Aufgewühltes Meer, großartige Landschaft und einen Hauch Einsamkeit - das versprechen Schottlands Inseln. Doch welche besuchen?
Insgesamt zählen zu Schottland 790 große und kleine Inseln, nur etwa 130 davon sind bewohnt. Einige von diesen Inseln sind weltberühmt. Die Isle of Skye etwa, die jährlich eine große Anzahl an Besuchern unterbringt. Oder die Insel Islay, eine Pilgerstätte für Whisky-Genießer aus der ganzen Welt.
Doch es gibt da noch viele kleine unbekannte Inseln. Im Zuge des Best in Travel 2019 von Lonelyplanet wollen wir sieben Inseln der Highlands & Islands vorstellen, die weniger bekannt sind und dennoch Ruhe oder Abenteuer versprechen. Und am Ende verraten wir noch, wo es eine echte schottische Wildnis gibt.
Ein Geheimtipp ist das Orkney-Archipel nicht mehr. Denn immerhin ist das "Heart of Neolithic Orkney" ein UNESCO Welterbe. Auf keiner anderen Inselgruppe finden sich derart viele Steinkreise, Tempel, Gräber und sogar ganze Städte aus der Jungsteinzeit wie auf den Inseln an Schottlands Nordspitze.
Allerdings: Orkney zerfällt in die Inseln, die ein Dammweg verbindet und diejenigen, die nur mit der Fähre oder dem Flugzeug erreichbar sind. Wer sich also vom sogenannten Mainland wegbewegt, wird schnell Einsamkeit finden.
Ganz oben im Norden etwa liegt North Ronaldsay, das für sein Vogelschutzgebiet und die am Meer grasenden Schafe bekannt ist. Den Rekord für den kürzesten Linienflug der Welt halten hingegen die beiden Inseln Westray und Papa Westray - zwischen 47 Sekunden und zwei Minuten dauert er, je nach Windbedingungen.
Und dann gibt es da noch Birsay, die kleine Insel, die bei Ebbe zu Fuß erreicht werden kann. Zu sehen gibt es einige Ruinen aus piktischer und nordischer Zeit. Und natürlich einen herrlichen Blick. Allerdings sollte man sich nicht zu lange ablenken lassen - steigt die Flut zu hoch, kann man nicht mehr zurück und muss auf der unbewohnten Insel ausharren.
Die Isle of Skye ist berühmt - und manche sagen, sie wäre überlaufen. Das mag an einigen Stellen sicher der Fall sein. Besonders dort, wo täglich die Bustouren entlang donnern. Doch es gibt auch noch viele Ecken auf Skye, die fast unberührt sind.
Komisch auch, dass sich auf die Nachbarinsel Raasay kaum ein Tourist verirrt. Die Fährfahrt von Skye dauert gerade mal zirka 20 Minuten. Und auf der anderen Seite erwartet einen eine fast unberührte Natur.
Auf Raasay wurde einige Zeit Eisenerz abgebaut, übrigens auch von deutschen Kriegsgefangenen im ersten Weltkrieg. Heute aber leben nur noch rund 140 Menschen auf Raasay. Sehenswürdigkeiten gibt es genug: eine Burgruine am Meer, eine kurvenreiche, enge Straße mit Ausblick auf die Isle of Skye, ein Herrensitz und ein Jahrhunderte alter, piktischer Stein.
Über die Geschichte der Insel wissen die Tourguides der Raasay Distillery zu berichten - eine junge aber sehr schön gebaute Brennerei, mit einer interessanten Führung. Übernachten lässt sich übrigens auch in der Destillerie.
Hier ist Tourismus noch ein Fremdwort - naja, fast. Denn auch auf den sogenannten Small Isles - Canna, Rùm, Eigg und Muck - gibt es Bed & Breakfast und andere Unterkünfte. Doch die Fähren zu den kleinen Inseln verkehren nicht täglich. Darum sind die kleinen Inseln tatsächlich noch ein Refugium, auf denen sich kaum andere Menschen finden. Canna, die grüne Insel, zählt zum Beispiel gerade mal um die 15 Einwohner.
Die größte der kleinen Inseln heißt Rùm, wobei das U lange gesprochen wird. Die Insel hat sogar ein eigenes Bergmassiv, das sich über 800 Meter hoch erhebt - immer daran denken: Es geht hier von Meereshöhe aus hinauf. Rotwild, Seeadler, Otter, Ziegen und Seehunde nennen die Insel ihr Zuhause.
Ein altes Herrenhaus und ein Mausoleum geben der Insel Sehenswürdigkeiten. Ansonsten lässt sich die Insel auch schon mit Mieträdern erkunden. Hinüber bringt einen der Bootsservice Arisaig Marine oder CalMac.
Das St Kilda-Archipel ist Schottlands Außenposten im Westen. Und was für einer! Gewaltige Klippen beherbergen zigtausende Seevögel. Basstölpel, Papageientaucher und Raubmöwen nehmen sich den Platz am Himmel und auf den Felsen gegenseitig weg. Hohe Felsnadeln ragen aus dem Wasser um die Inseln. Gigantisch, gespenstisch, gefährlich.
St Kildas Hauptinsel Hirta war noch bis vor knapp 80 Jahren bewohnt. Doch das Leben hier war so entbehrungsreich, dass sich die Insulaner schließlich evakuieren ließen. Noch heute sind deren Häuser und Geschichten präsent.
Die Fahrt über den Atlantik ist nichts für schwache Mägen. Der Fahrpreis und die Restriktionen seitens der Behörden erlauben pro Tag nur eine bestimmte Zahl an Menschen hier, die sich schnell auf der Hauptinsel verlaufen. Die Bootstouren umkreisen auch noch einmal die Insel mit den vielen Nistplätzen und die Felsnadeln, ehe sie nach Hause steuern.
Übernachten lässt sich nur auf der Hauptinsel und nur auf einem Campingplatz und auch nur dann, wenn weniger als sechs Personen dort sind. Sobald die Boote von Kilda Cruises und den anderen Anbietern wieder abgefahren sind, spürt der Übernachtende die geballte Einsamkeit draußen im Atlantik.
Barras Ringstraße ist ziemlich genau 21 Kilometer lang, was einmal im Jahr für den "Barrathon", einen Halbmarathon, genutzt wird. Vorbei führt sie an einigen wunderschönen Sandstränden.
Trotz dieser Schönheit verirren sich noch recht wenige Besucher hierher, gemessen an den Besuchern auf Lewis, Harris und den anderen Äußeren Hebriden. Dabei steht hier die einzige Burg der Inselkette. Mitten in der Bucht am Hauptort ragt Kisimul Castle aus dem Wasser, zu erreichen nur durch das kleine Fährboot. Und noch eine Besonderheit bietet Barra: Einen Flughafen auf einen Sandstrand.
Wem der Stress auf Barra doch zu groß wird, der weicht per Dammweg auf die Nachbarinsel Vatersay aus. Hier berühren sich sogar zwei Strände fast in der Mitte. Mehr Idylle ist fast nicht möglich.
Am Südwestzipfel der Isle of Mull hängt die kleine Insel Iona. Ein kurzer Hüpfer mit der Fähre bringt einen hinüber, das Auto darf nicht mit. Drüben beginnt eine gewisse Gemächlichkeit.
Iona ist eine bekannte Insel, denn von hier aus verbreitete sich einst das Christentum in ganz Schottland. Darum kommen hier durchaus einige Besucher her, um sich das Kloster und die wunderbaren Steinkreuze anzusehen.
Wer dann aber die Ruhe und Einsamkeit sucht, sollte sich gleich für länger einquartieren - bei einem Retreat in einer der Unterkünfte der Insel.
Hier ist es ähnlich wie mit Skye und Raasay. Denn Juras Nachbar heißt Islay und ist als DIE Whisky-Insel bekannt. Doch wieder reicht eine kleine Fährfahrt, um dem Strom der Touristen zu entgehen. Sie geht über den Caol Ìle (gesprochen in etwa "Köhl Ihle"), eine Meerenge, die für ihre Gezeitenströmungen berüchtigt ist.
Jura heißt grob übersetzt "Insel des Rotwilds". Tatsächlich gibt es dort bei einem Bewohner rund 30 Hirsche. Ein Schriftsteller nutzte die Einsamkeit im Norden der Insel übrigens für sein Meisterwerk: George Orwell vollendete hier seine Dystopie 1984.
Auffällig sind die Berge der Insel, die sich weit über die Nachbarinsel erheben - die Paps of Jura. Paps ist ein Wort für die weiblichen Brüste und wer die Berge sieht, versteht warum. Die Wanderung nach oben liefert einen großartigen Blick, sollte aber nicht unterschätzt werden.
Die Jura Distillery liefert den Stoff, mit dem sich Wanderer am Abend wieder aufwärmen können.
Moment mal: Eine halbe Insel? Genau, eine Halbinsel! Ardnamurchan im Westen der Highlands ist von drei Seiten vom Meer umgeben und nur über einen schmalen Hals mit dem Rest Schottlands verbunden. Ardnamurchan zeigt wirklich noch die einsamen Highlands, die Besucher oft suchen.
Vermutlich ist die Halbinsel noch nicht so bekannt, weil schlicht noch keine Filme oder Serien dort gedreht wurden. Dabei gibt es hier so viel zu sehen: großartige Sandstrände zum Beispiel, einen exotischen Leuchtturm, eine Whisky-Destillerie und nicht zuletzt einen riesigen Krater. Denn einst hat ein Vulkan hier eine Caldera geschaffen, die an den Seiten durch scharfe kleine Gebirgszüge abgegrenzt ist.
Weil hier so wenige Menschen leben, gibt es auch kaum Lichtverschmutzung. Und so lassen sich Sterne - oder im Winter - auch Nordlichter beobachten. Die deutsche Auswanderin Ellen führt die Gäste ihres Salen House Bed & Breakfast gerne zu passenden Fotospots. Und wer die Wildnis erkunden will, kann das auch per Schlittenhund tun.
Der Norden Großbritanniens bietet noch viele großartige Landschaften und einzigartige Bauwerke. Unser Reiseführer zeigt dir die Schönheit Schottlands.
Schau ihn dir doch hier einmal an.
Text & Fotos: Stephan Goldmann