Karg, rau und irgendwie wie Schottland? Stimmt! Aber Nova Scotia bietet noch so viel mehr. Denn es hat auch eine zarte, kaum bekannte Seite, die wir hier zeigen.
Es ist kein Zufall, dass Lunenburg an die Lüneburger Heide erinnert. Denn dieser Ort wurde ab 1753 maßgeblich von deutschen Auswanderern aufgebaut, was der damalige Gouverneur Nova Scotias gezielt förderte. Sie kamen nicht alle aus Lüneburg, wie der Name vermuten lässt. Doch der damalige englische König war auch der Herzog von Braunschweig und Lüneburg, und ihm zu Ehren wurde die Stadt also auf Lunenburg getauft. Heute zählt sie zum UNESCO Welterbe und verzaubert mit ihren bunten Häusern und der malerischen Hafenanlage ihre Besucher.
Obwohl Nova Scotia auf Deutsch Neuschottland bedeutet, leben hier nicht nur Nachfahren der Schotten. Neben den Deutschen in Lunenburg sind es vor allem Franzosen gewesen, die hier gesiedelt haben. Sie heißen heute Akadier. Vielleicht waren sie es, die als erste das Potential für den Anbau von Weinreben im Annapolistal im Südwesten Nova Scotias erkannten. Heute gibt es dort viele Weingüter, die dazu einladen zu probieren und zu kaufen. Es gibt sogar einen Hop-on-Hop-off-Bus, der zwischen fünf ausgesuchten Weingütern pendelt.
Nova Scotia ist mit dem restlichen Kanada nur durch eine schmale Landzunge verbunden. Unterhalb dieser Zunge hat sich die große Bay of Fundy gebildet. Und die ist erstaunlich. Zum einen, weil dort das Wasser zwischen Ebbe und Flut um bis zu 21 Meter in der Höhe differiert. Zum anderen, weil sich dort Gesteinsformationen gebildet haben, die erstaunlich sind. Allerdings liegen die schönsten davon schon außerhalb von Nova Scotia in New Brunswick ("Brunswick" steht übrigens für "Braunschweig" und war, wie auch der Name Lunenburg, King George gewidmet).
Der Bereich der Joggins Fossil Cliffs dagegen gehört schon wieder zu Nova Scotia. Sie gelten als eine der bedeutendsten Fundstellen für Fossilen weltweit und wurde daher in den Status eines UNESCO Welterbes erhoben. Besuchen kann man das Fossilkliff beim Joggins Fossil Centre.
Im Südwesten Nova Scotias, am Eingang der Bay of Fundy, zieht sich ein schmaler Landstreifen entlang, an dessen Ende die kleine Insel Brier Island sitzt. Sie ist das Eldorado der Wahlbeobachter in Nova Scotia. Denn hier tauchen nicht nur Delfine und Buckelwale auf, sondern auch der Atlantische Nordkaper, der als einer der seltensten Wale der Welt gilt. Ein Tour lohnt sich hier gerade im Sommer.
Alternativ gibt es auch im Norden in Cape Breton von der Gemeinde Chèticamp aus Walbeobachtungstouren.
Zwischen der Landbrücke zu Kanada und der nördlichen Prince Edward Insel zieht sich die Meerenge der Northumberlandstraße entlang. Und hier finden sich wie an einer Perlenkette aufgereiht einige der schönsten Strände von Nova Scotia. Im Sommer kann das Wasser sogar über 20 Grad erreichen, sodass sich ein Badeausflug hierher lohnt.
Am Westende der Northumberlandstraße, bereits in New Brunswick, führt übrigens eine erstaunliche Brücke zur Prince Edward Island. Die Confederation Bridge ist mit fast 13 Kilometern die längste Brücke Kanadas.
Natürlich muss sich irgendwo auch die schottische Kultur in Neuschottland finden lassen. Das ist gerade zu Beginn von Cape Breton sichtbar. Dort verläuft ein Rundweg namens Ceilidh Trail. Zu sehen gibt es eine echte Singlemalt Whisky-Brennerei, die Glenora Destillery, der berühmte Red Shoe Pub mit seiner Livemusik oder das Gälische College mit Vorführungen in Tanz, Sprache und sogar Kiltoutfit. Die Namen der Ortschaften klingen auch hier wie ein Spiegelbild Schottlands: Inverness, Skye, Dunvegan … es leben hier MacLeods, MacDonalds und andere Clans.
Ganz im Norden Nova Scotias führt ein zirka 300 Kilometer langer Küstenweg rund um die Halbinsel Cape Breton. Vor allem im Westen windet sich die Straße dabei an der Steilküste entlang. Wenn der Cabbot Trail dabei den Cape Breton National Park streift, führt er zwischen Wald, Klippe und Meer hindurch. Kommt dann schließlich noch die tiefrote Blätterverfärbung des Herbstes hinzu, befindet man sich in einer unvergleichlich beeindruckenden Landschaft.
Einen fantastischen Blick über die Landschaft und die Straße erhält man vom Aussichtspunkt des Skyline Trails, der hin und zurück sieben Kilometer lang ist.
Übrigens: Mehr zum Indian Summer, also der intensiven Verfärbung der Ahornbäume in Nordamerika, findet du hier.
Nova Scotia ist ein zwar wunderbarer, aber nur kleiner Teil des nordamerikanischen Landes. Mehr zu Kanada findest du in unserem Reiseführer. Du kannst hier einmal hineinschauen.
Text: Stephan Goldmann