Alte und gefährliche Orte neu entdecken - der Film-Archäologe Indiana Jones tat das mit Peitsche und Revolver im Kino. Doch kann man das auch als Reisender erleben? Man kann.
Pfeile schwirren durch die Luft, ein Fuß schwebt schon unheilvoll über einem Abgrund und ein großer Fels will den Helden hinterrücks überrollen. So abenteuerlich wie in den Indiana Jones-Filmen ist Archäologie freilich nicht. Die meisten Archäologen können auch herzlich wenig mit einer Peitsche anfangen und erreichen viel mehr mit Pinsel, Spatel und einer großen Portion Geduld. Denn höchst selten sind die Anlagen, die sie neu entdecken, überhaupt begehbar. Schlechte Voraussetzungen für Fallen und damit auch für Heldenmut à la Indy.
Und dennoch: Es gibt Orte, an denen das Abenteuer und die Atmosphäre der Indiana Jones-Filme zumindest in der Luft liegen. Gräber und Tempel, die Schutzmechanismen hatten oder Paläste mit geheimnisvollem Luxus. Wer also den Ruch des Abenteuers riechen möchte, dem seien hier sieben Orte genannt, an denen man sich wenigsten fühlt, wie Indiana Jones in einem der Filme.
Der Mythos: Indiana Jones klaut eine goldene Statue aus einem Tempel und löst dabei ein tödliche Falle aus. Eine rollende Felskugel verfolgt ihn durch die Gänge des Tempels in Südamerika und droht, den Helden zu zerquetschen.
Die Wahrheit: Solche Fallen gibt es nicht, da sind sich Archäologen einig - wohl aber die Steinkugeln. In Costa Rica in Zentralamerika stehen rund 300 große und kleine Sphären, die von Menschen vor hunderten Jahren erschaffen wurden. Diese Steine sind derart beeindruckend, dass sie zum UNESCO-Welterbe zählen. Allerdings weiß keiner heute, wozu diese Riesenkugeln dienten. Archäologen haben sie zumindest bisher nicht verfolgt. Oder konnte nur keiner davon berichten?
Indy-Feeling erleben: Die Felskugeln liegen auf der Halbinsel Osa im Westen Costa Ricas und sind mittlerweile ein Teil eines Museums. Mehr Info dazu hier.
Der Mythos: In "Indiana Jones und der Tempel des Todes" besucht Indy den indischen Pankot Palace, in dem er Luxus genießt - auch wenn das Essen aus allerlei Scheußlichkeiten im westlichen Geschmackssinne besteht. Bald stellt sich aber heraus, dass unter dem Palast die Anhänger der Göttin Kali Menschenopfer darbringen.
Die Wahrheit: Der Palast im Film ist der Amber Palace nahe Jaipur. Tatsächlich gibt es dort auch einen Kali-Tempel. Doch fehlen (hoffentlich) ihre mordenden Anhänger. Kali ist tatsächlich nicht nur die Göttin des Todes, sondern auch des Wandels, der Erneuerung und des Schutzes vor Dämonen. Also vielleicht gar nichts so versessen auf Menschenopfer, oder?
Indy-Feeling erleben: Auch der Amber Palace gehört zum UNESCO-Welterbe und kann freilich von Touristen besucht werden. Die pompöse Anlage vermittelt den Luxus und auch die Wehrhaftigkeit der Maharajas. Mehr Infos auf der Webseite zum Palast.
Der Mythos: 210 Jahre vor Christus beerdigten die Untertanen des Reiches Qin ihren König in einer riesigen Grabanlage. Bewacht wurde sein Leichnam von 6.000 Kriegern aus Ton. Die sind mittlerweile als Terrakotta-Armee weltweit bekannt. Doch über den Kaiser weiß man nur sehr wenig, denn er wurde noch nicht geborgen. Es heißt, im Inneren seines Grabhügels hätte er den Gelben Fluss und die Ozeane mit giftigem Quecksilber nachbilden lassen. Eine Todesfalle für allzu neugierige Archäologen.
Die Wahrheit: Tatsächlich ist der König noch nicht ausgegraben und tatsächlich haben Untersuchungen im Grab eine hohe Quecksilberkonzentration angezeigt. Also müssen Archäologen hier tatsächlich Vorsicht walten lassen. Allerdings sieht der Plan auch vor, zunächst die Terrakotta-Armee komplett auszugraben.
Indy-Feeling erleben: Der Armee aus Ton können Besucher mittlerweile in großen Hallen besichtigen. Das Mausoleum liegt 36 Kilometer von Xi'an im Nordosten Chinas und ist ebenfalls Teil des UNESCO-Welterbes.
Der Mythos: Die Ägypter wehrten sich mit allerlei Flüchen und Fallen vor Grabräubern. Bekannt dürfte der Fluch des Tutanchamun sein, der viele Archäologen traf, die bei der Öffnung des Grabes anwesend waren.
Die Wahrheit: Erfolgreich waren die alten Ägypter gegen Grabräuber letztlich nie. Tatsächlich wurden viele Gräber im Tal der Könige erfolgreich ausgeraubt. Doch was Abenteuer angeht, zeigt zumindest das Grab von Amenhotep III. mögliche Fallen. So tut sich mitten im Weg ein sechs Meter tiefer Schacht im Boden auf. Hier spekulieren Archäologen zumindest darüber, ob dieser Schacht eine Schutzfunktion hatte. Er könnte aber auch andere Gründe gehabt haben, zum Beispiel religiöse.
Indy-Feeling erleben: Das Tal der Könige und die Tempel bei Luxor gehören zum UNESCO-Welterbe. Sie liegen in einer Wüstenlandschaft, wie sie Indiana Jones im ersten Teil bei den Ausgrabungen erlebt hat. Das Grab Amenhoteps III. war zur Zeit des Schreibens allerdings gerade wegen Renovierung geschlossen.
Der Mythos: Jahrtausendealte Kulturen? Da denkt man schnell an Ägypten, aber nicht an Schottland. Und doch: Einige der beeindruckendsten und geheimnisvollsten Monumente der Welt stammen aus der Steinzeit in Europa. Steinkreise wie der Ring of Brodgar etwas, der noch vor Stonehenge erbaut wurde. Oder aber das Grab Maes Howe ganz in der Nähe. Es ist so konstruiert, dass zu bestimmten Tagen im Jahr die Sonne durch den langen Gang in die Kammer im Inneren führt. Ein gefundenes Fressen für Esoteriker, die hier gerne auch Außerirdische am Werk sehen.
Die Wahrheit: Tatsächlich ist Maes Howe ein Meisterwerk, von dem sich viele Fragen, wie es wohl erbaut wurde. Denn die Architektur ist genauestens überlegt. Gebaut wurde mit riesigen Steinen, die über Meilen hergeschleppt wurden. Und keiner weiß wie. Zur Zeit der Pyramiden waren die Europäer also keineswegs tumbe Steinzeitmenschen. Zusammen mit den Steinkreisen und vielen anderen Funden bildet Maes Howe das UNESCO-Welterbe "Heart of Neolithic Orkney".
Indy-Feeling erleben: Einmal durch einen langen Gang in eine unterirdische Grabkammer kriechen. Hier und auch in weiteren Gräbern Orkneys möglich. Abenteuer Archäologie ist hier noch am unmittelbarsten zu spüren. Mehr Infos auf dieser Seite.
Der Mythos: Wir schreiben das Jahr 1795. Der Holzfäller Daniel McGinnis streift über die nahezu unbewohnte Insel Oak Island im Westen der kanadischen Provinz Nova Scotia. Plötzlich liegt vor ihm eine Grube und er findet am Baum darüber merkwürdige Kerben wie von Seilen. Hier haben Menschen etwas verborgen - etwa ein Piratenschatz? Es beginnt eine Schatzsuche, die bis heute andauert. McGinnis selbst grub hier noch nach. Er stieß auf eine Lage Schieferplatten, die vom Festland kommen mussten. Danach fand er noch sorgsam verlegte Baumstämme auf drei und sechs Meter Tiefe. Weitere Schatzsucher gruben immer tiefer, fanden dabei weitere Holzböden und Kokosfasern. Nur einen Schatz, den fanden sie nicht. Über die Jahrhunderte ereignete sich hier einiges: Explosionen, Überschwemmungen und Entdeckungen von komplizierten Kanalsystemen. Es wurden Rechtsstreits geführt und Schächte bis über 70 Meter tief gebohrt. Noch heute dauert die Suche an - zeitgemäß als Reality-TV-Show mit dem Namen "The Curse of Oak Island".
Die Wahrheit: Viele bayerische Bauern würden bei McGinnies Entdeckung müde abwinken. Dolinen oder Sinkhöhlen auf Weiden kennen sie zu genüge. Und so gehen heute auch einige davon aus, dass der erste Fund eine natürliche Vertiefung war. Alles weitere waren Dinge, die die vielen Schatzsucher selbst mitgebracht hatten. Eine echte archäologische Untersuchung ist nicht mehr möglich, da die Schatzsucher alle ursprünglichen Spuren zerstört haben. Geld steckt in der Höhle freilich auch. Aber eben verschwendetes Geld, weswegen die Grube auch "Money Pit" genannt wird: "Geldgrube".
Indy-Feeling erleben: Mittlerweile aber machen die Schatzsucher mit Tourismus Geld. Es gibt ein Besucherzentrum mit Informationen und Touren sind möglich, allerdings sehr frühzeitig ausgebucht. Mehr Infos auf dieser Webseite.
Der Mythos: Als die Archäologen die unbekannte Frau fanden, trug sie eine Maske aus Jade. Doch zu dem Jadegrün mischte sich noch etwas: Der Leichnam, der Sarg und die Beigaben waren in ein knallrotes Pulver getaucht. Es handelt sich um das giftige Cinnabarit, das so jeden Grabräuber umbringen sollte - so jedenfalls heißt es. Wer so geschützt wurde, muss eine Königin sein. Und so bekam sie den Namen "Reina Rocha" - "Rote Königin".
Die Wahrheit: Cinnabarit ist zwar giftig, aber es wurde schon in vielen Kulturen als Farbstoff eingesetzt. Bei uns ist es auch bekannt als Zinnober. Vermutlich wollte man also nur die Farbe des Blutes hier nachbilden, das für Mayas heilig war. Mittlerweile ist auch die Identität der Toten geklärt. Es handelt sich vermutlich um die Frau des Maya-Königs Pakal.
Indy-Feeling erleben: Hier lebt er auf, der Südamerika-Augenblick des Indiana Jones zu Beginn von "Jäger des verlorenen Schatzes". Denn hier stehen sie tatsächlich, die Tempel, die umgeben sind von Urwald. Die Maya-Stadt im Dschungel von Chiapas nahe Palenque, in dem sich das Grab der Königin befindet, gehört heute zum UNESCO-Welterbe und kann besichtigt werden. Über einen Dschungelpfad kommt man zu einem nahen Museum, das über die Geschichte aufklärt.
Abenteuer sind übrigens auch im Buch "1000 einmalige Reisen" zu finden.
Schau es Dir doch hier einmal an.
Text: Stephan Goldmann