlussuaq zum Tasersuatsiaq-See. Am besten lassen sich die fabelähnlichen Überlebenden der Eiszeit mit einem Guide beobachten. Von Kangerlussuaq aus werden Touren angeboten, die zu einem kleinen Camp im Landesinneren führen. Die scheuen Tiere halten sich in Gegenden auf, die selten von Menschen besucht werden. Mit etwas Glück lassen sie sich bei einer Kajaktour vom Wasser aus beim Grasen am Ufer beobachten.
Die drittgrößte Stadt Grönlands ist aus gutem Grund sehr beliebt: Direkt vor der Stadt wartet eine gigantische Skulpturengalerie aus Eis auf ihre Besucher. Drei verschiedene Fußwege führen zum imposanten Eisfjord. Das UNESCO-Weltkulturerbe beeindruckt auch akustisch – selbst mitten in der Stadt hört man die Eisberge knacken und grummen. Naturliebhaber lockt der Ruf der Wildnis. Die Umgebung von Ilulissat lädt zum Wandern und Klettern ein, im Winter zu Hundeschlittentouren. Die Eisberge lassen sich auf verschiedene Weise erkunden: per Rundflug oder mit dem Boot. Unvergesslich: tanzende Polarlichter über den Massiven der Eisberge.
Der Gletscher des 40 Kilometer langen Eisfjordes fließt so schnell, dass er täglich 20 Millionen Tonnen Eis erzeugt. Von der Mündung bei Ilulissat lassen sich die Eisberge auf einer Kreuzfahrt in der Disko-Bucht aus nächster Nähe betrachten. Die Riesen scheinen vor sich hinzudümpeln, dabei liegen noch sieben Achtel ihrer Masse unterhalb der Wasseroberfläche. Fotoausrüstung nicht vergessen: Die Fahrt zwischen den blau gestreiften Eisbergen hindurch zählt vermutlich zu den beeindruckendsten Reiseerlebnissen.
Die kleine Insel in der Disko-Bucht wird nur von etwa 500 Menschen bewohnt und kaum von Touristen besucht. Bei ausgedehnten Spaziergängen am Ufer lässt sich in Ruhe nach Walen Ausschau halten. Da die Meeresriesen direkt vor der Küste auf Futtersuche gehen, sind sie nicht selten mit bloßem Auge von der Insel aus sichtbar. Eine andere Möglichkeit: Das kleine Touristenbüro vermittelt individuelle Waltouren mit einheimische Fischern. Nicht erschrecken, wenn Goliath plötzlich neben Davids kleinen Fischerboot auftaucht.
Eine Helikoptertour über den Eqi-Gletscher ist nicht günstig, aber der grandiose Ausblick auf den gigantischen Gletscher ist sicherlich ein unvergessliches Erlebnis. Der Eqi ist einer der aktivsten Gletscher in Grönland. Beeindruckend ist das unter gewaltigem Getöse herabstürzende Eis aus der Nähe anzusehen. Wer möchte, verbringt ein, zwei Nächte in der Glacier Lodge Eqi. Eine 4- bis 5-stündige Tour verläuft von der Lodge bis zur Moränenkante am Eqi-Gletscher. Auch hier können besonders hartgesottene Glacier-Fans eine Nacht in Zelten verbringen, die zur Lodge gehören.
Mit über 2.000 Einwohnern ist Tasillaq eine der am schnellsten wachsenden Städte Ostgrönlands. Nur 106 Kilometer südlich vom Polarkreis gelegen, ist die Stadt im Sommer Ausgangspunkt für Wanderungen, Klettertouren, Kajaktouren, Walsafaris und Bootstouren im Eisfjord Sermilik. Es gibt sogar eine Fußball-Küstenmeisterschaft. Im Winter locken Hundeschlittentouren und Schneescooter-Fahrten in die nahe gelegene kleine Siedlung Tiniteqilaaq.
In Ostgrönland liegt der größte Nationalpark der Welt. Er wird von unterschiedlichem Kleinwild, arktischen Vögeln, Eisbären, Moschusochsen, Rentieren und Walrossen bewohnt. Außer Patrouillen des dänischen Militärs und Fängern aus der benachbarten Stadt Ittoqqortoormiit, die auch Ausgangsort für den Nationalpark ist, sind kaum Menschen im Park unterwegs. In dem Gebiet mit einer 18.000 Kilometer langen unwegsamen Küstenlinie liegt auch der mit 3694 Metern höchste Berg in der Arktis, der Gunnbjørns Fjeld.
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Text: Ines Wagner