Albanien war lange isoliert vom Rest der Welt. Darum gilt das Land heute als unkonventionelles aber günstiges Reiseziel. Wir zeigen Albanien von seiner schönsten Seite.
Das "Land der Adler" ist vielleicht immer noch hauptsächlich für seine stürmische kommunistische Vergangenheit bekannt. Die Bilder der etwa 750.000 Betonbunker, die im ganzen Land verstreut sind, machen es schwer, das Gegenteil zu beweisen.
Und genau deshalb ist es an der Zeit, Albanien als junges, moderne Land mit seinem vielfältigen historischen und kulturellen Erbe kennenzulernen. Der beste Weg, die sagenhaften Burgen, UNESCO Weltkulturerbestätten und ethnografischen Museen zu besichtigen, ist ein Road Trip im Mietwagen oder eigenem Fahrzeug. Er lohnt sich besonders für all diejenigen, die wenig Zeit haben oder nicht daran interessiert sind, das erstaunliche Bussystem des Landes zu erkunden.
Albanien von seiner historischen, traditionellen, kulturellen und kulinarischen Seite kennenzulernen, lohnt sich.
Im Norden Albaniens liegt am Ufer des Sees Skutari eine der ältesten und interessantesten Städte des Landes. Einst war Shkodra eine wichtige Handelsstadt. Die Gründe dafür sind auf die günstige geografische Lage zurückzuführen. Die Stadt liegt am Zusammenfluss der Flüsse Drin und Bruna und nur wenige Kilometer von der Adriaküste entfernt. Heute gilt das faszinierende Shkodra dank seiner musikalischen und literarischen Traditionen als Kulturhauptstadt des Landes.
Bereits im 3. Jahrhundert vor Christus begründeten die Illyrer erstmals eine Festung. Später kamen die Römer und im Mittelalter kam die Stadt unter türkische Herrschaft. Heute ist die beeindruckende Festung Rozafa eine der Hauptsehenswürdigkeiten. Sie gilt als älteste Festungsanlage des Landes. Ihre Erbauung im 4. Jahrhundert vor Christus ist noch heute von einem Mythos umgeben. In der Nähe der Burg steht die imposante Blei-Moschee mit ihren vielen Kuppeln. Die perfekt erhaltene Franziskanerkirche Ruga-Ndre-Mjeda zeugt vom Katholizismus Albaniens. Die Bewohner der Stadt sind besonders stolz auf eine Statue der Heiligen Mutter Teresa. Eine weitere Attraktion ist das Marubi National Photography Museum, das eine große Sammlung großartiger Werke von Albaniens ersten berühmten Fotografen beherbergt.
Ein Spaziergang durch die vor kurzem renovierte Altstadt von Shkodra lohnt sich. In den engen Gassen und Straßen wechseln sich historische osmanische Gebäude und gut erhaltene Steinmauern mit modernen Bauwerken ab. Etwa 5 Kilometer von der Stadt entfernt führt die Brücke Mes über den Fluss Kir. Sie ist eine der ältesten erhaltenen osmanischen Brücken Albaniens und hat eine erstaunliche Länge von 108 Metern.
Wo übernachten?
Das Tradita G & T Hotel ist ein ausgezeichnetes, traditionell eingerichtetes Boutique-Hotel mit gemütlichen Zimmern. Wer nicht übernachten will, genießt vielleicht einfach im hoteleigenen Restaurant die Köstlichkeiten der traditionellen albanischen Küche.
Weiter geht es von Albaniens Kulturhauptstadt in die historische Hauptstadt Kruja. Ohne einen Stopp in dieser Stadt wäre eine Albanienreise nicht komplett. Der Name ist gleichbedeutend mit dem des Nationalhelden George Castriot Skanderberg, der vor 500 Jahren den Widerstand gegen die Osmanen anführte. Eine Zeit lang lebte Skanderberg in Kruja, daher gilt sie als fast heilige Stadt für die Albaner.
Die wichtigsten und beeindruckendsten Sehenswürdigkeiten lassen sich in ein paar Stunden erkunden. Darunter sollte auf jeden Fall das Skanderberg Museum sein, das National Ethnographic Museum und das etwas verstecktere Bektashi Teqe. Alle drei Museen befinden sich im historischen Schloss Kruja. Mit seiner idyllischen Lage auf einem Hügel sind seine alten Gemäuer ein charmanter Ort, um entspannt allerlei Wissenswertes über die wechselvolle Geschichte Albaniens zu erfahren. Wer den quirligen, traditionellen Basar in Kruja erleben möchte, startet am besten in den frühen Morgenstunden. Er liegt direkt vor den Mauern der Burganlage. Später am Tag rollen allerhand Touristenbusse heran und die Atmosphäre verändert sich. Kruja ist reich an Geschichte, Kultur und schönem traditionellen Kunsthandwerk, das beispielsweise auf dem Basar verkauft wird
Wo übernachten?
Die herrliche Aussicht und die gute Lage des Hotels Panorama Kruje machen es zu einer perfekten Wahl für alle, die es nicht eilig haben. Denn wer in Kruje übernachtet, statt am Abend in die 35 Kilometer entfernte hektische Hauptstadt zurückzukehren, erlebt ein ruhiges, gastfreundliches Albanien. Das Restaurant des Hotels bietet typische albanische Küche. Auch innerhalb der Burgmauern lädt ein angenehmer Ort zum Verweilen während des Museumsbesuches ein: das Bar Restaurant Alba.
Von Kruja oder Tirana geht es weiter Richtung Süden über Lushnja und die SH4 nach Berat. Bekannt ist Berat als "Stadt der tausend Fenster". Mit diesem Beinamen wurde die Stadt schnell zu einem Star in der albanischen Reiseszene. Sie verdankt ihn der osmanischen Besiedelung der Stadt, die mit den Jahrhunderten auf beiden Seiten des Osumi Flusses die Hänge hinauf gewachsen ist.
Das alte Viertel Mangalem mit seinen malerischen engen, gepflasterten Straßen steht nicht ohne Grund auf der UNESCO Welterbeliste. Ein Aufstieg zu seiner noch bewohnten Festung Kalaja belohnt die Besucher mit spektakulären Ausblicken auf die umliegenden Berge und hinab auf die Stadt. Sehenswert sind die Kunstwerke aus dem 16. Jahrhundert im Onufri Museum, das sich in der Kirche der “Entschlafung der Heiligen Maria” befindet, der größten Kirche innerhalb der Festung aus dem 18. Jahrhundert. In einem hübschen osmanischen Haus, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, liegt das Ethnographische Museum mit zahlreichen eindrucksvollen Ausstellungsstücken der langen Tradition albanischer Kultur.
Wo übernachten?
Es lohnt durchaus, für Berat mindestens eine oder zwei Nächte einzuplanen. Der schönste Ort, den wir empfehlen möchten, ist das familiengeführten Hotel Osumi im Herzen des Mangalem-Viertels. Wer einen Drinks mit Aussicht oder ein eleganteres Abendessen genießen möchte, findet einen tollen Platz auf der Dachterrasse des Hotel Tomori oder im Restaurant Antigone mit herrlicher Aussicht auf den Fluss und die Brücke.
Gjirokastra, die letzte Station dieser Nord-Süd-Kulturreise durch Albanien, wurde 2008 zusammen mit Berat als eine weitere eindrucksvolle osmanische Stadt in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Die Autofahrt führt zunächst zurück nach Lushnja und dann weiter entlang der SH4 durch den spektakulären Distrikt Tepelenë und das Drino-Tal, das aus Lord Byrons Briefen über Albanien Weltruhm erlangte.
Die Fahrt ins historische Zentrum von Gjirokastra führt zumeist über kleine Einbahnstraßen. Kaum jemand kann sich der Magie der mit Kalkstein gepflasterten Altstadt und ihren traditionellen osmanischen und albanischen Häusern entziehen. Hier liegt auch der Geburtsort von Albaniens berühmtestem Autor, Ismail Kadare. Vom Stadtkern aus geht es weiter zur imposanten Burg Gjirokastra, die zu den schönsten des Landes zählt. Die Strecke lässt sich gut erwandern oder mit dem Auto zurücklegen. Der weite Talblick von der Burganlage über das Land ist spektakulär.
In Gjirokastra locken auch einige Museen. Geschichtliche Themen finden sich in der Artillerie-Galerie und im Armeemuseum. Letzteres ist dem alten Gefängnis angegliedert. Auch das neue Gjirokastra-Museum ist sehenswert. Ein pikantes Objekt ist das Skelett eines Flugzeuges der US-Luftwaffe, das 1957 auf mysteriöse Weise in der Nähe von Tirana abstürzte. In der Altstadt befindet sich das ethnographische Museum, in dem einst Albaniens berüchtigter kommunistischer Diktator Enver Hoxha lebte. Das Zekate House und das Skenduli House sind architektonisch sehenswerte osmanischen Herrenhäusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Wo übernachten?
Warum nicht das Haupt in historischem Ambiente weich betten? Das zumindest bietet das 300 Jahre alte Gjirokastra Hotel seinen Gästen. Es liegt unweit der Basar-Moschee im Museumsviertel. Wer sich zudem kulinarisch verwöhnen lassen möchte, wird sich im Kujtimi, mitten im Herzen der Altstadt, wohlfühlen. Dort werden die Gäste mit traditionellen lokalen Speisen verwöhnt, bevor Sie zurück nach Norden oder weiter zur albanischen Riviera fahren.
In Albaniens Hauptstadt Tirana lässt sich problemlos ein Mietwagen finden, es gibt zahlreiche Anbieter. Eine alternative Möglichkeit ist, ein Auto in Podgorica zu mieten, gleich hinter der Grenze in Montenegro. Dabei sollte allerdings darauf geachtet werden, dass der Mietvertrag eine Versicherung für Albanien enthält.
Albaniens Ruf für katastrophale Straßenverhältnisse ist leider keine Übertreibung. In den letzten Jahren wurden allerdings bereits erhebliche Verbesserungen vorgenommen, insbesondere auf den Autobahnen von Norden nach Süden. Die Beschilderung entlang der Straßen ist ausreichend. Es gibt außerdem genügend Tankstellen, in denen man nicht nur den Tank nachfüllen, sondern sich auch bei einem Kaffee aufwärmen kann. Einziges Schockerlebnis könnten die gelegentlich wild durch die Gegend rasende Kleinbusse, unvorsichtige Fußgänger oder bedächtig kauende Kühe oder Schafe sein, die plötzlich aus dem Nichts auftauchen.
Lonely Planets
Welche Länder muss man 2019 besuchen? Welche Region gilt es zu entdecken, bevor sie aus dem Dornröschenschlaf erwacht? In welcher Stadt finden die aufregendsten Veranstaltungen statt? Zum 14. Mal stellt Lonely Planet die angesagten Reiseziele des kommenden Jahres vor. Für jede Destination aus der TOP 10 gibt es einen Tourenvorschlag und praktische Reise-Tipps. Ergänzt durch eine Hitliste der aktuellsten Reisetrends und die besten Tipps für den ganz besonderen Trip.
Deutsche Fassung: Ines Wagner
Original-Artikel: Larissa Olenicoff/Lonely Planet international